Teil 1: Abnehmende 3

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Shinobu POV.

«Wow! Das ist ja richtig gemütlich.»
Staunend blickte ich mich um. Es gab ein Sofa, zwei Sessel, einen Teppich, mehrere verschnörkelte Schränke und zwei Schlafmatten unter einem großen Fenster, durch das warmes Licht drang.
«Wie schade, dass wir nicht allzu lange bleiben werden, nicht wahr Tomioka-san?»

Ich drehte mich zu ihm um, aber er hatte sich in der Zwischenzeit wohl schon komplett eingelebt. Seine Schuhe standen ordentlich neben der Schlafmatte und seinen Überwurf hatte er über einen der Sessel geschwungen.
Er selbst lag auf der rechten Schlafmatte und atmete ruhig und regelmäßig.
Sollte ich es tun...?
Was wenn er noch wach ist?
Egal!

Meine Neugier überwog und ich schlich näher, kroch langsam auf die rechte Matte und streckte meine Hand aus.
Ah! Wie weich!
Ich ließ eine schwarze Haarsträhne durch meine Finger gleiten.
Sie sehen doch immer so struppelig aus...
Ich legte meine Hand auf seinen Kopf und strich über eine besonders stachelige Strähne. Sie sprang sofort in ihre Ursprungsform zurück.
Wie er wohl aussehen würde, wenn seine Haare plötzlich glatt wären?
Bei dem Gedanken musste ich kichern und ich überlegte schon, wie mir das gelingen könnte, da riss mich seine Stimme aus den Gedanken.

«Was machst du da, Kocho?»
Wie vom Blitz getroffen zog ich meine Hand zurück während er sich zu mir umdrehte und sich aufsetzte.
«Ich äh... Ich habe deinen Kopf gestreichelt. Das macht man, wenn man der Person eine ruhige Nacht wünscht.»
Ich lächelte.
Er schwieg und sah mich an. Das wird langsam unangenehm...
«Naja wie auch immer...» begann ich, aber zeitgleich hob er seine Hand und streichelte mir über den Kopf.

Natürlich war das mit der ruhigen Nacht nur eine Notlüge gewesen, aber anscheinend er hatte sie mir abgenommen. Ich brauchte allerdings doch etwas länger, um wieder zu reagieren.
Wollte ich auch reagieren?
«Oh, ich danke dir Tomioka-san.»
Wieder lächelte ich. Er wand sich wieder ab und legte sich hin. Kaum einen Augenblick später atmete er wieder ruhig und ich beschloss, dass ich auch müde war.
Wie er stellte ich meine Schuhe ab und legte meinen Haori über den anderen Sessel.
Oder sollte ich vielleicht doch auf dem Sofa schlafen?

Es war eher unüblich - wenn nicht sogar schamlos - dass sich ein Mann und eine Frau das Zimmer teilten. Es sei denn sie wären verheiratet oder Geschwister.
Wir waren nichts von beidem.
Aber nur weil er sich als erster auf die Schlafmatten gestürzt hat, heißt das nicht, dass ich nicht auch auf einer schlafen darf!
Mit neuem Elan stampfte ich zurück, legte mich mit dem Rücken zu ihm und zog mir die Decke über den Körper.
Neben mir hörte ich Giyus rhythmisches Atmen.
Ich schloss die Augen und tat es ihm gleich.
Es dauerte nicht lange, da schief ich ebenfalls.

———————-

Warm...
Sonne?

Blinzelnd schlug ich die Augen auf und wäre fast zurück gezuckt. Stattdessen quiekte ich erschrocken auf, blieb aber so wie ich war. Zwischen Giyus und meinem Kopf waren kaum wenige Zentimeter Abstand. Anscheinend hatten wir uns beide in der Nacht gedreht.
Er sah so friedlich aus, wenn er schief.
Und seine Wimpern sind so lang!
Genau in dem Moment öffnete er ebenfalls seine Augen und starrte mich an.
Ich starrte zurück, weil mir wohl kaum was anderes übrig blieb.
Dann endlich schien meinem Körper ein Energiekick zu durchlaufen und ich sprang auf.
«Guten Morgen, Tomioka-san! Ich hoffe du hast gut geschlafen?»
«Warum hast du mich gerade eben so angestarrt?» fragte er und richtete sich ebenfalls auf.

«Ach Tomioka-san! Ich bin nur wenige Sekunden vor dir aufgewacht. Im Übrigen sollte man immer noch auf die Fragen antworten, die einem gestellt werden.»
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich von ausdruckslos zu genervt und ich dachte an den Tag zurück, wo wir gemeinsam im Restaurant gesessen hatten.
Wo er einen Bissen von seinem Daikon nahm und lächelte.
Es war so ein schönes Lächeln!
Wenn er das nur öfters täte würde vielleicht sogar Shinazugawa, die stets missgelaunte Säule des Windes, mit ihm befreundet sein wollen.
Oder er würde es sich zumindest überlegen...
«Oh, sieh nur Tomioka-san, die Sonne geht unter. Wir sollten aufbrechen!»
Töten wir den Teufel, der die Kinder entführt!

Das Haus war in völlige Dunkelheit gehüllt und eine Welle von Teufelsgestank flutete um es herum. Giyu öffnete die Tür und betrat das Haus. Lange würden wir wohl nicht blieben. Ich folgte ihm und blieb an seiner Seite stehen.
«Teilen wir uns auf, Tomioka-san?»
Er nickte und ging nach links zur Treppe. Ich drehte mich ebenfalls um und hob meine Hand, um die nächste Tür zu öffnen, da spürte ich ein schnelles Zischen von über mir.
Da bist du also!
Meine Hand fand den Weg zu meinem Katana.

Wasseratmung,
11 Form
Totenstille

Giyu war schneller. Er griff nach meinem Arm und zog mich mit einem Ruck zu sich ran.
Totenstille... das passt.
Um uns herum wurde alles still, wie als wären wir in einer großen Blase. Über unseren Köpfen hörte ich gedämpft wie Peitschen auf die Blase einschlugen. Eine nützliche Atemtechnik...
Giyu ließ mich wieder los und nickte mir zu.
«Ich wusste gar nicht das so ein großer Beschützer in dir steckt, aber sei dir versichert ich wäre auch von alleine ausgewichen.» bemerkte ich spitz.
Deine Technik war zwar nützlich, aber ich bin nicht hilflos!
Er schaute etwas irritiert, fing sich aber wieder, als der Teufel mit seiner Peitsche neben ihm einschlug.

Insektenatmung,
3 Form
Balzverhalten

Ich sprang in die Luft und blickte dem Teufel direkt ins Gesicht. Zwei Augen, wovon das Rechte das Zeichen der 12 Dämonenmonde enthielt.
Die Abnehmende 3.
In seinen Händen trug er jeweils eine Peitsche.
Oder waren das seine Hände?
Auf seiner Stirn befand sich ein geschwungenes Horn, dessen Spitze leicht anfing zu glühen.
Mit einem schnellen Ruck zog ich mein Schwert aus der Scheide und schoss auf ihn zu.
«Da bist du ja! Mir scheint du bist ein wenig schüchtern.»
Zur Antwort intensivierte sich das Leuchten an seiner Hornspitze und ehe ich mich fragen konnte, ob mir das Sorgen machen sollte oder nicht, begann sich der Raum zum Licht hin aufzulösen.
Seine Dämonenkunst!

Ich änderte die Richtung meines Sprungs, stieß mich an einer der oberen Wände ab und landete elegant auf dem Boden.
Giyu sah mich fragend an.
«Seine Dämonenkunst scheint die Sehkraft durch Licht zu beeinträchtigen.» erklärte ich und hob schützend einen Ärmel meines Haoris vor mein Gesicht.

«Wer sssseid ihr?»
Wir blickten auf an die Decke. Der Teufel hatte sich auf dem Treppengeländer niedergelassen und drehte seinen Kopf wie einen Schraubstock.
Wir werden dich töten, egal wie schwer du es uns machst!
«Ich bin Shinobu Kocho und das ist Giyu Tomioka. Wir sind hier, um den Dämon zu finden, der die vielen kleinen Kinder auf dem Gewissen haben soll. Bist du zufälligerweise dieser Dämon?» fragte ich und lächelte finster.
Allein durch die Aura, die das ganze Haus umgab bestand kein Zweifel, dass er es gewesen sein musste! Meine Wut war stärker, als beim letzten Dämon und diese Wut gab mir Kraft.

«Eure Energie und Stärke ssssind weit grösssser, als die der letzten, die hier waren. Sssäulen! Ihr müsst Sssäulen sein.»
Sein Lachen war kehlig und zischend.
«Wasss für eine Ehre!» spottete er, «Der Meisssster wird höchssssst erfreut sssssein, wenn ich euch den Gar ausssmache. Vielleicht wird er mir so noch mehr von ssseinem kosssstbaren Blut geben!»
Er leckte sich freudig die Lippen und sah gierig auf und herab während sein Kopf wieder die richtige Position annahm.
«Und wie ist dein Name?»
«Fukahime der 3. der 12 Dämonenmonde! Und jetssszt hab ich Hunger!»
Damit stürzte er sich vom Geländer.

Mondnacht - Giyu x ShinobuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt