VI

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Sherlock nickte.
"Ich denke, wir haben es hier wieder mit Moriartys Netzwerk zutun."
Plötzlich streckte John seinen Kopf zur Haustüre hinein, wobei er diese allerdings gegen meinen Kopf stieß, weshalb ich gegen Sherlock gestoßen wurde, der mich glücklicherweise auffing.
"Oh, Entschuldigung. Ich habe Moriarty gehört und dachte mir, dass ich mich verhört hätte. Habe ich mich verhört?"
Ich rieb mir meinen Schädel und schüttelte den Kopf. "Nein, du hast dich nicht verhört."
Er schluckte. "Warum?"
"Weil du offenbar zwei funktionsfähige Ohren am Kopf hast?", fragte Sherlock zurück und zog mich ein wenig von der Türe weg, sodass John diese vollständig öffnen konnte.
"Nein, warum Moriarty damit etwas zutun hat."
"Nun, vermutlich liegt es an dem Auftrag, den Cortell nicht beendet hat. Vermutlich hat der neue Kopf dort jemand anderen darauf angesetzt."
"Du meinst...?", John sah zu mir und wieder zurück zu Sherlock.
"Keine Sorge, John. Ich habe mit Mycroft darüber gesprochen. Ich weiß, dass Moriarty Familie Dundis ausrotten will.", sagte ich und zuckte mit den Schultern. "Nicht die idealen Rahmenbedingungen um ein glückliches Leben zu führen, aber naja. Immerhin bin ich eine Watson, nicht? Nur weil ein kriminelles Netzwerk mich aus irgendwelchen Gründen auf dem Kieker hat, müssen wir da ja kein Geheimnis draus machen."
"Richtig. Und deshalb machen wir uns jetzt auch gleich auf den Weg zum St. Barts, um uns anzuhören, was Molly herausgefunden hat.", sagte Sherlock und klatschte in die Hände.
"Wer ist Molly?", fragte ich und sah John verwirrt an.
"Eine Freundin von uns."
"Die Pathologin im St. Barts, die immer die Leichen für uns inspiziert.", sagte Sherlock gleichzeitig und fügte nach einem verlegenen Blick zu John hinzu: "Und eine Freundin von uns."
Ich nickte. "Alles klar. Dann lasst uns mal los."

Eine knappe dreiviertel Stunde später hielt das Taxi, welches wir uns genommen hatten, vor einem hohen Gebäude. Wir stiegen aus und Sherlock lief schnurstracks auf den Eingang des Gebäudes zu.
"Er hat es irgendwie nicht so mit dem Bezahlen, oder?", fragte ich belustigt.
"Nein, irgendwie wird das wohl überbewertet.", gab John zurück und entlohnte den Taxifahrer,
der kurz darauf auch schon wieder los fuhr. Gemeinsam mit dem Blonden folgte ich Sherlock und betrat das erste Mal das Krankenhaus. Wir betraten die Empfangshalle gerade, als die Aufzugtüren sich hinter Sherlock schlossen.
"Dann nehmen wir wohl mal die Treppe.", seufzte John und deutete zu einem gläsernen Treppenhaus. Gemeinsam gingen wir darauf zu und die Treppen hinab in den leeren Flur eines zweite Untergeschosses, wo wir auf Sherlock trafen, der bereits unten auf uns wartete.
"Ihr seid spät.", kommentierte er, und ging dann, ohne auf unsere Reaktion zu warten, wieder weiter.
"Hätte der Herr es für nötig gehalten, auf uns zu warten, wären wir nicht so spät.", meckerte John, doch Sherlock hörte schon nicht mehr zu. Er lief durch einen Gang und zu einer Türe, die er ohne zu klopfen aufstieß. Mit einem Schulterzucken folgte ich ihm durch die Türe und betrat eine Leichenhalle. Der Boden war sauber, es roch nach Desinfektionsmittel und einem Hauch von Parfum. In der Mitte des Raumes waren zwei Obduktionstische und die Wand dahinter war gesäumt von ungefähr fünfzig Zentimeter hohen Metalltüren. An der Wand uns gegenüber standen Regale die über und über mit Chemikalien aller Art gefüllt waren. Dieser Wand gegenüber, neben uns also, stand ein voll geprüddelter Schreibtisch, auf dem sich ebenfalls Chemikalien finden ließen.
"Molly ist gar nicht da.", stellte John das offensichtliche fest, doch ehe Sherlock eine sarkastische Bemerkung von sich geben konnte, öffnete sich plötzlich eine andere Aufzugtüre, neben der Wand mit den Kühlräumen für die Leichen, und eine junge Frau in einem weißen Kittel kam herein. Darunter trug sie einen etwas altmodisch aussehenden Wollpulli und ihre dunkelblonden Haare waren zu einem seitlichen Zopf gebunden.
"Oh, Sh-Sherlock.", überrascht sah sie den Lockenkopf an, der warm zu Lächeln begann. Geistesgegenwärtig blickte ich zu John, der ein wenig verletzt dreinschaute. Das ging so nicht!
"Ähm, hi!", unterbrach ich den, für meinen Geschmack viel zu intensiven Blickkontakt der beiden, in dem ich mich vor Sherlock zwängte und Molly meine Hand entgegen streckte. Molly sah mich einen Moment verwirrt an, dann schüttelte sie meine Hand.
"Und du bist...?", fragte sie vorsichtig.
"Ach so, ja klar. Lilith Watson. Ich bin Johns kleine Schwester.", Ich grinste und trat wieder einen Schritt zurück, wobei ich Sherlock anrempelte, der ebenfalls etwas zurückwich, bis er wieder neben John stand - dort wo er hin gehörte.
"Was kann ich für euch tun? Ich nehme an, es hat etwas mit der Leiche zu tun, die Gregs Leute vorhin her gebracht haben?", fragte sie kleinlaut und wandte sich dem Schreibtisch zu, als wäre dort etwas wahnsinnig spannendes.
"Genau um die geht es.", bestätigte John, dessen Gesichtsausdruck wieder normal war.
"Ich habe im Moment viel zu tun - ich konnte mir die Leiche noch nicht ansehen. Tut mir leid." entschuldigte sie sich und sah wieder zu uns, obwohl sie den Blick schnell wieder abwandte.
"Wann wirst du sie gesehen haben?", fragte Sherlock ruhig, sodass Molly ihren Blick doch wieder zu ihm schweifen ließ.
"Frühestens heute Abend."
"Kannst du es nicht etwas vorschieben? Bitte?", flehend sah der Consulting Detectiv sie an. Einen Moment schien sie seinem Blick tatsächlich standhalten zu können, dann seufzte sie aber.
"Na gut. Kommt in zwei Stunde wieder."
Begeistert wie ein kleines Kind sprang Sherlock auf, klatschte in die Hände und eilte auf Molly zu. Er drückte ihr einen schnellen Kuss auf die Wange und eilte weiter zum Aufzug. Molly sah John und mich völlig perplex an, und auch wir starrten Sherlock etwas erstaunt an. Doch ich riss mich bald wieder zurück in die Realität, griff nach Johns Handgelenk und zog ihn mit mir in den Aufzug. Er rief noch ein schnelles: "Bis später, Molly!", dann ging die Aufzugtüre hinter uns zu und wir fuhren wieder hoch. 

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Sorry Leute, dass gestern nichts kam. Aber ich hatte noch ziemlich lange Aikido und vorher Desensibilisierung und davor Langtag, da hatte ich leider keine Zeit.
Ich hoffe, dass Kapitel hat euch trotzdem gefallen.
Hab eich lieb,
Thi

New Identity - Die 26. GondelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt