Kapitel 14

26 3 0
                                    

LUCA

Ich saß gerade mit Carlos und tío Alvaro am Tisch, um zu frühstücken, als es an die Tür klopfte.
"Luca, du gehst", brummte tío Alvaro in meine Richtung, also stand ich auf und ging zur Tür. Ich öffnete sie und war überrascht, Carla zu sehen. Was machte sie denn hier?
"Carla? Was machst du hier?", fragte ich verwirrt nach.
"Ich hatte einen Streit mit meiner Familie und konnte nicht zuhause bleiben. Kann ich reinkommen?", erwiderte sie, ich nickte.
"Na klar, gar keine Frage! Wir sind gerade beim Frühstück, wenn du auch etwas willst", antwortete ich ihr schnell und ließ sie rein, worauf Carlos und tío Alvaro sich umdrehten.
"Ach nein, sieh an! Crazy Carla hat den Weg zu unserer bescheidenen Hütte gefunden", spottete Carlos.
"Sei nett, Carlos", knurrte tío Alvaro und lächelte Carla dann an. "Schön dich zu sehen, Carla. Wie geht es deinen Schwestern mit ihren Gaben?"
"Sehr gut, danke", antwortete Carla, während wir uns setzten. "Ich hoffe nur, ich störe nicht."
"Du störst immer", sagte Carlos, was ihm einen Schlag auf den Hinterkopf mit der Zeitung von tío Alvaro einbrachte.
"Wirst du dich wohl benehmen! Wenn deine Mutter dich jetzt hören würde, würde sie dir aber mal ordentlich den Marsch blasen!", fuhr er ihn an, Carlos verdrehte nur die Augen und nickte. Tía Sofía arbeitete den ganzen Tag in der Bäckerei des Dorfes und war jeden Tag vor dem Sonnenaufgang weg, also frühstückten wir immer alleine.
"Eigentlich wollte ich auch bloß zu Luca, nicht zu dir, Carlos", erwiderte Carla bissig. "Du brauchst dir also keine Hoffnungen zu machen."
"Stehst wohl auf den Großstadt-Bubi, was? Kann ich dir nicht verübeln, ich hätte auch gerne eine hübsche Freundin aus der großen Stadt. Nicht so einen Freak wie dich", konterte Carlos.
"Sie ist kein Freak! Und wenn du auch nur einmal normal mit ihr gesprochen hättest, dann wüsstest du das auch!", fuhr ich meinen Cousin an, weil mir seine blöden Kommentare langsam auf die Nerven gingen.
"Guck sie dir doch nur an! Hat 'ne Narbe im Gesicht und ihre Augen leuchten grün! Wenn das nicht die Definition von crazy und Freak ist, dann weiß ich auch nicht!", widersprach Carlos mir.
"Dann bin ich auch ein Freak! Wie du vielleicht weißt, habe ich eine Narbe auf der Brust und spüre dort gar nichts mehr! Und weißt du was? Ich bin stolz darauf! Carlas und meine Narben beweisen nämlich nur, dass wir mutig waren und jemanden gerettet haben, der uns wichtig ist! So etwas würdest du nicht mal in deinen wildesten Träumen hinbekommen!", erwiderte ich und nahm Carlas Hand, um sie bestärkend zu drücken. "Also entschuldigt uns bitte. Wir wollen in Ruhe miteinander reden."
"Geht nur, Carlos wird auch gleich gehen. Es wird ihm guttun, seiner Mutter in der Bäckerei zu helfen. Beim Putzen", erwiderte tío Alvaro und sah seinen Sohn mahnend an. Dieser verdrehte die Augen und stöhnte genervt.
"Ernsthaft, Papá? Ich war mit den Jungs verabredet!", beschwerte er sich.
"Sie können dich ja in deiner Mittagspause besuchen kommen", sagte tío Alvaro kühl und zuckte die Schultern. Carla grinste Carlos an.
"Viel Spaß beim Putzen, Carlos", meinte sie, bevor ich sie die Treppe hinauf zog, um mit ihr in mein Zimmer zu gehen. Wir setzten uns auf mein Bett, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.
"Also, erzähl mir von dem Streit. Worum ging es?", fragte ich besorgt nach und nahm Carlas Hand. Sie seufzte leise.
"Um dich", antwortete sie dann.
"Um mich?", fragte ich verwirrt nach.
"Ja, oder eher um das, was gestern Abend passiert ist. Dolores hat es natürlich gehört und konnte nicht dichthalten. Sie hat allen erzählt, dass wir zusammen sind und Abuela und Papá sind daraufhin ziemlich ausgerastet. Sie meinen, dass wir dich zu schlecht kennen, damit wir zwei zusammen sein können! Das ist doch bescheuert, oder? Besonders, nachdem sie dich beim Frühstück mit ihren Fragen gelöchert haben!", erklärte sie. "Mir war das zu viel, ich musste erstmal weg." Ich konnte Carla verstehen, allerdings auch ihre Familie. Klar, sie hatten mich ziemlich ausgefragt, aber trotzdem kannten wir uns definitiv nicht lange genug, als dass sie alle zu hundert Prozent von mir überzeugt sein konnten.
"Das verstehe ich, aber ich verstehe auch deine Familie. Ich meine, wir kennen uns wirklich noch nicht lange und wenn meine Tochter plötzlich einen Freund hat, den ich nicht gut kenne, würde ich auch erstmal vorsichtig sein", erwiderte ich, worauf Carla ihre Hand zurückzog und mich fassungslos ansah.
"Du meinst also auch, dass wir keine Beziehung haben sollten?!", fragte sie fassungslos nach, ich schüttelte schnell den Kopf.
"Nein, so habe ich das definitiv nicht gemeint! Was ich sagen wollte, war, dass ich die Bedenken deiner Familie nachvollziehen kann! Aber das heißt nicht, dass ich unsere Beziehung beenden möchte, ok? Vielleicht sollten wir ihnen einfach nachgeben und ich begleite dich nach Hause. Dann könnt ihr eure Differenzen klären und ich unterhalte mich noch mal mit ihnen. So kriegen wir wahrscheinlich einen Kompromiss hin. Einverstanden?", erklärte ich, sie seufzte und nickte.
"Na gut, fein, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob ich schon bereit dazu bin, ihnen zu verzeihen, dass sie uns unsere Beziehung nicht gönnen", willigte sie ein.
"Sie gönnen es uns bestimmt, Carla. Sie wollen eben nur sichergehen, dass dir nichts passiert, weil sie dich lieben. Und nach allem, was du bisher durchmachen musstest, wäre ich als Vater auch extrem besorgt! Natürlich würde ich alles über den neuen Freund meiner Tochter wissen wollen, bevor ich sie guten Gewissens gehen lassen kann! Das ist auf keinen Fall böse gemeint, das weiß ich", beruhigte ich sie und lächelte sie an. "Na komm, lass uns mal mit deiner Familie reden. Ich bin mir sicher, dass wir sie überzeugen können, sie sind ja keine unvernünftigen Menschen!" Sie seufzte und nickte, bevor sie sich von mir auf die Beine ziehen ließ.
"Ja, du hast recht, das sind sie eigentlich nicht", gab sie zu. "Dann lass uns gehen und es versuchen." Also verließen wir das Haus und liefen zu Casita. Carlas Schwestern spielten draußen an einer kleinen Burg aus Pappkartons, doch als sie uns sahen, hörten sie auf und kamen zu mir gerannt, um mich zu umarmen.
"Luca! Spielst du mit uns?", flehte Luna und setzte ihren süßesten Blick auf. Ich lachte.
"Ich freu mich auch, euch zwei zu sehen, aber ich muss erst etwas mit Carla und euren Eltern klären. Danach spiele ich aber gerne mit euch, ja? Ihr müsst euch bloß noch etwas gedulden", antwortete ich ihnen.
"Guck mal, was ich kann, Luca!", rief Estrella da aufgeregt und verwandelte sich prompt in ein weißes Einhorn mit einem goldenen Horn. Ich lachte.
"Das macht sie schon den ganzen Morgen lang", murmelte Carla.
"Das sieht wirklich toll aus, Estrella! Ihr zwei könnt schon richtig gut mit euren Gaben umgehen!", lobte ich Carlas jüngste Schwester, die sich wieder zurück verwandelte und breit grinste.
"So macht Prinzessin spielen noch mehr Spaß!", rief sie begeistert.
"Das glaube ich euch! Ich komme gleich wieder, ja? Ich gehe nur schnell mit eurer Schwester rein, kläre etwas und dann bin ich voll uns ganz für euch da. Und ihr bereitet euch besser vor, denn der böse Magier vom letzten Mal ist definitiv stärker geworden und wird das Königreich dieses Mal an sich reißen!", erwiderte ich, worauf die beiden lachten.
"Das glaubst auch nur du!", rief Luna, bevor Carla mich ins Haus zog. Ihre Schwestern waren wirklich goldig und lebten voll und ganz in ihrer Fantasiewelt! Das war wirklich süß.

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt