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Leander:
Ich höre nur Felicias leise Stimme die leise in ihr Telefon spricht.
„Ich weiß. Ich würde dich auch so unglaublich gerne Wiedersehen."
Wir haben Samstag Vormittag, zu dieser Zeit ist die Bibliothek meistens leer. Nur vereinzelt sitzen ein paar Schüler an den Tischen oder stöbern durch die hohen Bücherregale. Bevor ich mich zu Felicia an den Tisch setze, durch suche ich selber noch die Regale. Wir wollen mehr über ihre Eltern heraus finden, wer sie waren, was sie für ein Leben geführt haben und vielleicht auch wo sie nach ihrem Ausschluss hin gegangen sind. Ich versuche Felicia soviel wie möglich dabei zu helfen, ihre Familie kennen zu lernen. Ich ziehe ein paar alte Jahrbücher aus dem Regal, ein Buch über die Familie Decanter und finde sogar auch ein Buch über die nicht ganz so bekannte Familie Costello. Ich lege alle Bücher vorsichtig auf dem Tisch ab und versuche nicht zu viel Lärm dabei zu machen, um Felicias Telefonat nicht zu stören.
„Ich komme hier einfach gerade nicht weg. Die Reise ist allein nicht gerade einfach für jemanden der sie noch nicht oft gemacht hat und du kennst mich ja. Ich würde aufjedenfall in einen falschen Zug steigen." sie lächelt mich kurz an, als ich mich neben sie auf den freien Stuhl setze.
„Sie würden mich wahrscheinlich garnicht rein lassen." sie schmunzelt leise.
„Ich bin jetzt zum lernen verabredet.... das mache ich, bis bald." sie legt ihr Handy zur Seite und schaut dann zu mir.
„Das war Clara." sagt sie, als sie meinen fragenden Blick erkennt.
„Sie wird morgen 18 Jahre alt. Sie wollte gerne das ich zu ihr komme. Es ist so komisch sie nicht mehr jeden Tag zu sehen."
„Das tut mir leid." sage ich, weil mir nichts besseres einfällt.
„Alles gut. Ich bin gerne hier, trotzdem ist es einfach komisch. Wir haben die letzten 4 Jahre immer zusammen gefeiert und sie morgen nicht mal umarmen zu können... es ist einfach ungewohnt. Aber ich verstehe das. Ich kann mich eben nicht einfach in den Zug setzen und zu ihr fahren." ihr enttäuschter Blick zerbricht mir mein Herz. Sie hat die letzen 4 Jahre dort gelebt, und dann plötzlich habe ich sie aus diesem Leben heraus gerissen. Sie hatte keine Chance sich zu verabschieden, und auch keinen Zeitpunkt in dem sie sie wiedersehen kann.
Außer... es ist eine Schnapsidee, aber vielleicht eine Möglichkeit diese Enttäuschung aus ihrem Blick zu wischen.
„Ich könnte dich hin bringen. Also ich muss das zwar von meiner Mutter genehmigen lassen, aber du hast dein Element schon ganz gut unter Kontrolle. Zudem würde ich dich begleite , und könnte im Notfall eingreifen."
Ihre Augen werden groß.
„Wirklich? Das wäre... würdest du das echt machen? Die Reise dauert doch voll lange und..."
Ich fische das kleine Kreuz aus meiner rechten Hosentasche und halte es vor ihr Gesicht.
„Wir können innerhalb von Sekunden dort sein und auch wieder abreisen."
Sie lächelt, so wunderschön, ehrlich und glücklich wie nur Felicia lächeln kann.
„Ich kann es dir noch nicht versprechen, werde aber alle dafür tuen, dass meine Mutter zustimmt."
„Danke." stößt sie aus und fällt mir um den Hals. Noch bevor ich irgendwie reagieren kann, setzt sie sich wieder aufrecht hin und schaut sich unsicher in der Bibliothek um. Niemand scheint es mitbekommen zuhaben. Alle Schüler sind in ihre Bücher und Aufgaben vertieft und nehmen uns garnicht war.
„Alles gut." sage ich leise.
Wir drehen uns an den Tisch und fangen an durch die Bücher zu blättern. Nach ein paar Stunden und vielen weiteren Büchern, sind wir nicht viel schlauer als vorher. In den Jahrbüchern sind sie auf ein paar Fotos zwar zusehen, mehr aber auch nicht. Die Familien Bücher verlieren kein Wort über die Beiden, als hätte es sie nie gegeben. Irgendwie gruselig, wie einfach man Menschen scheinbar vernichten kann. In einem der Bücher war die Rede von David Decanter. Das seine Mutter Dora Decanter drei Söhne zu Welt gebracht hat, Marcus, Stefan und David. Im Verlauf des Buches ist aber nur noch die Rede von zwei Söhnen und nirgendwo steht was mit dem Dritten passiert ist. Es ist ernüchternd und traurig, das es nicht möglich ist etwas über die beiden heraus zu finden.

Wir räumen alle Bücher zurück in die Regale und verlassen die Bibliothek. Wir haben mittlerweile schon 14 Uhr, weshalb wir gleich in den Speisesaal gehen, um Mittag zu essen. Nach dem ich mir ein Tablett und den gefüllten Teller an der Essensausgabe abgeholt habe, will ich gerade rüber gehen zu Bene, Kester und Elana, als ich Felicia neben mir anhalten sehe. Ich drehe mich zu ihr und sehe ihren verunsicherten Blick. Ihre Freunde sind alle noch nicht hier. Weder Luise und Alica, noch die anderen wie Elira, Nea oder Flora. Ich finde Dave und Noel, welche aber bei Fynn, Mara, Faye, Miko, Travis und Gorden sitzen, mit denen Felicia bisher nicht viel zutun hatte.
„Du kannst dich mit zu uns setzen." biete ich ihr an. Ihr unsicherer Blick wandert zu meinen Freunden, die in irgendein Gespräch vertieft sind.
„Wirklich! Sie werden nichts dagegen haben." sage ich.
„Außer... du willst lieber alleine sitzen."
„Nein." antwortet sie schnell und wir setzen uns in Bewegung.
Ich lasse mich auf den Platz neben Kester fallen und deute dem Jungen neben mir an, platz zu machen, damit Felicia sich dazu setzen kann. Elana begrüßt sie freundlich.
„Hey Felicia, wie gehts dir?"
„Ganz gut." antwortet sie.
Bene grinst uns nur mit seinen schneeweißen Zähnen an und Kester... der schaut mich nur vorwurfsvoll von der Seite an. Ich weiß das er das mit Felicia und mir nicht gut findet. Trotzdem weiß ich auch das er. Ein bester Freund ist und niemals etwas darüber sagen wird. Ich ignoriere diesen Blick einfach und greife nach Messer und Gabel. Das Gespräch was sich dann entwickelt ist entspannt und locker. Die anderen unterhalten sich wie sonst auch über sämtliche Dinge, beziehen Felica immer mit ein, sodass sie sich nicht ausgeschlossen fühlt. Ich merke wie sie sich neben mir auch immer mehr entspannt und auftaut.
Ich kann mir vorstellen wie einschüchternd unsere Gruppe zuerst sein kann.
Benes große Gestalt, mit dieser aufgeschlossenen und ehrlichen Art, mit der er jeden umhüllt. Und dann diese selbstbewusste Haltung, der sturen Art und Hartnäckigkeit.
Kester ist mit seinem Pokerface und ernstem Blick immer erstmal einschüchternd. Wenn er jemanden nicht vertraut ist er abweisend und kalt. Jemand den man erstmal auf seine Seite ziehen muss. Elana macht mir sogar manchmal noch Angst. Sie ist anfangs immer freundlich zu jedem, kann dann aber durch nur einen falschen Satz zur größten Zicke werden. Ich glaube fast jeder der Elana kennt, hat schonmal eine Ansage von ihr bekommen oder zumindest mitbekommen.

Plötzlich berührt mich jemand an meiner Schulter. In den Gesichtern von Elana und Bene gegenüber von mir, sind sie nicht gerade begeistert davon, wer hier meine Schulter berührt.
„Lele, können wir jetzt endlich mal reden." sagt eine zuckersüße Stimme. Och ne... stöhnend drehe ich meinen Kopf.
„Ich esse gerade!" Knurre ich, als ich flüchtig Leilanis Blick Streife.
Sie stöhnt genervt und wedelt dann merkwürdig mit ihrer Hand.
„Man kannst du mal Platz machen!" zickt sie Felicia plötzlich an, welche jetzt völlig verwirrt hoch schaut.
„Leilani kannst du gehen?" sage ich genervt.
„Lele ich will doch einfach nur mal mit dir alles klären."
„Man Leilani verpiss dich endlich! Du nervst hier und niemand hat Bock sich hier mit dir jetzt zu unterhalten." stöhnt Bene plötzlich.
„Wer hat dich denn gefragt Benedikt?" fragt sie eingeschnappt.
„Mich brauch keiner fragen."
Weil sie immer noch keinen Anschein macht zu gehen, melde ich mich wieder zu Wort.
„Seid ihr fertig?" alle Nicken und unsere Gruppe erhebt sich. Wir lassen Leilani verdutzt stehen und bringen unsere Tabletts weg. Ich weiß das mein Verhalten unhöflich und auch ein bisschen kindisch ist, aber bei Leilani kann ich nicht anders. Ich kenne sie schon seit sehr langer Zeit, und weiß mittlerweile einfach wie sie tickt. Ich frage mich immer wieder wie ich zwei Jahre mit ihr zusammen sein konnte. Sie war auch in der Zeit schon extrem zickig und eifersüchtig. Ich hatte Hoffnung das es sich nach der Trennung legen würde, und sie vielleicht jemanden neuen findet. Das ist aber leider nicht passiert. Sie klebt mir immer noch an den Hacken und nervt mich beinahe täglich.
„Gott! Die ist so anstrengend!" stöhnt Bene genervt, während wir fünf den Speisesaal verlassen.
Während die anderen sich noch ein bisschen aufregen, fische ich mein Handy aus der Hosentasche und öffne den Chatverlauf mit meiner Mutter.
Wann hast du Zeit? Ich habe eine dringende Frage. Schreibe ich ihr und stecke das Handy direkt wieder in meine Hosentasche.

Wächter der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt