Familie - OS zu Folge 284

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Die Folge gestern war eine so emotionale, sodass ich den ganzen Abend damit gehadert habe, ob dies aufgreifend ein OS wohlmöglich den Bogen zu sehr spannen würde und man vielmehr die Episode einfach so wie sie wundervoll inszeniert worden ist, einfach stehen lassen sollte. Lange Rede kurzer Sinn, am Ende habe ich mich dafür entschieden, dass vielleicht ein kleines heilendes Element in keiner Weise verkehrt sein kann, daher mein OS zur Folge 284...

Bens Sicht:

„Ich weiß, dass du gerne noch hier bei deiner Mutter bleiben möchtest, aber die Besucherzeit ist um. Wenn wir nicht von allein gehen, dann werden uns die Schwestern in geraumer Zeit sowieso raus befördern. Es wird Zeit, dass wir nach Hause fahren! Ich glaube Zeit mit unserem kleinen Sonnenschein ist genau das, was wir nunmehr benötigen!", merkte Leyla an, ihrem Blick nach zu urteilen, hoffend, dass ich nicht allzu sehr dagegen argumentieren würde, „Wir verabschieden uns von deiner Mutter. Versichern ihr, dass wir nur einen Anruf entfernt sind, wenn etwas sein sollte und sonstig morgen früh vor dem Dienst wieder bei ihr vorbei schauen. Aber ich sehe die Erschöpfung in deinen Augen. Es waren sehr aufregende und emotional belastende Stunden, du solltest erst einmal zur Ruhe kommen. Ihr beiden solltet die Zeit bekommen eure Gedanken zu ordnen." 

Sicherlich merkte ich selbst, wie mit jeder verstreichenden Minute meine letzten emotionalen Barrieren zerfielen, doch irgendetwas hielt mich noch immer hier in der Klinik. War es vielleicht die Hoffnung, dass wenn ich bei Mutter blieb, die Realität wohlmöglich nicht ganz so verheerend sein würde oder war es der Umstand das ich betete, dass mein Vater hier in Kürze eintreffen würde, der daraufhin auf magische Weise alles ins rechte Licht rücken würde. Es erschloss sich mir nicht, was mich hier halten wollte. Doch schlussendlich musste auch ich einsehen, dass Leyla und ich tatsächlich langsam nach Hause sollten, den trotz allem Umgebenden, war dort noch immer meine kleine Bohne, die ebenso die Aufmerksamkeit von ihrer Familie benötigte. „Ok, wir verabschieden uns in aller Ruhe von Mutter und dann fahren wir Raya bei Elias abholen.", räumte ich ein. Die folgende Zeit, nachdem wir eine weitere Stunde später aus der Klinik kamen, verbrachten Leyla und ich in Stille. 

Es war kein unangenehmes Schweigen, welches sich über uns gelegt hatte, aber jeder von uns gab dem anderen den Raum, den er benötigte. Nachdem wir unsere Tochter bei Elias abgeholt hatten und ich noch einen Augenblick mit Elias über all das Geschehene erzählte, fuhren wir auf dem direkten Weg nach Hause. Den Ort, an dem man die Welt und die Realität einfach ausschließen konnte und einfach nur die Zeit zu dritt genießen konnte. Leyla machte sich direktiv daran mein Chaos zu beseitigen, welches ich am Vormittag bei der Suche nach weiteren Schnapsflaschen hervorgerufen hatte. Auch wenn ich in meinem Unterbewusstsein wusste, dass es meiner Frau gegenüber unfair war, dass sie meiner Unordnung hinterherräumen musste, so konnte ich mich momentan einfach nicht aufraffen. Es würde bedeuten, dass ich mich aktiv mit dem Alkoholabusus meiner Mutter beschäftigen musste und momentan konnte ich dies einfach nicht. Stattdessen wollte ich zumindest für den verbleibenden Tag, die Realität hinter mir lassen und die Zeit mit meiner Tochter verbringen. Mein kleiner Sonnenschein. Es galt jeden Moment aufzusaugen. Egal wie häufig der gebaute Turm wieder eingerissen oder das Spielzeug gewechselt wurde, weil am vorherigen das Interesse verloren wurde, es war einfach die perfekte Ablenkung, die sich mich hier ergab. Hier in diesem Moment hatte ich das Gefühl sicher zu sein. In einer heilen Welt, wo ebendem alles ganz weit weg war. 

Der restliche Tag zog im Folgenden vollständig an mir vorbei. Während ich vertieft mit meiner Rayamaus spielte, kochte Leyla das Abendessen und ging den anderen alltäglichen Dingen nach. Sie gab mir den Raum, den ich Momentan benötigte ohne affektiv danach zu fragen und dafür war ich meiner Frau einfach unfassbar dankbar. Momentan saßen wir drei zusammengekuschelt auf dem Sofa. Leyla hatte Raya bettfertig gemacht und beschlossen, dass die Gute-Nacht Geschichte heute mal im Wohnzimmer gelesen werden sollte, sodass wir nunmehr eng beieinander saßen, während Raya auf meinem Schoß bereits in das Land der Träume entschwunden war. 

„Ich werde sie mal ins Bett bringen, sodass sie ganz entspannt schlafen kann.", erklärte ich meiner Frau, bevor ich mich in eine stehende Position brachte und unsere kleine Maus hoch in meine Arme zog. Während Raya sich der veränderten Schlafposition anpasste, genoss ich einfach das so bekannte Gefühl meiner kleinen Maus auf dem Arm und inhalierte noch einmal mehr von dem Duft von Rayas Erdbeershampoo. Ein Duft, den ich in meinem Kopf ultimativ mit meiner Tochter verband. Etwas was mir gleichwohl im Alltag zeigte, wenn ich ihn vernahm, dass dort zu Hause mein kleiner Wirbelwind auf mich wartete. Mein sicherer Hafen. Nachdem ich die kleine Motte behutsam unter ihre Bettdecke geschoben hatte, war ich gewillt wieder zu Leyla in das Wohnzimmer zurückzugehen. Aber ich konnte nicht. Im ersten Moment war es nur ein Impuls, der mich noch einige Sekunden bei meiner Tochter verharren ließ, doch im nächsten Moment war es die kleine Hand meiner Maus, die sich unwillkürlich um meine schmiegte, sodass ich nunmehr wirklich nicht so schnell zurück konnte. Als würde sie spüren, wie sehr ich in diesem Augenblick ihre Liebe und Nähe benötigte. Dieses wohlige beruhigende Gefühl, welches in mir aufstieg, genießend, bemerkte ich gar nicht, wie viel Zeit bereits verstrichen war. 

Erst als sich eine Hand behutsam auf meiner Schulter legte, wusste ich, dass ich mich im Moment vergessen hatte. „Ist alles ok bei dir?", kam es sorgenvoll von Leyla, die sich im Folgenden an meine Seite auf Rayas Bett hockte. Wie sehr ich doch beteuern wollte, dass alles bei bester Ordnung sei, so wusste ich, dass ich meiner Frau nichts vormachen musste, da sie sowieso in meine Seele gucken konnte, wie kein anderer. „Irgendwann wird es sicherlich besser werden. Aber Momentan habe ich das Gefühl, das mir alles entgleitet. Ich dachte bis gestern noch, dass mein Leben endgültig auf der hellen Seite angekommen ist und schon wurde ich innerhalb kürzester Zeit von der Realität wieder zurück geholt.", erklärte ich, während sich eine vereinzelte Träne den Weg meine Wangen hinunter bahnte. Leyla gab mir einen Kuss auf die Wange, während sie sich näher zu mir setzte: „Auch wenn es grade etwas sehr nach einer Plattitüde klingen mag, aber: ‚Irgendwann wird es wieder besser! Du musst nur daran glauben.' Und derweil denkst du einfach daran, dass du nicht allein bist. Du hast mich, du hast Raya, Elias steht dir auch zu jeder Zeit mit einem offenen Ohr zur Verfügung und ich glaube selbst dein Vater wird bei diesem Kampf an deiner Seite stehen. Also ich glaube fest daran, dass wir in gewisser Zeit wieder auf der hellen Seite des Lebens sind." 

Wie dankbar ich doch war, dass Leyla an meiner Seite war: „Ich hoffe, so sehr, dass deine Worte stimmen. Aber vor allem ... Danke, dass du an meiner Seite bist, dass du mir gezeigt hast, was es heißt eine Familie zu sein. Damit meine ich nicht deine Ansprache heute Vormittag, sondern vielmehr sie Gesamtheit der letzten Jahre. Bis vor sieben Jahren war ich davon ausgegangen, dass es nicht gut sein würde, sein Herz fest an eine andere Person zu binden. Meine Erfahrungen mit meinen Eltern, die Beziehung zu Kiki, sie haben mich sicherlich wachsen lassen, doch die emotionale Komponenten meines Seins, habe ich bis ich dich kennenlernen durfte, immer hinten angestellt. ‚Gefühle machen einen schwach'. So hatte mein Vater mir diesen Umstand immer wieder erklärt. Bei dir muss ich jedoch nicht die gesamte Zeit über stark sein. Ich kann auch mal die Barrieren fallen lassen und mich meinen Sorgen und Bedenken hingeben. Danke, dafür." „Dafür brauchst du mir gewiss nicht danken. Das ist der tieferen Sinn einer Familie. Alle stehen füreinander ein, wenn ein andere grade strauchelt oder es ihm nicht gut geht, dann wird es von den anderen aufgefangen. So auch dieses Mal und auch jedes weitere Mal, wenn das Leben erneut ins Wanken geraten sollte. Vergiss das niemals Ben!" 

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