Kapitel XXIX

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Ich wurde von Sonnenstrahlen geweckt. Mein erster Gedanke war, dass die Fliege wieder meine Vorhänge aufgezogen hatte, aber als ich sie gerade anschreien wollte sah ich Valeria am Bettende stehen.
"Guten Morgen Liebes, heute ist es so weit. Komm steh auf, wir haben noch viel zu tun." Ich verdrehte die Augen. Mir war schon immer bewusst, dass dieser Tag die Hölle wird, aber seit gestern würde ich mich lieber aus dem Fenster werfen, als vor den Altar zu treten. Ich stand auf und ging ins Badezimmer um zu duschen und um mich fertig zu machen. Als ich wieder rauskam fand ich drei fremde Personen in meinem Schlafzimmer welche sich an meinem Tisch und Bett ausgebreitet hatten. Überall lagen Schminkkoffer und Haar Styling Zubehör herum. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren griff ich zur Kommode, welche neben der Badezimmertür stand und nahm meine Schachtel Zigaretten runter. Mein Blick war dabei die ganze Zeit auf die Stylisten gerichtet. Ich ging rückwärts wieder zurück ins Bad und schloss die Tür ab. Ich öffnete mein Badzimmerfenster und setzte mich auf den Wäschekorb, zündete mir eine Zigarette mit meiner gesunden Hand an. Ich sollte gleich mein Schmerzmittel nehmen, dass sollte mir helfen meine Hand den Tag über wenigstens leicht zu belasten.
Während ich rauchte beobachtete ich die Arbeiter im Garten, welche dabei waren alles für die Hochzeit vorzubereiten. Valeria hatte sich für weiße Tischbezüge und dieselben Blumen wie bei der Verlobungsparty entschieden. Nur waren diesmal viel mehr Plätze hergerichtet als bei der Verlobung. Gerade als ich den letzten Zug von meiner Zigarette nahm, klopfte es an der Tür. Wenn ich es einfach ignoriere, dann habe ich noch mehr Zeit nur für mich, bevor ich mich in diesen Tumult stürzen muss. Ob ich wohl zu dem Song "Highway to Hell" zum Altar schreiten kann?
Es klopfe erneut und kurz danach ertönte Chiaras Stimme. "Hey Anastasia, mach auf. Ich weiß, dass du fertig bist." Auch wenn es keiner sehen konnte, verdrehte ich meine Augen und öffnete dann die Tür. Chiara stand vor mir und reichte mir einen Kaffebecher. Genau das brauchte ich jetzt. Ich nahm die Tasse an und trat in mein Zimmer.
"Anastasia das sind Idina, Hugo und Matea. Sie sind deine Stylisten für heute. Wir haben drei Stunden bevor mein Papá dich abholt und runter begleitet." Nachdem Chiara alle vorgestellt hatte setzte sie sich auf mein Bett und beobachtete das Schauspiel. Zunächst wurde mein halber Köper gewachst, was wohlgemerkt mehr wehtat als ich gedacht hatte. Danach ging ich erneut unter die Dusche, bevor mein Körper eingecremt wurde. Meine zahlreichen Einwende darüber, dass ich das auch sehr gut alleine machen könnte, wurden einfach ignoriert. Irgendwann gab ich es einfach auf und ließ es über mich ergehen. Nachdem Hugo meine Haare gestylt hatte machte sich Matea dran mich zu schminken. Genau zwei ein halb Stunden später war ich fertig und konnte in mein Kleid steigen. Es war das erste Mal, dass ich es sah und ich musste zugegeben, dass Valeria einen ausgezeichneten Geschmack hatte. Amelia kam immer wieder in mein Zimmer, um aufzuräumen und ich hatte vielleicht das eine oder andere Mal etwas mehr auf den Boden geworfen als beabsichtigt. Ihre giftigen Blick führten nur dazu, dass mir öfter mal was aus der Hand rutschte.
Zehn Minuten bevor Sergio mich abholte verließen alle mein Zimmer und ich setzte mich vorsichtig auf das Bett. Ich wollte eigentlich Ivan anrufen, aber anstatt seine Nummer zu wählen starrte ich einfach nur mein Handy an. Er müsste nun auch bereit für seine Hochzeit sein, denn unsere Zeremonien werden Zeitgleich statt finden. Ich kann ihn jetzt nicht ablenken und stören, ich muss das alleine durchstehen. Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ich legte mein Handy weg und sah zur der sich öffnenden Tür. Eigentlich hatte ich mit Sergio gerechnet, aber Luca trat ein.

"Hey" ich sah ihn verwirrt an, als er sich zu mir auf das Bett setzte.
"Hey" sagte ich nach einigen Sekunden um die seltsame Stille zu durchbrechen.
"Anastasia hör zu, ich wollte dich gestern nicht so anfahren und ich will dich auch nicht zu etwas zwingen. Aber als ich dich gestern gesehen habe, da hab ich mir Sorgen gemacht. Du bist jetzt ein Teil unserer Familie und ich beschütze meine Familie. Die Tatsache, dass nur ich davon weiß bedeutet, dass ich das Problem lösen muss und ich dich unterstützen werde, egal wie du es handhaben willst."
Ich sah auf meine Hände, welche ich auf meinem Schoss ineinander verschlossen hatte.
"Okay wenn wir das Problem noch nicht an der Wurzel angreifen, dann werden wir dafür sorgen, dass die Anfälle weniger werden. Also erzähl mir was sie auslöst."
Ich hatte immer noch kein Wort verloren. Der Tag war so schon schwer genug, da brauchte ich nicht noch eine Analyse meiner Anfälle.
"Du musst mir auch nicht sagen woran dich die Trigger erinnern, nur was es für Trigger gibt. Schüsse sind einer davon, was noch?" Ich wog die Pro und Kontras ab und entschied mich, dass es sinn ergibt eine Person auf meiner Seite zu haben. Besonders jetzt, wo Ivan mich nicht mehr vor den Auslösern beschützen kann.
"Schüsse, unerwarteter Körperkontakt, Orientierlosigkeit, Dunkelheit, Bewegungsunfähigkeit wie durch Fessel."
Luca nickte bloß und stand dann auf. "Gut, dann werde ich versuchen diese Dinge so weit wie möglich von dir fern zu halten, bis wir gelernt haben damit umzugehen." Ich nickte und sah Luca zu, wie er mein Zimmer verließ. Es fühlte sich gut an ihn einzuweihen. Besonders, dass er das Pronom Wir verwendet hatte. Ich fühlte mich dadurch irgendwie leichter, als würde die Last nicht mehr nur auf meinen Schultern sitzen. Kurz danach trat Sergio ein und lächelte mir zu, bevor er mir einen Arm reichte. Ich hakte mich ein und wir verließen die erste Etage. Unten angekommen kam Valeria auf uns zu.
"Du siehst unglaublich schön aus ,Liebes." Sie lächelte mich an und überreichte mir den Brautstrauß. Ich atmete einmal tief durch und zusammen mit Sergio traten wir an den Anfang der Terrasse. Ich hörte wie die Musik anfing zu spielen und zu meiner Enttäuschung war es nicht Highway to Hell. Langsam schritten wir den langen Weg aus Blumenblüten entlang. Mein Herz schlug immer schneller und ich konzertierte mich auf meine Füße, um nicht zu stolpern. Rechts und Links konnte ich Gäste sitzen sehen, aber keiner von ihnen war wegen mir da. Oder besser gesagt, keiner von ihnen war von meiner Seiter hier. Nicht einmal meine Tante war gekommen. Ich schätze mein Vater hatte es verhindert, denn von ihr aus hätte sie meine Hochzeit niemals verpasst. Ich blickte weiter und konnte bereits einige von Dantes Geschwister ausmachen. Nur Luca und Chiara konnte ich noch nirgends erblicken. Es fehlten noch fünf Meter und ich senkte wieder meinen Blick, da meine Nervosität immer weiter anstieg. Ich musste mich immer wieder überzeugen, dass ich das für meine Familie tue und für die Sicherheit von allen. Aber je näher wir dem Altar kamen, desto stärker wurde das Bedürfnis mich umzudrehen und einfach wegzulaufen. Ein Meter vor dem Altar hob ich meinen Blick und sah genau in Dantes blaue Augen. Sie sahen noch klarer aus als je zu vor. Er trug einen schwarzen Anzug, welcher sein breites Kreuz und sein unglaublich durchtrainierten Körper zeigte. Oh Gott was denk ich denn da. Ich muss daran denken, was er mir heute Nacht im Flur gesagt hatte und was für ein Arsch er ist. Auch wenn der Arsch gerade einfach viel zu gut aussah. Neben ihm stand Luca und einen Platz weiter Pablo. Auf der anderen Seite sah ich Chiara und ein anderes Mädchen, welches ich zuvor noch nie gesehen hatte. Sie waren also meine Brautjungfern. Wir waren nun am Altar angekommen und Sergio löste meine Hand aus seinem Arm und überreichte sie Dante. Ich hielt die Luft an. Dantes Hand war so warm und weich, dass ich Mühe hatte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Er zog mich zu sich und gemeinsam traten wir zum Altar.
Wir standen nun nebeneinander und hielten immer noch die Hand des anderen fest, als der Priester das Wort ergriff.

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