Teaser

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Bal Masqué

Vic

Gedankenverloren zupfte ich die Rüschen an der Front meines Hemdes zurecht, strich über den Revers meines samtigen, schwarzen Gehrocks und griff nach der mit schwarzen Federn besetzten Maske auf meinem Schreibtisch.....als es leise klopfte.

"Herein...!"

die Tür öffnete sich Schwungvoll und herein kam Sonnenkönig Ludwig, oder zumindest Carls Version davon.
In leuchtenden, wallenden Gewänder gehüllt, füllte er den Türrahmen nahezu ganz aus und wer auch immer seine Löwenmähne zu dieser kunstvollen Frisur aufgetürmt hatte, verdiente eine Oscar, oder wenigstens Gefahrenzulage.

"Vic....meine teuerste....komm schon....der Ball ist im vollen Gange! Sag mir bloß nicht, das du bis eben noch gearbeitet hast?"
fragte er tadelnd und stemmte seine Fäuste in seine Seiten, während er mich mit erhobenen Brauen musterte.
Ich zuckte gleichmütig mit den Schultern, tja....was sollte ich denn dazu noch sagen?

Missbilligend schüttelte er seinen Kopf und tippte ungeduldig mit seiner Fußspitze auf dem Boden herum.
Grinsend setzte ich meine Maske auf und drehte mich vor ihm, einmal im Kreis.

"Sehr schön....einmal mehr Understatement.....gut...gut....!" seufzte er leicht enttäuscht.

"....meine Liebe....ich dachte eigentlich der Ball wäre dafür da, für ein paar Stunden, jemand sein zu können, der man nicht ist."

"Aber, aber mein lieber Carl, das bin ich doch......!" kicherte ich und drängte mich an, seiner Hoheit vorbei.

"Gestatten.........Herzog Victor, Verfechter der geschrieben Worte, toujours à votre service." ich verneigte mich kurz und spazierte dann lächelnd den langen Gang hinunter, bis zur großen Freitreppe.
Auf dem Weg dorthin, schwoll der Lärmpegel,....verursacht von den hunderten von Menschen in der riesigen Empfangshalle,...kontinuierlich an.

An der Brüstung angekommen, blieb ich kurz stehen und verfluchte diese Hose aus weißem, glänzendem Satin....die ich trug und die keine Hosentaschen aufwies.
"Merde!"
Keine Hosentaschen wie unglaublich unpraktisch....befand ich schimpfend.
Keine Taschen,....keine Möglichkeit meine Brille unterzubringen und da meine Augen vom Arbeiten noch so angestrengt waren, wollte ich ihnen nicht auch noch Kontaktlinsen zumuten. Tja das hieß dann wohl etwas visuelle Einschränkung für heute Abend.

Wie auch immer,....erfahrungsgemäß gab es ja immer einige Kostüme, die man getrost besser nicht ansah, also von daher, würden mir hoffentlich einige Abscheulichkeiten erspart bleiben.

"Stürzen wir uns ins Getümmel!!" rief Carl, der mitlerweile neben mir aufgetaucht war, fröhlich und eilte wenig Hoheitsvoll die Stufen hinunter.
Amüsiert mit meinem Kopf schüttelnd, folgte ich seiner Majestät und ließ meinen Blick schweifen.

Die Crème de la crème der High society war schon anwesend und dabei den Champagnervorrat des Verlags in Rekordzeit zu vernichten.
Völlig unerkannt, schlüpfte ich an diesem Champagnerbeseelten Feiervolk vorbei und gelangte schließlich zur Bar.
Doch noch bevor ich mir den dringend benötigten single Malt bestellen konnte, fiel mir die junge Frau in dem pompösen, weißen Kaiserin Sissi-Kleid, welches ihre Schultern und Nackenpartie weitestgehend unbedeckt ließ,...auf.
Ihr Blondes Haar, war kunstvoll mit allerlei Perlen und dergleichen, hochgesteckt, wodurch ich ungehinderten Blick auf ihr Ohr hatte, an dessen Ohrläppchen ein Sternförmiger, glitzernder Stecker prangte, von dem wiederum eine silbrig, glänzende Perle baumelte.
Die Maske über ihren Augen, war mit weißen, glitzernden Federn und Perlen besetzt und ihre schlanken Finger in den weißen Spitzenhandschuhen, tippten scheinbar nervös auf dem Tresen der Bar herum.

"Darf ich mich zu ihnen setzen??"

fragte ich höflich, was die junge Dame auf dem Barhocker, aber nichtsdestotrotz ziemlich erschreckte.
In den rüschigen Stoffbahnen ihres Kleides gefangen, während sie sich hastig zu mir umwandte, stürzte sie mit einem lauten Aufschrei von ihrem Hocker und direkt in meine Arme.

Fasziniert starrte ich in ihre, wie Smaragde glühenden Augen und war für einen Moment sprachlos.
Aber nur für einen Moment.

"Das tut mir leid, ich wollte sie nicht erschrecken..!" beeilte ich mich zu sagen...

"Das ist schon ok...ist ja nichts passiert...ich bin ja schließlich....weich gelandet." kicherte sie und löste ihre Hände langsam von meinem Nacken....sehr zu meinem Bedauern.

"Wie kann ich ihren Schreckmoment wieder gut machen..? Einen Drink vielleicht?' schlug ich vor und betrachtete äußerst interessiert, das verschmitzte Zucken ihrer rosigen Lippen.

"Wie wäre es mit einem Tanz??"

***********

"Wie wäre es mit einem Tanz?"
hatte sie gefragt und mich damit mehr als überrascht.
Und bei einem Tanz war es nicht geblieben, ganz im Gegenteil....die halbe Nacht hatten wir Tanz, um Tanz.....getanzt.....und uns der Musik vom Orchester hingegeben.

Von ihrem Wunsch völlig überrumpelt, hatte ich keine weiteren Fragen gestellt, diese schienen mir sowieso nur reichlich überflüssig.
Stattdessen schwebten wir Stundenlang, Wortlos und ineinanders Augen versunken,...über's Parkett.....

....bis.....ja bis, in einer kurzen Orchesterpause, meine unbekannte "Sissi", urplötzlich in der Menschenmenge verschwand.

"Eine wahre Cinderella....!" hatte Carl noch herzhaft lachend gescherzt, als ich ihm aufgebracht von meiner verschwundenen Tanzpartnerin erzählte.
Reichlich enttäuscht und frustriert darüber, das ich es mir hatte entgehen lassen, sie wenigstens nach ihrem Namen zu fragen, war ich nachhause gefahren und verbrachte die folgenden Stunden bis zum Morgengrauen, mit verzweifelten Rätselraten und ärgerlichen Grübeleien.

Und nun war es Montagmorgen und ich saß in meinem Büro in Verlag und dachte über die vergangene Samstagnacht nach, während ich geistesabwesend am Ende meines Kugelschreibers herumkaute.

Wie Samstagsabends.....klopfte es an meiner Tür und auf mein 'Herein' streckte Carl seinen Löwenmähnen Kopf herein.

"Einen wunderschönen guten Morgen meine Liebe.....!" flötete Carl bestens gelaunt und trat herein.

"Guten morgen Carl....gibt es einen besonderen Grund für deine ausgesprochen gute Laune?" fragte ich gelangweilt.

Er räusperte sich etwas umständlich, trat dann beiseite und winkte eine Person, die bis dahin im Schatten des Türrahmens gestanden hatte, herein.

"Vic meine Liebe.....rate Mal wen ich einsam und verlassen in der Lobby aufgefunden habe....?"

ich sah auf und ließ meinen Blick über die junge Frau gleiten, die neben ihm erschien.
Irgendetwas an ihr kam mir bekannt vor, dachte ich....während ich mich erhob.

Ihre langen, blonden Haare, fielen glatt und seidig auf ihre Schultern wo sie einen schönen Kontrast zu dem Grün ihrer Bluse bildeten.
Ihre Bluse, deren Grün sich in der Farbe ihrer Augen wiederspiegelte.
Ihrer Augen.....!

"Vic......das ist deine Praktikantin...... Jessica Linde...!"

die junge Frau kam lächelnd auf mich zu und reichte mir ihre rechte.....nun unbehandschuhte....Hand.

"Guten morgen,...Frau Herzog.....!"

"Guten....guten morgen Frau Linde!"
erwiderte ich noch immer vollkommen baff, während sie mich verschmitzt angrinste und mir mit ihren grünen Augen frech zuzwinkerte.

"Ach....bitte.....nennen sie mich doch einfach...Jessy!"

A Scorpio's Sting BAND 13Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt