Kapitel 10

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CARLA

Das konnte doch nicht wahr sein! Luca war mein Freund und wir waren auch verabredet, aber die Zwillinge beanspruchten ihn total für sich! Warum konnten sie nicht einfach alleine spielen? Mussten sie unbedingt meinen Freund beanspruchen?! Ich setzte mich unter einen Baum und verschränkte die Arme vor der Brust. Diese nervigen Kleinkinder! Ich wollte nicht mit ihnen mitspielen, für so einen Mist war ich zu alt, aber Luca schien das gar nicht zu stören. Er spielte einfach mit und lachte, obwohl die Zwillinge nur absoluten Mist im Kopf hatten! Glücklicherweise rief Abuela uns wenige Minuten später zum Frühstück rein, also schnappte ich mir Luca, bevor Estrella und Luna protestieren konnten. Wir gingen zusammen rein und setzten uns hin, worauf alle Luca anstarrten.
Wow, wer ist das denn?
Ich sah Isabela und Dolores an.
"Das ist Luca, ich hab ihn gestern auf dem Fest kennen gelernt, Cousinen", antwortete ich ihren Gedankenstimmen. "Mamá und Papá haben ihn zum Frühstück eingeladen."
"Hola, freut mich, Sie alle kennenzulernen", sagte Luca höflich und lächelte in die Runde.
"Freut uns ebenso", erwiderte tía Pepa, während wir uns setzten. Abuela warf mir einen kurzen Blick zu, also setzte ich mich gegenüber von Luca hin, während er zwischen Papá und tío Félix saß. Während dem Frühstück quetschten ihn alle nach allen möglichen Informationen aus, Luca antwortete jedes Mal höflich und ausschweifend. Er kam wirklich mit jedem sofort klar und beantwortete jede Frage geduldig, ganz egal, wie persönlich sie war. Ich versuchte meine Familie unauffällig zum Schweigen zu bringen, aber die schienen meine Blicke und Tritte unter dem Tisch nicht zu verstehen.
"Sag mal, Luca, hast du eine Freundin?", fragte Isabela da neugierig, worauf ich sie fassungslos ansah und ihr unauffällig gegen den Fuß trat. Sie machte eine kleine Handbewegung, sodass mir einige Blumen ins Gesicht klatschten und sah Luca verträumt an. Wollte sie mir jetzt auch noch meinen Freund wegnehmen? Ich wischte mir die Blumen ab, während Luca leise lachte.
"Nein, hab ich nicht, Isabela", antwortete er ihr.
"Wir haben auch keine Partner", fügte Dolores hinzu, ich verdrehte die Augen. Konnte man noch offensichtlicher flirten? Abuela warf den beiden einen vielsagenden Blick zu und auch der Rest der erwachsenen Familie zumindest wirkte auch recht überrascht von diesem harschen Angriff meiner Cousinen auf Luca.
"Und das interessiert absolut niemanden und hat beim Frühstück auch nichts verloren!", konterte ich gereizt.
"Streitet euch nicht schon am frühen Morgen!", ging Abuela dazwischen. "Das hat beim Frühstück nichts verloren! Erst recht nicht, wenn wir einen Gast haben!" Wir nickten nur und blieben still. Einen Streit wollte ich nicht anfangen, aber ich wollte Luca auch nicht einfach an meine Cousinen abtreten. Er war mein Freund! Ich hatte ihn zuerst gesehen und kennen gelernt und wehe Isabela oder Dolores, wenn sie ihn mir ausspannten!
Nach dem Frühstück stand ich auf und sah Luca an. Ich ging zu ihm und zog ihn hoch, bevor ich seine Hand nahm.
"Ich zeige Luca mal mein Zimmer und den Rest vom Haus", sagte ich, worauf mich alle geschockt ansahen. Was war denn? Was war das Problem? Abuela stand auf.
"Carla, man lädt keine Jungs auf sein Zimmer ein!", mahnte sie. "Und erst recht nicht alleine!" Ich verdrehte die Augen. Was war denn das Problem, wenn ich Luca mal mein Zimmer zeigte?
"Abuela, komm schon, das...", begann ich, aber sie unterbrach mich.
"Carla, das tut man einfach nicht!", wandte sie strikt ein und als ich meine Eltern ansah, nickten sie zustimmend. Na ganz toll!
"Ist schon gut, Carla, ich respektiere das. Wir können uns ja auch einfach draußen auf eine Bank setzen", beruhigte Luca mich, bevor ich etwas erwidern konnte.
"Nein, ich will, dass du mein Zimmer und meine Gabe besser kennen lernst! Und das geht oben eben am besten!", beschwerte ich mich genervt.
"Ich höre ja sowieso alles, also spiele ich einfach von hier aus einfach eure Anstandsdame", meinte Dolores und zuckte die Schultern.
"Ich kann ja eh nichts dagegen machen, dass du uns ausspionierst", willigte ich murmelnd ein.
"Sagt die, die unsere Gedanken liest", konterte Isabela und verdrehte die Augen.
"Wenn ich könnte, würde ich deine Gedanken auch nicht lesen, Señorita perfecta Isabela!", fuhr ich sie genervt an.
"Schluss jetzt!", rief Abuela gereizt. "Dolores, würdest du uns bitte Bescheid sagen, wenn es etwas gibt, das wir wissen sollten?"
"Toll, wenn ich unbeabsichtigt eure Gedanken lese, dann bin ich eine Schnüfflerin, aber Dolores darf ungehindert meine privaten Gespräche mithören!", knurrte ich gereizt und verdrehte die Augen, aber Luca legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.
"Ist schon gut, Carla, ich verstehe das. Lass ruhig, mich stört das nicht. Wenn es dann für deine Familie in Ordnung ist, würde ich mir gerne dein magisches Zimmer ansehen, von dem du erzählt hast", wandte er ein und sah meine Familie abwartend an. Camilo warf mir einen Kussmund zu, worauf ich ihn mahnend ansah.
"Ein Wort, Camilo, und jeder hier erfährt von deinen kleinen Geheimnissen!", fauchte ich ihm leise zu, worauf er schnell den Blick abwandte.
"Na gut, in Ordnung", willigte Abuela ein und sah Papá an. "Oder was meinst du, Bruno?"
"Ja, es ist in Ordnung. Wir vertrauen dir, Carla. Macht nur nicht zu lange, ja?", meinte er, ich nickte.
"Ist gut. Wenn ihr uns unsere Ruhe lasst und hier nicht alles ausgeplaudert wird", dabei sah ich Dolores an, "machen wir schon nicht zu lange."
"Dann bis später." Papá warf Luca noch einen strengen Blick zu, doch der nickte nur und sah mich an.
"Geh vor. Ich folge dir im respektvollen Abstand von eineinhalb Metern", sagte er und deutete eine einladende Handbewegung an, die mich ungewollt zum Lachen brachte. Ich ging voraus und zeigte ihm den Weg in mein Zimmer, dessen Tür ich öffnete. Staunend sah er sich um, als sich die verschiedenen Ebenen auf meinen Gedankenbefehl hin bewegten und die Ebene mit meinem Bett herab geschwebt kam.
"Komm, wir setzen uns", sagte ich und setzte mich auf mein Bett, er folgte mir staunend. Wir setzten uns hin und auf meinen Wunsch hin, schwebte die Plattform wieder nach oben.
"Das ist... wow. Einfach nur... magisch", brachte Luca schließlich hervor. "Wie kontrollierst du diese Ebenen?"
"Mit meinen Gedanken. Ich denke daran, was wohin soll und dann wird es erledigt", antwortete ich ihm. "Es ist schließlich meine Gabe, also wird sie auch in meinem Zimmer widergespiegelt und eingesetzt."
"Das ergibt natürlich Sinn", meinte er und nickte. "Deine Familie und du seid wirklich außergewöhnlich!"
"Danke, das hören wir öfter", erwiderte ich und lächelte ihn an. "Und entschuldige bitte meine Familie. Sie waren... sehr viel neugieriger als gewöhnlich. Und es tut mir besonders wegen Isabela leid."
"Ach, alles gut. Ich wäre auch neugierig, wenn meine Tochter einen neuen Freund mitbringen würde - also, wenn ich eine Tochter hätte zumindest", wehrte er ab. "Für dich nehme ich das gerne in Kauf. Und wenn wir dann auch etwas Zeit für uns haben und keinen dritten direkt neben uns sitzen haben müssen, ist es mir recht." Ich lächelte verlegen und strich mir eine Strähne zurück. Luca war wirklich süß. Wie hatte ich ihn nur verdient?

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt