CARLA
Am nächsten Morgen machte Lucas Mutter uns Frühstück, bevor Luca beschloss, mir Medellín zu zeigen. Er musste erst nächste Woche anfangen zu arbeiten und hatte deshalb Zeit, um mir die Stadt zu zeigen. Obwohl mir mein Kopf aufgrund der vielen Gedanken und Stimmen um mich herum stark dröhnte, versuchte ich es zu ignorieren. Luca nahm meine Hand und sah mich besorgt an, als ich vor Schmerzen kurz die Augen schloss.
"Geht es dir gut, amor?", fragte er besorgt nach und blieb stehen, um mich zu mustern. Ich nickte.
"Ja, es geht schon. Ich habe bloß ein bisschen Kopfschmerzen wegen den ganzen Gedanken hier, aber ich wusste ja, dass es in einer Großstadt nicht gerade leise ist", antwortete ich ihm.
"Sollen wir lieber zurück nach Hause gehen und du legst dich hin? Ich will nicht, dass du Schmerzen hast", wandte er besorgt ein, aber ich schüttelte den Kopf.
"Nein, es ist schon in Ordnung, wirklich. Ich sage dir Bescheid, wenn ich nicht mehr kann, versprochen. Zeig mir doch mal die Tanzschule deiner Mutter oder dein Restaurant!", erwiderte ich und harkte mich bei ihm unter. "Das würde ich wirklich gerne mal sehen!" Er lächelte mich an und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Dann kann ich es dir ja wohl nicht vorenthalten, was? Ich kann dir ja schlecht einfach einen Wunsch ausschlagen", erwiderte er grinsend und zog mich dann durch eine weniger belebte Straße. "Hier ist es ruhiger und wir kommen sogar schneller zum Restaurant."
"Das ist doch ein guter Kompromiss!", meinte ich und lächelte. Wir liefen durch einige enge Gassen der Stadt, in denen Wäscheleinen an den Fenstern hingen und wir ab und an sogar mal etwas Wäsche ausweichen mussten. Ich musste lachen, als Luca aus irgendeinem Grund trotzdem gegen eine große Hose lief und sie dann zur Seite schob. Er sah mich an und rümpfte die Nase.
"Diese Hose wurde nie im Leben gewaschen! Die ist hier nur zur Show aufgehängt!", beschwerte er sich, worauf ich lachen musste.
"Was läufst du auch genau rein?", konterte ich grinsend.
"Versuch du doch mal, diesen ganzen Klamotten auszuweichen!", erwiderte er lachend, ich knuffte ihm liebevoll in die Seite.
"Das mache ich und ich bekomme es sehr gut hin!", neckte ich ihn, worauf er lachte.
"Das wollen wir doch mal sehen!" Bevor ich mich dagegen wehren konnte, drückte Luca mich gegen ein pinkes Kleid, das ich lachend zur Seite schob, um weiterzulaufen.
"Du gemeiner Kerl!", lachte ich und schlug ihm gegen die Schulter, er musste ebenfalls lachen und wehrte meinen Angriff ab. Er hielt mich fest und drückte mich gegen eine Hauswand, ich ließ ihn lachend gewähren. "Und jetzt? Jetzt hast du mich gefangen."
"Ja, das hab ich", erwiderte er, bevor er sich zu mir beugte, um mich zu küssen. Ich musste lächeln, als ich seine Lippen auf meinen spürte und erwiderte den Kuss sofort. Er ließ meine Hände langsam los und legte sie mir stattdessen auf die Taille, ich legte meine Arme um seine Schultern. Wie sehr ich ihn doch liebte! Wir waren so in unseren Kuss vertieft, dass wir gar nicht bemerkten, wie sich jemand zu uns gesellte. Erst, als derjenige sich räusperte, fuhren wir erschrocken auseinander. Luca ließ mich los und sofort hatte ich das Gefühl, etwas zu vermissen. Ein Mädchen in unserem Alter stand hinter uns. Sie hatte genauso wie ich schwarze Haare, trug sie aber zu einem Zopf geflochten und trug ein knöchellanges, rotes Kleid. Wer war das?
"Oh, hola, Melinda", sagte Luca. "Was machst du denn hier?"
"Ich wollte dich eigentlich besuchen gehen", antwortete sie und musterte mich kritisch. "Und mit wem knutscht du da rum?" Luca sah mich an.
"Melinda, das ist Carla, meine Freundin. Sie wohnt im selben Dorf wie mein Onkel. Und Carla, das ist Melinda, eine von Mamás Schülerinnen und langjährige Freundin unserer Familie", stellte er uns beide vor.
Mit so einer Schreckschraube geht er freiwillig aus? Er hätte doch auch mich haben können!
"Hätte er nicht, er findet mich nämlich sehr hübsch, du Schreckschraube!", fuhr ich sie an und harkte mich bei Luca unter, worauf Melinda mich verwirrt ansah.
"Wie bitte?", fragte sie halb wütend, halb verwirrt nach.
"Oh ja, das hatte ich vergessen zu erwähnen, Melinda. Carla hat eine magische Gabe, so wie der Rest ihrer Familie. Sie kann Gedanken lesen", erklärte Luca knapp und zuckte die Schultern. "Du kannst also nichts vor ihr verheimlichen. Versuch es also erst gar nicht."
"Oh bitte! Das ist doch verrückt!", schnappte sie zickig und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
"Mag sein, aber es ist wahr", erwiderte Luca entspannt und zuckte die Schultern.
"Ja, und wir müssen jetzt weiter, wenn uns entschuldigst!", wandte ich ein und bevor Melinda etwas sagen konnte, zog ich meinen Freund weiter. "Du weißt schon, dass sie auf dich steht, oder?"
"Ja, das weiß ich. Zu meinem Pech rennt sie mir schon seit der ersten Klasse hinterher und egal, was ich versuche, ich werde sie einfach nicht los!", antwortete er und stöhnte genervt. "Was geht sie mir doch auf die Nerven!"
"Keine Sorge, dafür hast du jetzt ja mich! Ich passe schon auf dich auf", beruhigte ich ihn grinsend und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er lachte und drückte mich an sich, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn gab.
"Da bin ich mir sicher, amor", stimmte er mir zu. "Aber jetzt zeige ich dir erstmal mein Restaurant." Wir liefen weiter durch die Gasse, bis wir wieder auf eine belebte Straßen kamen. Luca blieb vor einem großen Restaurant stehen, das recht edel aussah und einen Außen- sowie Innenbereich hatte. Wow, das sah wirklich toll aus! "So, das ist es. Das El Tigre! Der Name ist vielleicht nicht perfekt, aber ich konnte ihn mir nicht aussuchen."
"Ich finde ihn toll", widersprach ich ihm, worauf er seinen Schlüssel aus der Tasche holte.
"Willst du es dir mal von innen ansehen?", fragte er, ich nickte aufgeregt.
"Na klar, was denkst du denn?", erwiderte ich begeistert, worauf er die Tür aufschloss und wir reingingen. Das Restaurant war recht edel eingerichtet und auch sehr groß, ich konnte kaum glauben, dass Luca das alles alleine mit nur fünfzehn Jahren leiten durfte! "Wow, das ist wirklich beeindruckend!" Er lachte.
"Danke, das freut mich zu hören", meinte er. "Solltest du noch mal nach Medellín kommen - und dieses Mal mit Erlaubnis deiner Eltern - dann bereite ich dir gerne ein kleines Mahl hier zu." Ich lächelte ihn an.
"Das wäre sehr schön", erwiderte ich und gab ihm einen Kuss, den er erwiderte. "Und auch sehr romantisch."
"So bin ich eben", grinste er, als er wieder von mir abließ. "Soll ich dir noch die Tanzschule meiner Mutter zeigen? Wir können auch reingehen, wenn du möchtest."
"Ja, sehr gerne." Also verließen wir das Restaurant wieder und schlossen hinter uns ab, als plötzlich Mamá und Papá vor uns auftauchten. Oh nein, jetzt würde ich riesigen Ärger kriegen!
"Carlita, da bist du ja!", rief Mamá erleichtert und saß von ihrem Pferd ab, um mich stürmisch zu umarmen.
"Was hast du dir dabei gedacht, einfach wegzulaufen?!", fuhr Papá mich wütend an, als er ebenfalls absaß. "Du weißt, ich werde ungern laut, aber es kann nicht sein, dass du einfach wegläufst!"
"Ich weiß und es tut mir leid, aber ich konnte nicht länger ohne Luca bleiben!", entschuldigte ich mich. "Ich wollte euch keine Sorgen machen, wirklich nicht!"
"Schon gut, mi amor, wir sind nur froh, dass es dir gutgeht!", wandte Mamá ein, bevor Papá noch mal etwas sagen konnte. "Aber wo sind deine Schwestern?"
"Die? Zuhause, wo denn sonst?", antwortete ich verwirrt, worauf Mamá mich geschockt ansah.
"Sie sind nicht bei euch?", fragte sie panisch nach.
"Nein, wieso denn auch?", erwiderte ich.
"Weil sie heimlich losgelaufen sind, um dich zu holen!" Oh nein! Das hatte ich doch nicht gewollt! Wir mussten sie finden - sofort! Bevor ihnen noch etwas passierte!
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Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche
FanfictionEs sind einige Jahren vergangen und Carla hat gelernt, mit ihrer Gabe sehr gut umzugehen. Im Dorf ist sie mittlerweile zwar immer noch als seltsam und komisch verschrien, aber darum kümmert sie sich nicht mehr. Sie kümmert sich lieber um ihre Schwes...