Kapitel LXXXV

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"Die Stelle des Cape ist nicht nur ein Job, es ist eine Verpflichtung. Derjenige, der sich für würdig hält meiner Familie und unserem Geschäft als zweite Hand ergeben zu sein, der muss alles andere hinter sich lassen.
Eure Familie, eure Freunde, eure Liebenden, das alles hat keine Bedeutung mehr. Der einzigen Familie, welcher ihr voll und ganz ergeben sein sollt, ist meine, wenn ihr ein Teil dieser werden wollt!"
Beendete Dante seine Rede und jedes seiner Worte ließ mich zusammen zucken.

Entsetzt sah ich zu meinem Mann, das kann er doch nicht ernst meinen. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, aber er ließ es nicht zu.
"Was soll das?" fauchte ich ihn leise an, so leise, dass nur er es hören konnte. Dante war jedoch völlig unbeeindruckt von meinem Ton und beugte sich zu mir runter.
"Bleib ruhig Amore." Ruhig bleiben? Hatte er sich noch alle? Er sperrt Menschen in glasige Gräber und lässt Wasser einfließen und ich soll mich beruhigen?
Wieder zerrte ich an seinem Griff, doch auch diesmal kam ich nicht frei.
"Ich sagte du sollst ruhig bleiben! Du bist eine Martinelli, also verhalte dich angemessen." Warnte er mich und seine Finger bohrten sich tiefer in meine Haut.

Riccardo stand auf und stellte sich neben Dante. Er wandte sich dem Mikrofon zu und richtete sich an die Anwärter.
"Die Regel dieser Runde ist ganz einfach. Entweder ihr entscheidet euch für uns und unternehmt nichts um eure geliebte Person zu retten, oder ihr entscheidet euch gegen die Stelle des Cape und hebt eure Hand, als Signal, dass ihr aussteigen wollt. Solltet ihr diese Wahl treffen, dann schalte ich Augenblick die Wasserzufuhr für den Käfig eurer Person ab." Riccardo beobachtete jeden einzelnen der Anwärter genau, bevor er weiter sprach.
"Zum Verständnis für alle anderen hier nenne ich kurz die Personen auf dem Bildschirm."
Er holte ein Blatt aus der Innentasche seines Jackett und las die Namen laut vor.
"Gefangene Nummer eins Alessia d'Angelo, Verlobte von Domenico Rinaldi." Alle sahen zu dem ersten Bild und zu dem Mädchen, welches dort gezeigt wurde. Sie war in meinem Alter und meine Brust schnürte sich zusammen. Das Gesicht der Frau war panisch und sie klopfte immer wieder gegen die Wände ihres Gefängnisses.
Ich konnte immer noch nicht glauben, was hier vor sich ging. Eine unschuldige Frau, Domenicos Verlobte würde sterben, sollte ihm die Stellung als Cape wichtiger sein als ihr Leben. Nach einigen Sekunden setzte Riccardo wieder an.
"Gefangener Nummer zwei Gabriele Mazza, der Bruder von Alessandro Mazza." Mein Blick ging zum zweiten Feld und dort sah ich einen Jungen, es war nicht älter als fünfzehn. Wieder brach mein Herz und ich konnte nicht fassen, dass Riccardo diese Information in einem neutralen Ton von sich gegeben hatte. Er sprach von einem Kind, denn genau das war Alessandros Bruder noch, ein Kind. Der Junge sah sich hilfesuchend um und auch ihm war die Panik deutlich anzusehen. Ich traute mich nicht Alessandro anzusehen, denn ich konnte mir nur schwer vorstellen, was gerade in ihm vorging.
Ich umfasste Dantes Hände und würde jeden seiner Finger einzeln brechen, nur damit er mich los ließ und ich diese Fars beenden könnte. Ich werde ganz sicher nicht dabei zusehen, wie sie Kinder töten, nur um ihren Standpunkt von Loyalität zu verdeutlichen. Doch wieder machte mein Mann mir einen Strich durch die Rechnung, indem er ganz nah an mein Ohr kam und mit dunkler Stimme hinein flüsterte.
"Wenn du nicht still neben mir stehen kannst Amore, bitte ich Luca dich reinzubringen." Ich verharrte augenblicklich in meiner Bewegung. Jetzt droht er mir? Sein fucking Ernst? Ich bin diejenige, die ihm für sein Verhalten die Hölle heiß machen sollte, doch bevor ich etwas erwidern konnte sprach Riccardo weiter und zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
"Gefangene Nummer drei Daria Orlow, die kleine Schwester von Vlad Orlow." Mein Herz hörte auf zu schlagen und ich sah schwarze Punkte vor meinem Blickfeld auftauchen. Daria!
Ich hatte mich nicht geirrt, sie war wirklich dort. Tränen liefen mir über die Wangen, als ich ihre angsterfüllten Augen sah. Sie schrie immer wieder, doch wir hörten kein einzigen Ton. Ich wusste nach wem sie schrie und wandte meinen Blick ab um ihn anzusehen. Vlad stand wie versteinert da und blickte auf den Bildschirm. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und und sein Kiefer war sichtbar angespannt.
Unzählige Fragen bombardierten meinen Kopf. Wie haben sie sie gefunden? Wie haben sie überhaupt von ihr erfahren? Vlad hatte sie kurz nach seinem Beitritt in unsere Mafia versteckt. Gedanklich korrigierte ich mich. Nach seinem Beitritt in die Mafia meines Vaters. Niemand außer ihm kannte ihren Aufenthaltsort und nur wenige wussten überhaupt, dass er eine Schwester hat, also wie haben die Martinellis sie in die Finger bekommen.
Lodernde Wut stieg in mir auf. Daria war nicht nur Vlads Schwester, sondern auch meine Freundin. Wir haben uns zwar nur zwei Mal gesehen, aber wir schrieben uns wöchentlich Briefe, als wir noch jünger waren. Ich fasse es nicht, dass mein Mann meine Kindheitsfreundin in ein scheiß Aquarium gesteckt hat und dies mit Wasser auffüllen ließ.
Nun war es an mir ihm zu drohen. Ich streckte mich etwas zu ihm und flüsterte leise, aber mit starker Stimme in sein Ohr. "Wenn ihr was passiert, vergebe ich dir das nie!"
Dann wandte ich mich kalt von ihm ab und sah wieder zum Bildschirm. Ich konnte meine Augen nicht von mir abwenden, weil ich angst hatte, ihr würde in der Zeit was passieren. Das Wasser stieg zwar nicht schnell an, aber beständig und der Countdown unter ihren Bildern zählte bereits von zwanzig Minuten runter.
Riccardos Stimme ertönte wieder, aber ich sah weiterhin zu Daria.
"Gefangene Nummer vier Gaia Santos, Enrico Santos Ehefrau." Auch wenn ich zu den Frau rüber sehen wollte, konnte sich meine Augen nicht von Daria nehmen.
"Gefangener Nummer fünf Frederico Esposito, der Vater von Raffaele Esposito." Ich hörte zwar Riccardo Stimme, aber ich hatte alles außer der Angst um Vlads Schwester so gut es ging ausgeblendet.
"Gefangene Nummer sechs..." Riccardo stoppte kurz und sah selbst zum Bildschirm. Im sechsten Fenster war eine Frau Anfang dreißig. Sie hatte schwarze Haare und braune Augen. Ihre Gesichtszüge erinnerten mich an jemanden, aber ich konnte einfach nicht sagen an wen. Ich hatte diese Frau noch nie gesehen, da war ich mir sich, aber das Gefühl sie zu kennen verschwand nicht.
"Antonia Ricci, Fabio Marinellis Schwester."
Wie ein Blitz traf mich die Erkenntnis. Sie war eine Marinelli, nicht nur das, sie war Fabios Schwester. Ihre Gesichtszüge und ihre Augen erinnerten mich an Ella.
Die Frau in dem Käfig aus Glas war Ellas Mutter.

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