Kapitel LXXXVII

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Ich sah das Glas immer näher kommen, doch ich war zu langsam.
Gerade als es an meiner Hand ankam griff Vlad danach und riss es Zentimeter vor mir vom Tresen.
Erleichtert atmete ich aus, das war knapp.
Vlad führte das Glas zu seinen Lippen und nahm einen Schluck davon, bevor er sich zu der Person drehte, welche das Glas zu mir geschoben hatte.
Fabio, wer den auch sonst.
"Zu mir oder zu dir, mein hübscher?" Flirtete Vlad ihn provozierend an und zwinkerte Fabio zu.
Dieser verdrehte bloß die Augen und sah dann mich an. "Ein Versuch war es wert." Dann lächelte er mich schief an und ging weg.
"Dieser verdammte Wichser, der ist tot, sobald Dante davon erfährt." Luca musterte die Umgebung, aber kein anderer war mehr in unserer Nähe.
"Bin wohl nicht sein Typ, seltsam für gewöhnlich passiert mir das nicht." Vlad zuckte kurz mit den Schultern und grinste dann teuflisch vor sich her.
Er hatte mir grade den Arsch gerettet und dafür war ich ihm unendlich dankbar.
Schweigend zog ich ihn in eine Umarmung und sofort roch ich sein schreckliches Aftershave, doch grade war es mir egal.
Luca hingegen hatte scheinbar was dagegen, denn er zog mich von Vlad weg und unterbrach damit unsere Umarmung.
"Lass uns gehen. Du hast was du wolltest und ich sollte dich von hier wegbringen, bevor noch jemand sowas versucht. Ich werde mir jetzt schon eine Standpauke von meinem älteren Bruder anhören dürfen." Beide nahmen mich in ihre Mitte und zu dritt gingen wir zurück.

Gleichzeitig mit uns kam auch Dante wieder beim Tisch an und verzog verwirrt das Gesicht, als er uns sah.
"Wo wart ihr?" Er sah von mir zu seinem Bruder, welcher sich erschöpft auf den Stuhl fallen ließ.
"An der Bar, ich hab mir was zu trinken geholt." Ich hob mein Glas, um meine Aussage zu verdeutlichen.
Zum Glück fragte er nicht weiter nach, auch wenn ich sicher war, dass Luca ihm noch früh genug von Fabios Versuch mir ein Getränk unterzujubeln, erzählen würd.

Nach einigen Minuten kamen auch Chiara und Vlad zu uns, setzten sich aber ans Ende des Tisches und führten ihre Unterhaltung weiter fort. Ich hoffte wirklich, dass Dante die Zeichen nicht erkennen würde, denn sollte er erfahren, dass seine kleine Schwester auf den zukünftigen SIC steht, dann verliert er seine Stellung bevor er sie überhaupt antreten kann.
Ich sollte den liebeskranken Teeny später nochmal zur Seite nehmen und ein erstens Wörtchen mit ihr reden, denn ich glaube kaum, dass es in ihrem Interesse liegt, wenn Dante es herausfindet.
Ich wandte meinen Blick von den beiden ab und sah in die Runde. Die Zwillinge diskutierten über die Gültigkeit einer ihrer Wetten und wie es aussah war Riccardo wie immer am Gewinnen.
Marco legte sein Handy weg und sah mich an.
"Diese Party ist so was von langweilig." meckerte er herum und erntete sofort einen Schlag auf seinen Hinterkopf von Valeria.
"Das ist keine Party, sondern eine Feier und sie ist stilvoll und elegant, du Taugenichts." tadelte ihn seine Mutter bevor sie mit Sergio auf die Tanzfläche ging und die beiden zu langsamer Musik anfingen sich hin und her zu wiegen.
Es war schön zu sehen, dass die beiden nach all den Jahren immer noch so verliebt ineinander waren.
In ihrer Gegenwand wurde Sergio immer weich, ob er es wollte oder nicht. Alleine die Blicke, die er seiner Frau immer zuwarf, zeigten jedem wie sehr er sie liebte. Für mich war der Anblick von zwei liebenden Elternteilen etwas neues. Die Martinelli Kinder hatten das Glück in einer "normalen" Familie aufzuwachsen. Auch wenn ich mir sicher vorstellen konnte, dass Sergio ein genauso skrupelloser Mafia Boss war wie mein Vater, so war er auf der anderen Seite ein liebevoller Ehemann und Vater für seine Kinder. Darum beneidete ich Chiara und die Jungs, für ihre Familie und nun war ich ein Teil davon.

"Ey Schwängerin." Marcos Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich wandte mich von der Tanzfläche ab und drehte mich zum Tisch um.
Abwartend sah ich ihn an und hob fragend eine Augenbraue.
"Was starrst du so verloren durch die Gegend? Oder ist dir auch langweilig?"
Ich stütze mich mit meinen Ellbogen an der Tischplatte ab.
"Du kannst dir ja die Zeit vertreiben, in dem du mich etwas mehr über diese Getränketradition aufklärst."
Dante, welcher bis zu diesem Moment mit Luca in ein Gespräch verwickelt war unterbrach dieses und drehte sich neugierig zu uns um.
"Du willst mehr darüber wissen?" fragte er mich ungläubig und beugte sich leicht zu mir rüber.
"Ja, also klärt ihr mich auf?"
Marco nickte und rückte näher heran. "Es war einmal.."
"Marco, ich bitte dich, mach kein Märchen daraus." mischte sich Luca ein und schüttelte nur den Kopf.
"Okay okay, Spielverderber. Also erinnerst du dich an unser Gespräch, als ich dir sagte, dass diese Tradition früher dazu diente um sich eine Braut zu wählen?"
Ich erinnerte mich an unser Gespräch im Wohnzimmer, als Marco mich zum ersten Mal über den Anwärterabend aufklärte. Langsam nickte ich und er fuhr fort.
"Nun, diese Tradition war ziemlich alt und ein fester Bestandteil unserer Familie. Sie veranstalteten zum einundzwanzigsten Geburtstag des Dons ein Fest, welches diesem hier sehr ähnlich war. Die Getränkeregel diente dazu, die Frau ihrer Wahl für einen Abend an sich zu binden. Wenn der Don danach davon überzeugt war, dass diese es würdig war seine Ehefrau zu werden, dann verkündigte er es am Morgen seinem Innenkreis, also dem Rat." Er pausierte seine Erzählung kurz, damit er einen Schluck von seinem Whisky nehmen konnte.
"War er nicht zufrieden, dann wurde das ganze einen Monat später wieder veranstaltet. Mit der Zeit wurden die angehenden Dons und Capes schlampig und genossen es viel zu sehr, die Frauen auszunutzen. Sie ließen sich ungemein viel Zeit und veranstalteten manchmal fast ein ganzes Jahr lang, jeden Monat, ein solches Fest. Daraufhin weitete der Rat die Regel aus und damit betraf sie nicht nur den Don und seinen Cape, sondern jeden Mann auf dem Fest. Das sollte den Konkurrenzkampf der Männer fördern und dazu führen, dass der Don sich schneller entscheidet und nun ja, nicht durch die Gegend vögelt." Dabei ließ er seine Augenbrauen anzüglich hoch und runter springen.
"Marco!" ermahnte Dante seinen Bruder, welcher sofort reagierte und sich wieder auf die Erzählung konzentrierte.
"Ist ja gut, nicht einmal ein bisschen Spaß lässt du mir. Auf jeden Fall kam es dann dazu, dass diese Tradition in der Form weiter geführt wurde. Naja bis mein Großvater dran war. Er hielt nichts von all dem und da er sowieso schon ein Auge auf meine Großmutter geworfen hatte, weigerte er sich. Sein Vater zwang ihn aber dazu und so gab er eine Brautschau. An dem Abend gab er nur einer Frau ein Getränk und das war meine Oma. Seit dem Tag waren die beiden unzertrennbar. Als er Don wurde wollte er, dass seine Kinder und Ekelkinder die Möglichkeit haben sich ihre Frau unabhängig von der Tradition und von Arrangierten Ehen , also beendete er diese Brautschau und auch die Getränkeregel."

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