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"Take my love. I'll never ask for too much. Just all that you are. And everything that you do."

- Whitney Houston

Auch, wenn ich gar keine Motivation und Lust auf das heutige Training hatte, raffte ich mich zusammen und parkte vor dem Platz. Normalerweise steht hier immer das Auto von Jule, aber heute konnte ich es nicht erkennen. Mein Blick fiel auf die Uhr, die mir sagte, dass ich wieder spät war.
Jule ist immer pünktlich...ist er etwa nicht da? Vielleicht ist er auch einfach nur gelaufen, oder jemand anderes hat ihn mitgenommen. Das kann alles sein.
Warum mache ich mir eigentlich so viele Gedanken und gehe nicht einfach selbst schauen, ob er da ist?
Schnell zog ich mich um und joggte auf den Platz. Meine Augen suchten die meines besten Freundes, aber fanden sie nicht. Scheisse, er ist wirklich nicht da.
Was ist wohl passiert? Geht es ihm noch schlechter als gestern?
„Wo ist Jule?" fragte ich möglichst unbekümmert meinen Trainer.
„Ach, der ist zuhause. Er meinte, ihm geht es nicht so gut. Morgen sollte er wieder da sein, er braucht nur etwas Zeit zum Ausruhen hat er gesagt." bestätigte er mir.
Wow. Wenn selbst ein Julian Brandt, der sonst nie mit anderen über seine Gefühle redet, einem Marco Rose sagt, dass er sich ausruhen muss, ist wohl alles im Arsch. Ich würde ihm so gerne helfen.
Mich selbst lässt das ganze ja auch nicht kalt. Es beunruhigt mich zu wissen, dass die Person die ich liebe nicht glücklich ist. Ich weiß, dass er seine Zeit braucht aber so kann es nicht weitergehen.
Er kann sich sonst was zuhause alleine antuen..fuck..ich muss zu ihm.
„eh- ich schau mal nach ihm, ja?" teilte ich Rose mit, und wollte schon weg laufen. Plötzlich umfasste eine Hand mein Handgelenk, welche mich zurückzog.
„Du bleibst hier, Kai. Er braucht seine Ruhe, gib ihm die auch. Nach dem Training könnt ihr meinetwegen machen was ihr wollt, aber jetzt brauchen wir dich hier. Genau du brauchst dieses Training momentan, um nicht deine gute Form zu verlieren" hielt er mich auf.
„Aber-.."
„Nichts aber! Zieh das jetzt durch. Danach kannst du ja zu ihm, aber erst die Arbeit dann das Vergnügen." mahnte er mich. Genervt rollte ich meine Augen, bevor ich mich tatsächlich ans Training machte. Eins ist aber sicher, wenn ich hier fertig bin werde ich so schnell es geht zu ihm kommen. Hört sich vielleicht komisch an, aber ich spüre einfach, dass er grade jemanden braucht.

„Jetzt ab zu Jule. Gutes Training, Kai!" lobte mich mein Trainer grinsend. In letzter Zeit bin ich in einer echt guten Form, sodass ich nur noch Lob bekomme. Es ist ein schönes Gefühl, so viel Anerkennung zu bekommen. Ich lebe praktisch meinen Traum und werde dafür bezahlt. Klar, Fußball ist nicht einfach, aber mir macht es unheimlich viel Spaß.
„Danke, tschüss!" winkte ich noch Rose, als ich schon auf den Weg in die Kabine war. Zügig packte ich alles zusammen.
„Warum hast du's so hastig?" schaute mich Marius fragend an.. „ab zu Jule, stimmt's?"
Ja, da hat er einmal recht.
Trotzdem winkte ich vom Thema ab, und verabschiedete mich nur kurz mit einem Handschlag.
„sag doch!" hielt er mich auf, so wie Rose vorhin.
Schon zweimal ist das heute passiert.
„Mein Gott. Ja. Ich gehe zu ihm." lies ich ihn kurz wissen.
„Kannst du mir Bescheid sagen, wie es ihm geht?" bat er mich.
Auch, wenn es unpassend ist, kam die Eifersucht in mir hoch. Klar, Marius ist ein guter Freund und das von uns beiden. Trotzdem bin ich extrem eifersüchtig. Es reicht schon, wenn man Jule etwas zu lange anstarrt. Das war bei mir aber schon immer so, auch bei soph. Wenn ich eine Person liebe, dann möchte ich sie auch nur für mich haben. Das einzige Problem ist: Jule ist noch nicht ‚meins', weil er nicht weiß, dass ich auf ihn stehe.
„Mach ich, ciao!" verabschiedete ich mich jetzt wirklich.
Er winkte mir noch.

Ich klingelte schon das dritte mal, bis Jule langsam kam. Er machte müde die Tür auf. Wahrscheinlich hat er geschlafen, und ich habe ihn aufgeweckt.
Scheisse, jetzt fühle ich mich schlecht.
„Du..hast gepennt?" fragte ich zögernd.
„Ja" gähnte er.
„Oh fuck, sorry..ich wollte dich nicht wecken."
„Alles okay, aber was machst du hier?"
Stimmt. Was mache ich überhaupt hier? In dem Moment wo er mich anschaut, und seine Augen mich wieder in diesen bestimmten Bann reißen, vergesse ich tatsächlich alles.
Ich wollte nach ihm schauen. Schauen ob alles okay ist. Und ja, anscheinend ist es das. Trotzdem versuche ich nochmal mit ihm zu reden. Schließlich ist es ungewöhnlich für ihn, mal nicht zum Training zu kommen. Sonst ist er immer so pflichtbewusst.
„Du warst nicht beim Training und ich habe mir Sorgen gemacht. Tut mir leid. Ich hätte nicht einfach so vorbeikommen sollen. Jetzt habe ich dich nämlich geweckt.." erklärte ich ihm entschuldigend. Sanft schüttelte er den Kopf, und zog mich zu sich ins Haus.
„Dann komm halt wenigstens rein." schlug er vor. Lächelnd nickte ich, bevor ich eintrat und mich direkt auf seinem Sofa nieder lies.
Er setzte sich neben mich, als er begann nervös mit seinen Fingern zu spielen.
Ich legte meine Hand auf seine, um ihn zu beruhigen. Es scheint so, als würde er etwas sagen wollen, aber nichts kommt raus. Ich lies ihm seine Zeit, und betrachtete den Sonnenuntergang. Eigentlich betrachten wir ihn zusammen. Er schaute nämlich auch raus.
Unsicher legte ich einen Arm um ihn.
Ja, vor ein paar Tagen war das noch selbstverständlich, aber in den letzten zwei Tagen hat sich viel verändert.
Mir ist selbst neu, wie das so schnell gehen kann, aber ich muss mich nun mal damit abfinden.
Einige Zeit bewegte er sich nicht, sondern starrte nur nach draußen in den Himmel. Plötzlich aber schmiegte er sich sanft an mich. Seinen Kopf legte er in Richtung meines Brustkorbs ab. Allgemein rückte er etwas näher an mich.
Zufrieden seufzte er auf.
Wenn er bloß wüsste, wie viel mir diese Nähe bedeutet. Es ist für mich nicht nur ein Kuscheln unter bros, sondern so viel mehr. Bei mir ist da Liebe im Spiel. Und zwar gewaltig viel Liebe.
Ich meine, die bei ihm auch zu spüren, aber ich kann auch so falsch liegen. Auf gar keinen Fall möchte ich unsere viel zu innige Freundschaft zerstören.
Trotzdem gab es schon Momente, wo wir uns wahrscheinlich näher waren, als es normale beste Freunde sollten. In den meisten Fällen kamen diese Versuche allerdings auch von den blondhaarigem, der grad auf meiner Brust liegt.
Manchmal bin ich so widersprüchlich...
Die ganze Situation ist verdammt kompliziert. Ich möchte einen Einblick in seine Gefühlswelt bekommen, aber kann nicht. Niemals könnte ich ihn zwingen mir irgendwas zu sagen, wofür er nicht bereit ist. Es soll von ihm kommen. Langsam kann er sich doch sicher sein, dass ich mehr als nur Freundschaft für ihn empfinde. Ist es nicht offensichtlich?
„gehts dir besser? Also vielleicht so ein bisschen wenigstens?" kam ich endlich zu Wort und brach somit die stille.
„Ich weiß nicht.." zuckte er mit den Schultern. „Ich kann das selbst nicht so einordnen. Eigentlich war nie irgendwas. Ich habe mir nur alles so unnötig schwer gemacht, denke ich." murmelte er.
„Wie meinst du das?" fragte ich nach.
Er besuchte seine Zeit, bis er antwortete:
„Bitte lass uns nicht über meine Probleme reden, Kai. Nicht jetzt."
Seine Stimme klang schon leicht brüchig, weswegen ich ihn noch etwas fester an mich heran zog. Am liebsten würde ich ihn nie wieder los lassen. Schon so oft habe ich daran gedacht, als wir uns nah waren. Einfach in den Moment stehen bleiben...das wäre mal was.
„Jule..ich versuche dir nur zu helfen. Glaub mir, wenn du mit jemanden darüber redest wird es dir besser gehen. Versuch es wenigstens. Du kannst es nicht ewig mit dir rum schleppen, was auch immer es ist." versicherte ich ihm.
„Das ist nicht so einfach." nuschelte er.
„Ich weiß, Jule. Probier es einfach."
Beruhigend kraulte ich leicht durch seine Haare. Ich weiß genau, dass er das liebt.
Trotzdem war ich heute so sanft, dass es kaum spürbar war.
„Ich vertrau dir, harvy." flüsterte er, bevor er sich auf meinen Schoß setzte und mir somit gegenüber war.
Sofort fielen mir seine glasigen Augen auf.  Ihm scheint das alles echt schwer zu fallen..
„Also..es geht um..also- ehm" murmelte er vor sich hin. Nervös wich er meinen Augen aus.
„Es ist so kompliziert. Ja, ich bin schwul und das habe ich in letzter Zeit vor allem gemerkt. Marius oder so machen ja immer Witze, dass wir was zusammen haben oder so und da liegen sie ja auch nicht komplett falsch." erklärte er mir zögernd. Ich weiß zwar nicht worauf er hinaus will, aber anscheinend geht es wirklich um uns.
„..oder..?" fragte er verunsichert nach.
„doch. Du hast recht. Erzähl weiter, ich höre dir zu." lies ich ihn wissen.
Dankend nickte er, bevor die erste Träne über seine Wange lief. Schnell wischte ich sie mit meinem Daumen weg.
„Ich glaube, dass sie meine Sexualität nicht akzeptieren werden. Ich habe Angst, nicht dazu zu gehören." stotterte er, während ich ihn in meine Arme zog.
Fest umklammerte er mich.
Jetzt weinte er komplett, und das an meiner Schulter. Beruhigend strich ich ihm immer wieder über den Rücken.
Ich reflektierte seine Worte.
Das ist das, wovor er so große Angst hat? Fuck. Das muss definitiv kein schönes Gefühl sein...
„pshhh, ist doch alles gut." küsste sanft ich seine Stirn. Er versuchte mit aller Kraft, noch irgendetwas zu sagen, aber scheiterte. Ich kann ihn so nicht sehen.
„hey..ganz ruhig. Ich bin mir sicher, dass die anderen das akzeptieren. Wenn die uns schon so shippen, dann meinen sie's auch so, und sie haben nix dagegen. Ich bin sowieso immer bei dir, aber das weißt du ja." erklärte ich ihm.
„Ich weiß, das ist ja das Problem." schaute er mich zögernd an. „Ich distanziere mich von bestimmten Personen, die ich liebe" sagte er immer noch weinend. Er sieht komplett fertig aus, aber das ignoriere ich. Hat er grade indirekt gesagt, dass er mich liebt?
Oh Gott.
„Du..liebst mich?" fragte ich unsicher nach, während ich ihn an den Hüften packte.
Er zuckte mit den Schultern.
„Anscheinend" schluchzte er. „Es tut mir so leid, harvy."
Er wischte seine Tränen möglichst schnell weg, und schaute mir dann in die Augen.
Wie von selbst kamen unsere Gesichter immer näher. Seine Stirn an meiner.
Ganz ganz nah. Sogar so nah, dass ich den warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Abgesehen davon, dass er noch weint, und seine Lippe auch zittert, schlägt mein Bauch tausende Saltos.
Ist das grade die Realität, oder Träume ich?
Innerlich hoffte ich, er würde meinen Herzschlag nicht durchhören.
Ich sah, wie eine weitere Träne von seinem Auge zur Wange rollte. So weich und sanft es geht, vereinte ich endlich unsere Lippen. Sie passten perfekt aufeinander. Noch nie hatte ich einen Kuss mit so vielen Gefühlen. Es war tatsächlich einer der schönsten Momente, die ich jemals erleben durfte.
Langsam lösten wir uns, und schauten uns still an. Sofort zog ich ihn in eine geborgene Umarmung.

Seeeehr doofer Cut, ich weiß. Ich hoffe ihr verzeiht mir☹️💪🏼

Lasst gerne votes/feedback da<3

you were good to me || bravertz ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt