Kapitel 27

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AMALIA

Es war mitten in der Nacht, als ich plötzlich ein ganz ruhiges Gefühl bekam. Meine Angst und Nervosität hatten sich auf einmal gelegt und ich hielt mein Pferd an, um Bruno anzusehen.
"Fühlst du das auch?", fragte ich nach, er zuckte die Schultern.
"Was denn?", fragte er verwirrt nach.
"Diese Nervosität ist weg. Ich hab das Gefühl, dass es den Zwillingen gutgeht", antwortete ich ihm.
"Ganz sicher?", fragte er nach, ich nickte.
"Ja, ganz sicher. Lass uns nach Hause reiten, vielleicht sind die beiden ja dort", erwiderte ich, er nickte, also ritten wir sofort los.

Es dauerte noch gute zwei Stunden, bis wir endlich zuhause ankamen, doch dort sprangen wir sofort ab und rannten ins Haus. Was wir dort sahen, erleichterte uns. Estrella und Luna schliefen in eine Decke gemummelt auf einer Bank, während Carla und Julieta bei Luca standen, der eine Wunde auf der Stirn hatte. Julieta gab ihm eine Arepa, in der hineinbiss und die Wunde verschwand sofort.
"Carla! Es geht euch allen gut!", rief ich erleichtert und rannte auf meine älteste Tochter zu, um sie zu umarmen. Sie nickte.
"Ja, es war zwar knapp, aber es geht uns allen gut", antwortete sie und ließ mich wieder los. "Die Zwillinge sind nur recht erschöpft, aber sie werden wieder. Abuela holt gerade Luisa, damit die sie ins Bett trägt." Ich sah zu meinen jüngsten Töchtern, zu denen Bruno sich gesetzt hatte. "Geh ruhig, mir geht es gut." Ich nickte und ging zu Bruno, der den beiden Mädchen über die Haare strich und ihnen jeweils einen Kuss auf die Stirn gab.
"Hat Carla dir erzählt, was passiert ist?", fragte er nach, ich schüttelte den Kopf.
"Nein, sie hat nur gesagt, dass es knapp war", antwortete ich und seufzte leise. "Ich bin nur froh, dass es ihnen gutgeht!" Er nickte.
"Ja, das stimmt", gab er mir recht, sah aber immer noch die Zwillinge an. "Sie werden wieder, da bin ich mir sicher. Meine Vision mit dem Verblassen hat sich dann wohl erledigt. Dank Carla und Luca."
"Ja, glücklicherweise", stimmte ich zu und nickte, während ich Luna eine verirrte Strähne aus den Augen strich. "Meine armen Babys. Begeben sich in Gefahr, um ihre Schwester zu holen!"
"Keine Sorge, morgen früh rede ich noch einmal mit ihnen", meinte er. "Und mit Carla auch!"
"Sei nicht zu streng mit den dreien, ja? Sie sind noch Kinder, sie haben es eben nicht ganz durchdacht und es ist ja noch mal gut ausgegangen", wandte ich ein, worauf er mich ernst ansah.
"Die Zwillinge sind Kinder, ja, aber sie müssen trotzdem wissen, dass sie nicht einfach davonlaufen können! Und Carla ist fast erwachsen, sie hätte die Konsequenzen bedenken müssen! Sie weiß doch genau, wie sehr ihre Schwestern an ihr hängen!", konterte er und schüttelte den Kopf. "Und dafür gibt es keine Entschuldigung. Rein aus Liebeskummer kann man nicht einfach in eine weit entfernte Stadt abhauen!" Ich nickte.
"Ich weiß, aber sei bitte trotzdem nicht zu streng mit ihnen", bat ich, er nickte.
"Ich kriege das hin, mi vida", erwiderte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Es wird alles gut, versprochen. Das Schlimmste ist überstanden." Da kamen Luisa und Abuela nach unten. Bruno und ich standen auf und umarmten Alma, die erleichtert aufatmete.
"Ich dachte schon, ich sehe euch alle nie wieder!", seufzte sie erleichtert und als sie uns losließ, standen ihr Tränen in den Augen. Sie nahm Brunos Gesicht in ihre Hände und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Brunito, es tut mir leid, dass ich dich wegen den Mädchen so angegangen bin!"
"Schon gut, Mamá", wehrte er ab und schob sie vorsichtig von sich weg. "Es geht uns ja allen gut, die Zwillinge sehen nur sehr erschöpft aus." Alma nickte.
"Ja, als sie mit Carla und Luca hier ankamen, sind sie beinahe aus dem Sattel gefallen und konnten sich kaum auf den Beinen halten! Ich weiß auch nicht, was den beiden passiert ist, bisher hat noch keiner etwas erzählt, aber am wichtigsten ist es wohl, dass es den Zwillingen nach etwas Schlaf wieder besser geht", erklärte sie und sah Luisa dabei zu, wie sie die beiden mühelos hochhob und in ihre Zimmer trug.
"Wird es, ganz sicher", meinte ich, als Carla und Luca zu uns kamen. Die Wunde auf seiner Stirn hatte sich geschlossen, aber er wirkte noch etwas wackelig auf den Beinen, sodass Carla ihn ein wenig stützte. "Wie geht es dir, Luca? Was ist passiert?"
"Alles in Ordnung", wehrte er gelassen ab. "Mir ist nur noch ein wenig schwindelig, aber das war's. Aber würde es euch etwas ausmachen, wenn ich noch die Nacht hier verbringe? Ich würde nur ungern jetzt nach Hause reiten", bat er, ich nickte sofort.
"Natürlich, bleib ruhig, bis es dir gut genug geht, um wieder loszureiten", stimmte ich schnell zu. "Aber jetzt erzählt doch endlich, was passiert ist!" Carla sah Luca an, der nickte, also seufzte sie.
"Die Zwillinge sind im Wald in ein Schlammloch gekommen und darin beinahe versunken. Ein Jaguar ist um sie herumgeschlichen und wollte sie angreifen, aber Luca hat ihn abgelenkt und ich habe die Zwillinge aus dem Schlamm gezogen. Die beiden müssen so gegen den Schlamm gekämpft haben, dass sie sehr erschöpft waren und Luca wurde von dem Jaguar an der Stirn gekratzt", erklärte Carla. Ich war geschockt von dieser Nachricht und wusste nicht so wirklich, was ich dazu sagen sollte. Die Zwillinge wären beinahe in einem Schlammloch versunken und von einem Jaguar gefressen worden! Dios mío, kein Wunder, dass sie so erschöpft waren! Sie hatten geradeso überlebt!
"Aber es geht ihnen gut, keine Sorge! Sie haben keine Verletzungen davongetragen!", wandte Luca schnell ein. "Wir waren rechtzeitig vor Ort."
"Danke euch. Legt euch jetzt hin, ihr braucht ein bisschen Ruhe. Und wir sprechen uns morgen noch einmal, Carla", meinte Bruno, Carla nickte.
"Ja, Papá", stimmte sie zu. "Gute Nacht."
"Gute Nacht, mi amor." Sie ging mit Luca nach oben und auch wir beschlossen, uns hinzulegen. Es war ein langer Tag gewesen, wir brauchten dringend etwas Ruhe!

Am nächsten Morgen kamen Estrella, Luna und Carla zu uns ins Zimmer. Die Zwillinge kuschelten sich an unsere Seite, also nahmen wir sie in den Arm und strichen ihnen beruhigend über den Rücken. Ich wollte die beiden nie wieder loslassen! Nicht, dass noch einmal so etwas passierte!
"Mis amores, geht es euch besser?", fragte ich besorgt nach, die beiden nickten.
"Ja, nur noch etwas müde", murmelte Luna an meine Brust.
"Ihr dürft so etwas nie wieder machen, habt ihr gehört? Ihr könnt nicht einfach weglaufen, ohne etwas zu sagen! Das alles hätte auch sehr viel schlimmer ausgehen können! Ihr macht das nie wieder, habt ihr gehört? Sonst können wir euch nie wieder aus dem Haus lassen!", mahnte Bruno, die beiden nickten.
"Ja, wir gehen nicht mehr weg, Papá. Versprochen", stimmte Estrella schnell zu. "Und ich wollte auch gar nicht gehen, das war Lunas Idee!"
"Es ist egal, wessen Idee das war! Ihr macht das nur nie wieder, habt ihr gehört?" Die beiden nickten. "Und Carla: Du hättest genauso wenig einfach weglaufen dürfen! Du bist fast erwachsen, du hättest die Konsequenzen bedenken müssen! Und Liebeskummer ist wirklich kein Grund für das, was du getan hast!" Carla nickte.
"Ich weiß und es tut mir auch wirklich leid, aber ich habe in dieser Situation keinen anderen Ausweg gesehen. Ich wollte das auch alles nicht, das müsst ihr mir glauben", erwiderte Carla und legte sich zu uns. "Und wenn ich könnte, würde ich es wieder rückgängig machen!"
"Schon gut, Carlita, du hast alles getan, was du konntest", beruhigte ich sie schnell.
"Einfach abhaken können wir das trotzdem nicht, Lia!", wandte Bruno streng ein. "Carla, du hilfst Luisa die nächsten Wochen bei ihren Pflichten im Dorf!" Sie nickte.
"Ja, das mache ich, Papá", stimmte Carla schnell zu.
"Und ihr zwei", meinte Bruno und sah die Zwillinge an. "Ihr helft tía Julieta, ja? Sie kann immer Hilfe in der Küche gebrauchen."
"Ja, machen wir", beeilte Luna sich zu sagen.
"Sehr gut. Ich habe euch lieb, mis amores."
"Wir dich auch!" Wir drückten unsere Kinder an uns und ich war einfach nur froh, meine Familie bei mir zu haben. Es gab nichts Schöneres auf dieser Welt!

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt