Mitten in der Nacht schrecke ich mit klopfendem Herzen hoch. Dieser Traum, es war so real. So als hätte ich es wirklich erlebt. Aber es war so unscharf, ich habe beinahe nichts erkannt. Schwer atmend sitze ich in dem Gästebett von Leon, versuche meine Gedanken zu ordnen und eventuell doch noch ein klares Bild zu erlangen. Ein leises Klopfen an der Tür lenkt mich jedoch ab.
"Alles gut bei dir?", fragt Leon zaghaft, nachdem er den Kopf in den Raum gesteckt hat. Das Licht im Flur ist an, sodass ich seine Umrisse sehr gut erkennen kann.
"Ich denk schon. Entschuldige, habe ich dich geweckt?", beantworte ich seine Frage und fahre mir durch die Haare. Doch scheinbar überzeugt ihn meine Antwort nicht sonderlich. Leon stößt die Tür etwas weiter auf und tritt in den Raum ein. Langsam nimmt er auf dem Bettende Platz.
"Nein, hast du nicht", verneint er und ich bin mehr ziemlich sicher, dass es eine Lüge ist "Hast du schlecht geträumt?"
"Ich weiß es ehrlich gesagt nicht", gebe ich murmelnd zu und lasse seufzend den Kopf hängen "Es fühlte sich irgendwie so real an, als hätte ich es schon einmal erlebt. Es war nicht sonderlich klar, aber das Gefühl war sehr intensiv"
"Was für ein Gefühl? Hast du wirklich überhaupt nichts erkannt?", hakt Leon zaghaft nach und legt seine Hand auf mein Bein unter der Decke.
"Ich und eine andere Person waren in meinem Zimmer, saßen auf meinem Bett und haben scheinbar gelacht. Mehr konnte ich nicht ausmachen, aber es war schön. Es hat sich vertraut angefühlt. So ein bisschen wie bei uns beiden, nur noch stärker", erzähle ich ihm und aufmerksam hört mir Leon zu. Leicht nachdenklich murmelt er.
"Ansonsten überhaupt nichts?", hakt er noch einmal nach und ich schüttele kurz meinen Kopf, während ich meine Finger an meine Schläfe lege und versuche die Schmerzen zu unterdrücken "In Ordnung, es ist noch sehr früh. Möchtest du versuchen weiter zu schlafen?"
"Das wäre vielleicht eine gute Idee", beantworte ich seine Frage und Leon will schon wieder von seinem Platz auf dem Bett aufstehen. Doch ich halte sein Handgelenk fest, halte ihn davon ab das Zimmer zu verlassen und leicht verwirrt blickt er zu mir herüber.
"Kannst du vielleicht hier bleiben?", frage ich zaghaft. Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl das ich besser schlafen kann wenn er hier sein wird.
"Natürlich", bestätigt er mit ruhiger Stimme und schaltet kurz das Licht im Flur aus, nachdem ich sein Handgelenk los gelassen habe. Ich spüre wie er wieder zurück auf das Bett zukommt. Sein Körper drückt die Matratze nach unten und sein Arm hebt die Decke an. Kühle Luft streicht über meinen Körper und sorgt für eine leichte Gänsehaut.
Leon legt sich vorsichtig auf die freie Hälfte und langsam rutsche ich näher an ihn heran. Sein Arm findet Platz um meinen Körper und ich höre ein leises Seufzen von ihm.
"Du hast mir gefehlt", nuschelt er gegen mein Haar und setzt einen Kuss darauf. Ein Lächeln erscheint auf meinem Gesicht und zufrieden schließe ich meine Augen.
"Danke, dass du mir so sehr hilfst", murmel ich zurück "Habe ich mich sehr verändert? Siehst du in mir noch irgend etwas von der alten Josi?"
"Es gibt keine alte Josi. Es gibt bloß dich", verbessert er mich sofort "Natürlich ist es nicht mehr ganz genau wie damals, das kann es unter den Umständen nicht sein. Aber du bist immer noch meine beste Freundin, du hast immer noch das gleiche Wesen und das gleiche Verhalten, jedenfalls in den meisten Aspekten. Um ehrlich zu sein, fühlt es sich bloß so an als wärst du in einem sehr langen Urlaub gewesen ohne dich zu melden"
Ein kleines Lachen geht über meine Lippen. Das ist ein schöner Vergleich. Vielleicht sollte ich alles mehr so sehen. Ich habe überhaupt nichts verpasst, sondern einfach nur eine Zeit im Ausland verbracht, ein etwas anderes Leben geführt. Aber so leicht ist das leider nicht.
Es gibt so viele Menschen, die wegen mir gelitten haben und traurig waren. Das kann ich nicht einfach ignorieren.
"Meinst du jeder, mit dem ich befreundet war, hat diese Ansicht auch?", frage ich ihn. Ich habe das Gefühl, dass Leon viele meiner Freunde kennt und sie einschätzen kann und er meinte ja bereits, dass er ehrlich zu mir ist.
"Josi, ich werde dich nicht anlügen, aber ich weiß nicht ob du das wirklich hören möchtest", murmelt er und streicht langsam über meinen Rücken.
"Doch", versichere ich.
"Es gibt einige wenige, die es irgendwann nicht mehr ausgehalten haben. Sie haben dich nicht mehr besucht, den Kontakt mit deiner Familie abgebrochen und mit diesem Kapitel abgeschlossen, so wie ich sie einschätze für immer", erzählt er mir und ich spüre wie er mich sanft noch etwas näher an sich zieht.
Auch wenn ich nicht davon ausgehen kann, dass jeder auf mich wartet und einfach geduldig ist bis ich wieder aufwache, tut es verdammt weh das zu hören. Ich war vier Jahre weg, natürlich ist das emotional belastend.
"Hast du auch mal darüber nachgedacht?", frage ich zaghaft. Unsicher, ob ich diese Antwort überhaupt hören möchte.
"Nein. Das wäre definitiv keine Option für mich gewesen. Ich wusste, dass du zurück kommst", meint er ernst und ich bin froh, dass wenigstens einer meiner Freunde so denkt.
"Kannst du mich zum Training mitnehmen? Mich den Leuten vorstellen, mit denen ich auch früher Kontakt hatte?", bitte ich ihn.
"Bist du dir sicher? Dein Kopfschmerzen sind immer noch nicht besser. Willst du dich dem wirklich aussetzen?"
"Ich muss wieder irgendwie in mein normales Leben zurück finden oder wenigstens versuchen Freundschaften zu knüpfen. Und wenn ich schon einmal mit jemandem befreundet war, sollte das etwas einfacher sein. Ich möchte nicht noch mehr Leute verlieren oder verletzen", gebe ich offen zu.
"Das verstehe ich. In Ordnung. Aber wenn es nicht mehr geht, dann musst du Bescheid sagen"
Bestätigend nicke ich.
"Gut. Aber jetzt schlaf weiter. Sonst bist du morgen unausstehlich", lacht Leon leicht auf und in der Dunkelheit verdrehe ich meine Augen. Aber er hat ja recht. Seufzend schließe ich also wieder meine Augen, wünsche Leon eine gute Nacht und versuche dann wieder einzuschlafen.
Lasst gerne Feedback da <3
DU LIEST GERADE
Amnesia // Kai Havertz FF
FanfictionEin einziger Tag kann dein gesamtes Leben auf den Kopf stellen, dich aus der Bahn werfen und komplett aus dem Verkehr ziehen. Alleine das ist bereits schlimm genug. Aber was wenn du keinerlei Erinnerungen mehr hast wenn du aufwachst? Nicht an deine...