Kapitel 21

32 4 2
                                    

LUNA

Nach dem Abendessen zog ich meine Schwester aufgeregt auf die Seite, weil ich eine tolle Idee hatte.
"Hast du gehört, Estrella? Carla ist in Medellín!", fragte ich, meine kleine Schwester nickte.
"Ja, ich weiß, Papá war ziemlich sauer deswegen", antwortete sie.
"Dann lass sie uns suchen gehen! Wir bringen sie zurück, dann hat Papá keine schlechte Laune mehr und wir sind die großen Helden! Komm schon, Lita, das wird toll! Wir gehen auch mal auf ein Abenteuer!", rief ich aufgeregt.
"Aber wird Papá dann nicht auch sauer auf uns sein? Und wie sollen wir nach Medellín kommen? Uns leiht bestimmt keiner einfach so ein Pferd!", wandte Estrella skeptisch ein.
"Wir brauchen doch auch keins, du kannst dich ja in eins verwandeln! Und Papá wird stolz auf uns sein, wenn wir Carla zurückholen!", erwiderte ich aufgeregt. "Komm schon, Lita!" Sie biss sich unsicher auf die Lippe.
"Ich weiß nicht, Lu. Wie willst du überhaupt nach Medellín kommen? Weißt du, wo das ist? Kennst du den Weg?", meinte sie.
"Abuela hat oben in ihrem Zimmer eine riesige Karte, da können wir nachsehen! Das können wir uns merken!", antwortete ich, sie seufzte.
"Na gut, ok. Und wann gehen wir los?", willigte sie ein.
"Jetzt gleich!", antwortete ich, worauf sie mich erschrocken ansah.
"Aber es ist dunkel draußen und die Jaguare haben Jagdzeit! Wenn es für Papá zu gefährlich war, dann für uns doch erst recht, oder?", wandte sie besorgt ein.
"Nein, du kannst dich ja einfach in einen Jaguar verwandeln und den anderen einfach vertreiben! Und ich fliege hoch und bringe mich in Sicherheit!", wehrte ich ab. "Ich gehe Abuelas Karte holen, pack du schon mal ein paar Sachen zusammen!"
"Und was?", fragte sie, während ich begeistert die Treppe hinaufsprang.
"Alles für einen Tag oder so. Länger als zwei Stunden können wir unmöglich unterwegs sein!", antwortete ich ihr und öffnete die Tür zu Abuelas Zimmer. Es war dunkel, aber ich wusste genau, wo die Karte war. Sie hatte sie mir schon einige Male gezeigt und daher wusste ich, dass sie in ihrer obersten Schublade lag. Ich nahm sie heraus und faltete sie auseinander. Da war es ja! Medellín. Das war nicht weit. Aus dem Wald raus, dann einen Fingerbreit später rechts abbiegen und der gelben Linie folgen. Die würden wir ja wohl noch finden! So schwer würde das schon nicht sein! Ich faltete die Karte wieder zusammen, bevor ich sie einsteckte und dann in mein Zimmer ging, um Estrella zu helfen, einige Sachen einzupacken. Papá würde stolz auf uns sein, wenn wir Carla zurückholen würden!
Eine halbe Stunde später schlichen Estrella und ich uns aus dem Haus. Wir winkten Casita zum Abschied, die zurückwinkte, bevor Estrella sich in ein Pferd verwandelte und ich mich auf ihren Rücken zog. Ihre Gabe war wirklich toll!
"Ok, wir müssen erstmal zum Fluss", sagte ich, also lief Estrella los, während ich mich auf ihrem Rücken abstützte, weil es doch mehr wackelte als gedacht. Ich war noch nie geritten und fand es selbst auf meiner Schwester recht schwierig. Wie machte Carla das nur so spielend leicht? Bei ihr sah es immer so einfach aus! Na ja, sie war ja auch älter, wahrscheinlich hatte sie einfach schon mehr Übung. Estrella lief über den Waldboden, während ich mich in den Büschen nach Jaguaren oder anderen Raubtieren umsah, konnte aber nichts sehen. Sehr gut. Wir kamen an den Fluss, den Estrella überquerte und liefen dann weiter über den lichten Weg. Ich konnte im Dunkeln nicht viel erkennen, aber bestimmt waren wir noch richtig. Wir mussten schließlich auf die gelbe Linie warten, die bald kommen würde! Wir mussten bloß noch aus dem Wald rauskommen. Doch nach einer halben Stunde blieb Estrella plötzlich stehen und verwandelte sich zurück, worauf ich auf den Boden fiel.
"Hey! Was soll das, Lita?", beschwerte ich mich beleidigt.
"Ich bin müde und mir ist schwindelig! Ich kann nicht ewig ein Pferd bleiben, außerdem bist du viel zu schwer! Ich kann dich nicht ewig tragen! Das tut mir im Rücken weh!", rief sie beleidigt und blieb auf dem Boden liegen. "Du könntest ja auch mich mal tragen!"
"Ich hab nicht die Kraft, um dich zu tragen! Du bist die, die sich in Tiere verwandeln kann!", widersprach ich ihr. "Und so schwer bin ich doch gar nicht!"
"Doch, das bist du! Ich will eine kurze Pause haben!", erwiderte sie beleidigt und drehte den Kopf weg. Ich verdrehte die Augen.
"Na gut, dann machen wir eben kurz Pause!", willigte ich unzufrieden ein.
"Wir hätten Luisa mitnehmen sollen, damit sie uns tragen kann!", meinte sie brummend.
"Dann hätte sie Papá bloß erzählt, was wir vorhaben! Wir schaffen das auch alleine!", widersprach ich ihr.
"Schaffen wir nicht! Das ist viel zu weit! Ich kann dich nicht ewig tragen!", widersprach sie mir gereizt.
"Dann laufen wir eben weiter! Du musst mich ja nicht die ganze Zeit tragen! Ich dachte nur, dass es dann etwas schneller geht!", erwiderte ich.
"Geht es aber nicht! Das ist total anstrengend, Lu! Du hast nicht gerade gut über das alles nachgedacht!", fuhr sie mich an.
"Du hättest ja auch etwas vorschlagen können!", erwiderte ich genervt.
"Hab ich doch! Ich hab vorgeschlagen zuhause zu bleiben!", schrie sie mich an.
"Das wäre aber langweilig! Und jetzt komm, lass uns weitergehen! Wir sind sowieso bald aus dem Wald raus", erwiderte ich und stand wieder auf. Estrella verdrehte die Augen und stand ebenfalls auf, bevor wir unsere Taschen nahmen und weitergingen. Wir liefen bestimmt eine Stunde durch den Wald und hinaus auf eine flache Ebene, bis Estrella genervt stöhnend stehen blieb.
"Wie lange müssen wir denn noch laufen?! Ich hab keine Lust mehr!", beschwerte sie sich.
"Wir kommen bald an die Kreuzung! Die war nur einen Fingerbreit weg vom Ausgang des Waldes!", sagte ich. "Und da müsste auch eine gelbe Linie sein, der wir dann nur noch folgen müssen! Dann kommen wir direkt nach Medellín!"
"Was?", fragte sie verwirrt nach und riss mir die Karte aus der Hand. "Du dumme Nuss! Es gibt keine gelben Linien hier draußen! Das wäre ein Trampelpfad gewesen, den wir hätten nehmen müssen! Wie doof bist du eigentlich? Kannst du nicht mal eine einfache Karte lesen?!" Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
"Wenn du alles besser weißt, dann mach du das doch!", fuhr ich sie wütend an.
"Mach ich auch, wir gehen jetzt nämlich wieder nach Hause! Du bist so doof, du findest nicht mal den Weg zurück!", schrie sie mich gereizt an.
"Gar nicht wahr! Ich kann das, ich hab mich eben bloß verguckt!", widersprach ich ihr wütend.
"Hast du nicht! Und jetzt haben wir uns wahrscheinlich verlaufen!", schrie sie mich an, bevor sie sich umdrehte. "Und den Wald kann ich auch nicht mehr sehen! Wo zum Teufel sind wir?!"
"Draußen auf der Ebene! Und wenn wir jetzt einfach rechts abbiegen, kommen wir auch nach Medellín!", antwortete ich ihr, sie stöhnte genervt.
"Na gut, ein letzter Versuch! Aber wenn wir in fünfzehn Minuten immer noch keine Stadt sehen, dann laufen wir zurück!", willigte sie ein, ich nickte.
"Das machen wir so, versprochen!"

_______________________________

Wie findet ihr Lunas Idee? Sollten die beiden umkehren oder doch lieber weiter nach Carla suchen? Was meint ihr, was passiert?
Und danke noch mal an alle, die diese Geschichte lesen, voten und Kommentare schreiben🥰!

Cassy

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt