Kapitel 15

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AMALIA

Ich öffnete die Tür zu unserem Zimmer und sah Bruno auf dem Bett sitzen und trübselig an die Wand starren. Seitdem Carla abgehauen war, saß er hier und gab sich die Schuld dafür, dass sie weg war. Ich seufzte und setzte mich zu ihm, während ich ihn in den Arm nahm.
"Mi vida, mach dir nicht solche Gedanken! Es ist alles in Ordnung, Carla beruhigt sich auch wieder und dann können wir alles klären. So ein Streit kommt nun einmal vor", beruhigte ich ihn und strich ihm über den Arm, während ich ihm einen Kuss auf die Stirn gab. "Wir haben uns in dem Alter doch auch ständig mit unseren Eltern gestritten! Aber das wird wieder, da bin ich mir sicher. Carla ist ein vernünftiges Mädchen und sie wird sich beruhigen und mit uns reden." Er nickte und sah mich an.
"Ich weiß, aber ich fühle mich trotzdem schlecht, weil ich ihr ihre Beziehung so schlecht geredet habe. Ich liebe meine Kleine und ich gönne ihr die Beziehung auch von ganzem Herzen, aber ich will nur sichergehen, dass Luca wirklich nicht nur ausnahmsweise so nett war!", erwiderte er. "Du verstehst das doch, oder? Ich mache mir doch nur Sorgen um Carla, nach allem, was sie durchmachen musste!" Ich nickte und drückte ihn an mich.
"Ja, natürlich verstehe ich das, mi amor, aber vielleicht hat Carla das nicht so verstanden. Du hast dich vorhin schon etwas... radikal ausgedrückt und das hat sie wahrscheinlich einfach falsch verstanden. Mach dir aber keine Sorgen, ja? Wir können das klären und Carla wird es verstehen", antwortete ich ihm fürsorglich, als es an die Tür klopfte. Ich stand auf und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Carla und Luca standen davor. "Carlita, da bist du ja wieder! Danke fürs Heimbringen, Luca."
"Gerne. Können wir nur vielleicht reden? Carla hat mir erzählt, dass es einen kleinen Streit wegen mir gab und ich würde das gerne aus dem Weg räumen", erwiderte Luca, ich nickte und ließ die zwei ins Zimmer.
"Natürlich, kommt rein." Die beiden kamen in den Turm, worauf Bruno aufsah und aufstand. Er ging sofort zu Carla und umarmte sie, während ich die Tür hinter mir schloss.
"Carlita, mi amor! Es tut mir unglaublich leid wegen vorhin! Ich hab mich vielleicht blöd ausgedrückt, das mag sein, aber so habe ich das definitiv nicht gemeint, das musst du mir glauben!", rief er besorgt, Carla nickte und schob ihn leicht weg.
"Schon gut, Papá, deswegen sind wir ja hier. Wir wollten mit euch reden und sichergehen, dass ihr Luca richtig kennenlernt und ihm vertrauen könnt", beruhigte Carla ihn und sah Luca an. "Luca ist extra mitgekommen, um das zu klären."
"Dann setzt euch." Wir setzten uns an Brunos kleinen Schreibtisch, wo alle möglichen Papiere verstreut lagen. Bruno hatte vor, den Zwillingen auch eigene Kleider zu machen, die sie und ihre Gaben widerspiegelten. Das war mittlerweile zu einer Tradition geworden, denn er hatte so gut wie alle Klamotten für die Kinder nach ihren Zeremonien gemacht und natürlich musste er dann auch Kleider für Estrella und Luna machen. Die beiden würden im Laufe der nächsten Tage ihre Skizzen machen, damit Bruno genau wusste, was er zu tun hatte. Es sollten ja auch Kleider werden, die den Kleinen gefielen! Luca und Carla setzten sich uns gegenüber den kleinen Tisch.
"Papá, ich wollte mich noch mal entschuldigen, dass ich heute Morgen einfach weggelaufen bin und so launisch war", sagte Carla und sah Bruno an. "Ich hab das alles anscheinend einfach falsch verstanden und war sauer. Kannst du mir noch einmal verzeihen?" Bruno lächelte sie an und nahm ihre Hand.
"Natürlich, mi vida. Ich habe mich ja auch sehr radikal ausgedrückt und das wollte ich nicht. Ich wollte dir deine Beziehung weder schlecht reden noch verbieten, aber ich mache mir eben Sorgen um dich. Du hast bisher eine Menge durchmachen müssen und ich mache mir eben Sorgen um dich! Aber du wirst erwachsen und ich muss wohl einsehen, dass du auch eine Menge alleine machen kannst", erklärte er und drückte ihre Hand, bevor er sie losließ und Luca ansah. "Glaub mir bitte, Luca, ich will nur das Beste für meine Tochter. Das hat nichts mit dir persönlich zu tun."
"Das war mir klar, Señor Madrigal. Ich kann das gut verstehen, ich hätte es ja genauso getan", erwiderte Luca gelassen und winkte ab.
"Danke, das ist sehr nett von dir, Luca. Und bitte, duze uns ruhig. Du bist Carlas Freund und damit auch Teil der Familie", sagte ich, worauf er mich anlächelte.
"Danke, Amalia, das ist sehr freundlich", meinte er, worauf Carla erst ihn und dann mich anlächelte.
"Danke, Mamá! Du bist die Beste!", rief sie begeistert und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
"Gerne, mi vida."
"Ich stehe Ihnen... euch auch gerne Rede und Antwort, ehrlich. Ich will Carla nichts Böses und mag sie wirklich. Es ist mir ernst mit ihr und ich will für keinen Streit verantwortlich sein!", bot Luca an. "Ihr könnt mich wirklich alles fragen, das ist kein Problem."
"Schon gut, dich jetzt hier zu löchern, wäre auch nicht gerade sehr nett von uns. Erzähl uns einfach ein bisschen was über dich, ja? Der Rest klärt sich dann auch mit der Zeit", erwiderte ich. Ihn hier zu verhören, wäre schließlich auch nicht gerade nett oder fair von uns! Er war ein netter Junge und ich war mir sicher, dass wir ihm vertrauen konnten.
Eine halbe Stunde später war alles geklärt und auch Bruno war überzeugt, dass Luca ein netter Junge war und wir Carla und ihm vertrauen konnten. Also entließen wir die beiden nach draußen, weil Luca Estrella und Luna versprochen hatte, dass er mit den beiden spielen würde. Carla setzte sich in den Schatten, weil sie eher weniger Interesse an diesem Spiel hatte und wir verzogen uns in die Küche, um den Kindern einige Empanadas und Wasser zu machen. Bei dieser Hitze sollten sie ja nicht dehydrieren! Während wir in der Küche alles zubereiteten, sahen wir immer wieder aus dem Fenster. Luca hatte sich die Kapuze seines Ponchos übergezogen und spielte wohl einen bösen Magier oder ähnliches, denn er schien die kleine Pappburg der Zwillinge angreifen zu wollen, die sie allerdings erbittert verteidigten. Luna sprang auf seinen Rücken und versuchte ihn zu Fall zu bringen, während Estrella sich in ein Einhorn verwandelte und mit dem Horn auf Luca zeigte. Dieser ließ sich von Luna auf den Boden drücken, lachte und hob abwehrend die Hände.
"Oh nein, die Prinzessin und ihr magisches Einhorn haben mich besiegt! Ich bin wohl noch nicht stark genug, um das Königreich an mich reißen zu können!", rief er lachend, worauf die Mädchen lachten und Estrella sich zurück verwandelte.
"Ja, du böser Magier hast keine Chance! Bis du stark genug bist, haben wir auch stärkere Kräfte! Wir werden dich jedes Mal besiegen!", rief Luna aufgeregt, Estrella nickte zustimmend.
"Genau! Du hast keine Chance gegen uns!", stimmte sie ihrer Schwester zu, ich lachte und sah Bruno an.
"Luca fügt sich wohl gut in die Familie ein. Die Zwillinge mögen ihn zumindest und er kommt auch gut mit ihnen aus", meinte ich, Bruno nickte.
"Ja, du hattest recht, mi vida", gab er zu und gab mir einen Kuss. "Luca ist ein anständiger Junge und ich hoffe wirklich, dass Carla und er glücklich werden. Trotz der weiten Entfernung. Ewig wird er schließlich nicht hierbleiben können." Ich nickte. Da hatte er leider recht, aber Carla und Luca würden das bestimmt hinbekommen. Sie schienen wirklich sehr verliebt zu sein und würden sich bestimmt nicht einfach aufgeben! Da war ich mir sehr sicher.

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt