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Leander:
Was habe ich hier gerade getan? Wieso bin ich nicht mit meiner Mutter zurück gegangen? Wieso habe ich nicht Felicias Freunde gesucht, damit die ihr durch den Tag helfen? Wieso habe ich mich auf das Gespräch eingelassen? Wieso habe ich sie in meinen Armen gehalten und damit gegen die Regeln verstoßen?
Sie gerade so friedlich schlafen zu sehen beantwortet eigentlich alle fragen, die in meinem Kopf schwirren. Weil ich es wollte!
Ich hätte es nicht mit mir ausmachen können, hätte ich sie allein gelassen. Sie so zerbrochen und hilflos gesehen zu haben, hat mir selber einen Stich verpasst. Sie in meinen Armen zu halten, hat sich richtig angefühlt. Nach einer Weile ist sie eingeschlafen und tut es immer noch, während ich gerade leise meinen Rucksack schultere und auf leisen Sohlen den Raum verlasse.
„Leander?" stößt Alica erschrocken aus, als ich leise die Tür von Felicias Zimmer hinter mir schließe. Alica steht gemeinsam mit Luise im Flur und beide starren mich ein wenig erschrocken an.
„Ehm..." stottere ich. Ich habe nicht daran gedacht, das ich hier jemanden begegnen könnte. Aber natürlich kann das passieren. Wir haben 18:10 Uhr, und Felicia wohnt hier nicht allein.
„Ich habe nur gewartet, bis... bis sie sich beruhigt hat."
„Geht es ihr wieder besser?" Luise schaut besorgt zur Tür hinter mir.
„Naja. Wir haben geredet..." erkläre ich und werde von einem leisen kiechern aus Alicas Mund unterbrochen.
„Reden ist gut. Ich hoffe euch wurde nicht zu kalt... ist ja recht... stürmisch heute." sie verkneift sich das Lachen und auch Luise beißt angestrengt auf ihre Unterlippe.
Fuck... ich dachte echt ich hätte mein Element ganz gut im Griff gehabt. Aber das war ja scheinbar nicht so, wenn die beiden von Wind reden. Ich lasse diese Bemerkung einfach im Raum stehen und rede weiter.
„Sie ruht sich aus. Vielleicht bringt ihr ihr nachher essen ins Zimmer, damit sie jetzt noch nicht in den Speisesaal gehen muss." ohne auf eine Antwort zu warten verschwinde ich durch die Tür. Als ich die große Tür des Südflügels aufstoße, höre ich leise Gespräche meiner Mitschüler, die sich unten im Wohnbereich aufhalten. Mit großen Schritten komme ich dem Ostflügel näher. In dem Flur meiner kleinen Wohnung angekommen, werfe ich die Schlüsseln auf die Kommode, kicke meine Schuhe an die Seite und schließe die Tür meines Zimmers hinter mir. Keine zwei Sekunden später öffnet sie sich wieder und meine Mitbewohner Bene, Kester und Fynn stehen in meinem Zimmer.
„Gehts dir gut?" Kester setzt sich auf die Bettkante neben mich.
„Ja." antworte ich knapp und beobachte wie Fynn auf meinem Schreibtisch Stuhl Platz nimmt.
„Wir haben dich gesucht." Bene lehnt sich gegen den Schreibtisch und verschränkt die Arme.
„Wir haben von Felicia und Matteo gehört. Was war da los?"
Ich fange an zu erzählen:
„Matteo hat Sachen angedeutet und provoziert, so wie er es oft macht. Felicia hat ihre Kräfte noch nicht lange und hat die Kontrolle verloren. Sie hat Matteo dabei am Arm erwischt..."
„Das hat er wohl verdient oder?" wirft Fynn Kopfschüttelnd ein.
„Ja hat er. Es gehört sich nicht, jemanden solche Sachen an den Kopf zu werfen, vor allem niemanden der nicht mit seinen Kräfte umgehen kann. Sie hat es irgendwann unter Kontrolle gehabt und ich habe sie weg gebracht."
„Haben es viele mitbekommen?" Bene wirkt etwas besorgt.
„Ja. Ich weiß nicht wie viele es beobachtet haben, aber das ist eigentlich auch egal. So ein großer Elementausbruch spricht sich rum. Die Kraft die sie hervor gebracht hat war unglaublich stark. Sie haben zu dritt eine riesige Welle auf sie gelenkt, und sie hat sie mit einer Handbewegung abgewehrt." erzähle ich.
„Sollen wir sie morgen einwenig im Auge behalten? Nur damit sie nicht zu sehr darauf angesprochen wird und irgendwelche Idioten sie provozieren." schlägt Kester vor. Die anderen beiden Nicken zustimmend und mir wird wieder mal klar was für ein Glück ich habe sie an meiner Seite zu haben. Felicia gehört nicht zu unserem Element, und trotzdem helfen sie ihr, wollen auf sie aufpassen und sorgen sich um sie. Es gibt auch einige Wächter, die sich nur für ihr Element interessieren und denen es egal ist wie es den anderen geht.
„Ich hatte überlegt Dave und Noel zu fragen. Sie sind Wächter des Feuers und in ihrer Klasse."
„Ich mach das. Ich esse gleich sowieso mit ihnen zusammen." sagt Fynn.
Er ist zwar mein Mitbewohner und Kesters Zwillingsbruder, hat aber in den Feuerwächtern Miko, Gordon, Dave und Noel seine besten Freunde gefunden und verbringt die Zeit, die er nicht mit Mara oder uns zusammen ist, mit den.
„Okay danke."
„Ist das von gerade eben?" Kester betrachtet meine Arme, und die kleinen Brandwunden auf ihnen.
„Ja..."
„Aua!" stößt Bene aus, der jetzt auch meine Arme begutachtet.
„Warst du damit im Arztzimmer?"
„Ich habe kühlende Salbe drauf getan und meine Mutter hat es abgesegnet, dass ich damit nicht ins Arztzimmer muss." antworte ich.
„Hättest dich vielleicht eher mit den Wasserwächtern anlegen sollen, da wärst du jetzt nur ein bisschen nass." Kester grinst mich an.
„Ja oder Erde, ein paar Blümchen in den Haaren und dreck an der Hose." wirft Fynn lachend ein.
„Nächstes mal." antworte ich und muss auch grinsen.
„Elana fragt wo wir bleiben. Sie ist allein mit Leilani und Leila und ist fertig mit ihren Nerven." Bene steht auf und läuft mit Blick auf sein Handy zur Tür. Wir anderen folgen ihm schnell. Elana kommt mit Leilani und Leila auf Dauer nicht gut klar, und es gab schon einige Streits die wir schlichten mussten zwischen den drei.

„Endlich." stöhnt Elana erleichtert und schaut uns sehnsüchtig an.
„Denkst du dran die beiden zu fragen?" erinnere ich Fynn daran, bevor er zu seinen Freunden geht.
„Natürlich!" antwortet er und schlendert in die Richtung seiner Freunde, welche grölen als sie ihn entdecken. Das sie Freunde geworden sind, ist kein Wunder. Noel, Dave, Gordon und Fynn sind alle laut, gut gelaunt und voller Energie.
„Was soll er fragen?" Elana zieht meinen Blick wieder auf sich.
„Wo wart ihr eigentlich so lange?"
„Gehts dir gut Leander?" Leilani steht plötzlich neben mir und streicht über meine verletzten Arme. Ich zucke zusammen und entziehe sie ihr.
„Auf meinem Zimmer... und davor im Südflügel."
„Bei der Felicia? Ich habe das alles mit angesehen. Krass... ich habe schon mit Carlotta geredet. Wie kann man sich denn so wenig im Griff haben? Die Wunde von Matteo zieht sich über seinen ganzen Unterarm, dass muss..." Leilanis Redefluss wird von mir unterbrochen.
„Dein Ernst? Was haben die dir denn bitte erzählt. Die drei haben Felicia provoziert und ihr Sachen an den Kopf geworfen, da hättest du vielleicht auch die Kontrolle verloren. Felicia hat seit nicht mal einem Monat ihre Kräfte, da ist es normal, die Kontrolle zu verlieren. Sie hat nichts davon gewollt und Matteo zu verletzen war erst recht nicht ihr Plan. Und hätten die drei mir diese Scheiße erzählt, hätten sie jetzt mehr als nur einen Unterarm verbrannt! Matteo braucht jetzt kein Mitleid, der braucht jemanden, der ihn durchschüttelt, sodass er wieder klar denken kann! Und wenn du mir weiter mit solchen dummen Aussagen auf den Sack gehst, esse ich lieber woanders, als mir diesen Scheiß weiter anzuhören!"
Leilani sagt nichts. Keiner in diesem Speisesaal sagt etwas. Es herrscht eine angespannte Stille. Ein paar meiner Mitschüler starren auf die Tische, andere starren mich an. In den Gesichtern von Elana, Kester und Bene kann ich sehen, wie sie ihr Lachen unterdrücken. Sie haben schon lange darauf gewartet, das irgendjemand bei Leilanis Gerede ausrastet.
Leilani steht immer noch vor mir, mit gesenkten Blick und roten Wangen.
Neben mir fängt plötzlich jemand an zu klatschen. Ich drehe mich um und sehe Noel grinsen. Gordon, Dave und Fynn fangen auch an zu klatschen und zu jubeln.
„Euer Ernst?" frage ich halb genervt, halb grinsend.
„Kriegen wir eine Zugabe?" fragt Fynn mit einem breiten Grinsen.
Neben mir räuspert sich Leilani.
„Ehm..." stottert sie unsicher und kaut nervös auf ihrer Unterlippe.
„Die Frage ist ob du noch klardenkend kannst?" giftet mich Leila plötzlich an.
„Du stellst dich auf die Seite einer Fremden und machst deine Freundin hier vor allen runter?"
Nicht nur ich sondern auch Kester, Bene und Elana gucken sie verwirrt an.
„Ich glaube deine Freundin hat schon mehr Menschen runter gemacht." sagt Elana.
„Misch du dich doch da jetzt nicht ein!" zickt Leila jetzt Elana an.
„Du hast dich doch auch eingemischt." zickt diese jetzt zurück.
Bevor die beiden sich hier noch richtig in die Haare kriegen, packe ich Elana am Arm und ziehe sie hinter mir her. Im Augenwinkel sehe ich, wie Bene und Kester unsere Vier Tabletts vom Tisch nehmen und uns folgen. Am Ende eines Tisches schiebe ich Elana auf einen Platz und setzte mich neben sie. Die anderen beiden nehmen gegenüber von uns Platz.
„Was?" giftet Elana in Richtung der mit Schüler neben uns, die auffällig in unsere Richtung gestarrt haben.
„Elana komm mal wieder runter!" versucht Bene sie zu beruhigen.
„Nein! Le, hast du es endlich gemerkt, dass sie scheiße ist?" eindringlich guckt Elana mich an.
„Habt ihr ihr Gesicht gesehen? Ich glaub die hatte fast Angst vor dir. War aber auch mal nötig!" Kester grinst schon wieder.
„Können wir jetzt einfach essen?" sage ich müde und stochert in meinem Salat rum.

Wächter der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt