Kapitel 11

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BRUNO

Einige Tage später war es soweit. Die Gabenzeremonie von Estrella und Luna stand an. Wir waren schon seit dem Sonnenaufgang wach und bereiteten alles für das Fest vor, während Luna und Estrella aufgeregt herumsprangen. Sie wollten helfen, waren allerdings so aufgeregt, dass sie keine große Hilfe waren. Zumindest Luna war den ganzen Tag lang so aufgedreht, dass wir sie einfach nicht beruhigt bekamen, aber Estrella wurde immer unsicherer und nervöser, je später es wurde. Luca kam gegen Mittag auch vorbei, um uns zu helfen, während Luna ihm aufgeregt alles erzählte, was passieren könnte. Estrella saß währenddessen traurig auf einer Bank im Hof und als ich zu ihr gehen wollte, kam Luca mir zuvor. Er setzte sich neben Estrella, während Carla zu mir kam und mich zur Seite zog, um mir mit einigen Bannern zu helfen.
"Keine Sorge, Papá, Luca redet mit Estrella", sagte sie leise. "Er kann sie super beruhigen, er hat einen richtig guten Draht zu den Zwillingen."
"Na gut, aber ich würde ihr lieber selbst beistehen", willigte ich ein und half Carla, während ich dem Gespräch von Luca und Estrella lauschte.
"Was ist los, Estrella? Wieso ziehst du so ein Gesicht? Solltest du nicht total aufgeregt und glücklich sein, dass ihr heute Abend eure Gaben bekommt?", fragte er vorsichtig nach, sie zuckte unsicher die Schultern.
"Ich weiß nicht, ob ich das will", gab sie zu.
"Wieso nicht? Das wird toll!", wandte er ein und nahm sie in den Arm.
"Aber was ist, wenn wir keine Gaben bekommen? Die letzte Zeremonie von Mirabel hat nicht geklappt! Was ist, wenn das Wunder aufgebraucht ist und wir auch keine Gaben bekommen? Dann ist Abuela enttäuscht von uns!", widersprach sie ihm nervös. Sie hatte genau die gleichen Sorgen wie Carla damals, aber dieses Mal konnte ich sie zumindest nachvollziehen. Trotzdem hatte ich es im Gefühl, dass diese Zeremonie klappen würde.
"Hey, dass etwas mal nicht klappt, passiert! Klar, bei deiner Cousine war das besonders blöd, aber das wird euch bestimmt nicht passieren. Wenn ihr keine Gaben bekommt, wer dann? Ihr seid die coolsten Zwillinge der Welt, da wird euch euer Wunder doch keine Gabe ausschlagen!", beruhigte er sie und ich musste zugeben, dass er das wirklich gut machte.
"Aber was ist, wenn nicht? Wenn wir uns total blamieren?", hakte Estrella weiter ängstlich nach, während sie zu den leuchtenden Türen hinaufsah, die seit heute Morgen leuchteten.
"Blamieren? Wie kommst du denn darauf? Ihr zwei könnt euch gar nicht blamieren! Und wenn ihr auch nur halbwegs so mutig wie eure Prinzessinnen seid, wenn sie ihre magische Burg verteidigen, dann schafft ihr das auch auf jeden Fall!", konterte Luca ihr und stand auf, um Estrella hochzuheben und herumzuwirbeln. Estrella lachte. "Ihr zwei schafft das! Da gibt es gar keinen Zweifel!" Er ließ sie wieder runter, worauf sie lachte und ihn umarmte.
"Danke, Luca! Jetzt fühle ich mich schon viel besser!", rief sie begeistert, bevor sie ihn losließ und dann nach oben rannte, um nach Luna zu suchen. Da kam Lia rein und sah Carla und mir dabei zu, wie wir ein Banner aufhängten, während Luca und Isabela sich um einige Blumen kümmerten.
"Sind die Zwillinge oben? Sie müssen sich so langsam umziehen", fragte Lia, Carla nickte.
"Ja, sie sind gerade nach oben gegangen", antwortete sie und warf dann einen eifersüchtigen Blick zu Luca und Isabela, die miteinander lachten. "Aber vielleicht kann Isabela ja mal nach den beiden sehen." Ich sah meine älteste Tochter an und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Geh ruhig zu Luca. Vielleicht könnt ihr ja draußen noch einige Bänke aufstellen", meinte ich, bevor sie noch eifersüchtiger werden konnte. Sie lächelte mich an.
"Danke, Papá", erwiderte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Du bist der Beste! Ruf aber, wenn du hier noch Hilfe brauchst!" Damit ging sie zu Luca und Isabela, während Lia leise lachte.
"Sie scheint wirklich verliebt zu sein", sagte sie, ich nickte.
"Ja, das sieht ganz so aus. Und so gut wie alle Mädchen streiten sich um diesen Jungen", gab ich ihr recht und schüttelte den Kopf. "Das kann ja wohl nicht wahr sein!" Sie lachte und gab mir einen Kuss auf die Wange.
"Ist es aber, mi vida", meinte sie. "Wenn du das wärst, würde ich mich auch um dich streiten." Sie klopfte mir auf die Schulter und ging nach oben, während ich rot anlief und mir verlegen durch die Haare fuhr. Sie war wirklich süß, auch heute noch. Dass sie das am Anfang unserer Beziehung gemacht hatte, hatte ich nicht verwunderlich gefunden, aber dass sie so etwas auch heute noch sagte, machte mich ungewollt etwas verlegen. Es freute mich aber auch, um ehrlich zu sein. Denn das zeigte nur, dass sie mich immer noch liebte. Und ich liebte sie auch noch unermesslich und ich war mir zu tausend Prozent sicher, dass sich das auch niemals ändern würde. Carla zog Luca nach draußen, während Isabela die Augen verdrehte und dann einige Blumenranken mit einigen Dornen erschuf. Ich musste grinsen. Sie war wohl auch schrecklich eifersüchtig!
"Isa, die Dornen! Die Kinder sollen sich daran nicht verletzen!", wandte ich ein, worauf sie seufzte und die Dornen zurückzog.
"Tut mir leid, tío! Das war keine Absicht!", rief sie mir zu, ich nickte.
"Das weiß ich doch, Isa! Ich wollte dich nur darauf hinweisen!", beruhigte ich sie. "Aber vielleicht willst du mir noch mit dem Banner hier helfen? Vielleicht beruhigst du dich dann auch ein wenig." Sie seufzte und nickte, bevor sie zu mir kam, um mir mit dem Banner zu helfen. "Hör mal, Isa, ich will dir nicht zu nahe treten, aber gibt es da vielleicht ein Problem mit Luca? Ich habe das Gefühl, dass Dolores, Carla und du euch irgendwie ein bisschen um ihn streitet." Sie verdrehte die Augen.
"Ja, mag sein, tío. Aber das kriegen wir schon hin, du musst dich nicht einmischen", wehrte sie schnell ab.
"Ist gut, ich wollte nur fragen", beeilte ich mich zu sagen, um sie nicht weiter aufzuregen und zu verhindern, dass weitere Dornenranken erschienen. Die konnten wir heute Abend wirklich nicht gebrauchen! Es reichte, wenn die Zwillinge aufgedreht waren! Das würde genug Durcheinander verursachen! Da brauchten wir nicht noch Dornen, an denen sich die Leute verletzen konnten! Und Mamá würde es auch nicht gerade gutheißen, wenn das Haus gefährlich für Kinder war! Das ganze Dorf würde immerhin herkommen! Ich freute mich schon auf den heutigen Abend, er würde bestimmt toll werden. Ich war wirklich gespannt auf die neuen Gaben meiner Töchter. Wie die wohl aussehen würden?

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt