Leander:
„Hi." sage ich als ich das Büro meiner Mutter betrete.
„Was fällt dir ein? Du kommst ohne Bescheid Zusagen zurück, verschwindest dann sofort, ohne mich zu begrüßen, nimmst dein Handy nicht mit."
Ich zucke nur mit den Schultern.
„Was ist denn los mit dir?"
„Mum! Du und Dad wollten das ich für eine Woche verschwinde. Das habe ich getan. Und jetzt wunderst du dich, das ich dir nicht sofort um den Hals falle wenn ich zurück komme? Es ist doch klar, nach der ganzen scheiße, das ich erstmal die Sachen klären gehe, zudem ihr mir letzte Woche keine Zeit mehr gegeben habt. Zudem bin ich 19 Jahre alt. Ich kann machen was ich will und muss nicht dauerhaft für dich zu erreichen sein!" sage ich scharf.
„Doch musst du. Du bist mein Sohn. Und der Kampfmeister dieser Schule. Ich muss dich immer erreichen können!" widerspricht sie mir.
„Im Notfall machst du doch eh eine Durchsage und spätestens da hätte ich es doch mitbekommen."
„Wer weiß wo du dich rumtreibst, könntest du das vielleicht auch nicht hören."
„Wo ich mich rum treibe? Du hast in jedem scheiß Zimmer diese Lautsprecher angebracht. Ich bin in keinem Zimmer sicher vor diesem Ding." sage ich genervt.
„Du willst sicher davor sein? Du kannst dein Amt als Kampfmeister niederlegen, wenn es dir so wichtig ist deine Ruhe zu haben."
„Nein! Ich habe mir diesen Posten verdient, kenne die Regeln und weiß vor allem was ich für eine Verantwortung habe. Ich habe nur keinen Bock auf diese Dauer Überwachung. Ich wohne im Internat, um meine Ruhe zu haben, und nicht um andauernd dich in meinem Zimmer stehen zu haben. Ich nehme meine Pflichten ernst, möchte aber trotzdem das du meinen Freiraum berücksichtigst. Und auch das du aufhörst meine Freunde nach mir zu schicken."
„Okay." sagt sie leise.
„Ich verstehe."
Ich schaue sie verwirrt an. Das ging jetzt leichter und schneller als gedacht.
„Ich verstehe das du dein Leben führen möchtest. Ich gebe mir Mühe dass du es kannst. Ich war heute nur einfach gestresst. Ich habe nicht damit gerechnet, das du so schnell wieder kommst. Wir dachten du brauchst einfach mal eine Pause von all dem. Und nach deinem Kontrollverlust..." sagt sie.
„Ich brauche keine Pause. Ich habe das alles wieder unter Kontrolle. Das war einfach nur die Situation, die Sachen die du gesagt hast, waren absolut nicht in Ordnung. Und dann habt ihr mich einfach weg geschickt ohne mir die Zeit zu geben, mit bestimmten Leuten zureden. Es gab heute einfach Menschen mit denen ich dringender reden musste."
Als meine Mutter zu einer Antwort ansetzen wird sie von dem Telefon unterbrochen, welches laut anfängt zu klingeln. Sie nimmt sofort ab.
„Direktorin Buchner." sagt sie angespannt. Wenn das Sekretariat einen Anruf hierher durchleitet, ist er meistens wichtig. Ich will gerade aufstehen und den Raum verlassen, da deutet meine Mutter mir sitzen zu bleiben.
„Ja darüber sind wir informiert." sagt sie mit dieser klaren, höflichen Stimme, die sie meistens bei Telefonaten hat. Es ist ihre Direktorinnen stimme, für sie ich sie manchmal bewundere. Sie kann so schnell ernst werden, bei Unterhaltungen immer höflich und ruhig bleiben, und rutscht nie aus ihrer Rolle. Das habe ich ganz sicher nicht von ihr vererbt bekommen.
„Nur wir oder sind noch wenige Truppen aus Italien vor Ort?" höre ich sie wieder sagen und sie nickt konzentriert. Ich würde gerade gerne wissen wer das an der anderen Seite des Telefons ist und vor allem was er will.
„Aber natürlich. Ich werde alles in Gang setzen und wir sollten in spätestens einer Stunde vor Ort sein." sie legt auf.
„Wer war das?" frage ich sofort.
„Der Vertreter der Kampfstation in Turin. In einem naheliegender Naturschutzgebiet ist ein Waldbrand ausgebrochen, die Menschen haben ihn bisher nicht bemerkt, weil es ziemlich viel unbewachter Wald ist. Die italienischen Truppen sind im Langzeiteinsatz in Australien und können dort derzeit nicht weg. Die wenigen Truppen die vor Ort sind, sind zu schwach und daher werden wir das übernehmen. Die Truppe aus unserer Kampfstation ist schon vor Ort und wir kommen auch noch dazu." erklärt meine Mutter mir.
„Notfall oder können sie erst noch fertig essen?" frage ich und spüre schon das aufgeregte Kribbeln, welches immer durch meinen Körper schießt bevor ich auf einen Einsatz darf.
„Kein Notfall die Wächter vor Ort haben es schon einigermaßen im Griff, für uns ist es aber eine gute Übung und ich möchte einige mitnehmen, die nicht so oft mitkommen."
„Wen soll ich informieren?" frage ich und bin schon bereit mir alle aufzuschreiben.
„Beide Schönbergs, Benedikt, Nea Morgan, Leilani Carter..." fängt sie an aufzuzählen.
„Wasserwächter, die Giordanos, Damian Santoro, Fabio Bellini, Juna Watson und Fine Krüger. Bei den Wächtern der Erde würde ich Flora Cooper, Maja Nowak, Julien Brown, Travis Johnson und noch Luca Brever und Elira Plane mit nehmen. Die beiden sollen sich mit den geschädigten Pflanzen beschäftigen." erklärt sie und ich notiere mir die ganzen Namen.
„Und aus Feuer?"
„Alica Kemper, Luise Steinberg, Faye Crawford, Miko West, Dave Brooks und Noel Perry." sie zählt noch viele weitere Feuerwächter auf, dessen Namen ich mir auch alle notiere. Einer fehlt mir aber.
„Ich möchte Felicia mit nehmen."
Meine Mutter schaut mich verwundert an.
„Mum sie ist stark und gut. Was gibt es denn für einen passenderen Einsatz als diesen hier. Wir sind mit genügend Leuten vor Ort, sodass ich sie einweisen kann."
„Du bist der Kampfmeister, wenn du meinst es ist eine gute Idee, dann mach es. Sonst noch irgendwelche Ideen?"
Ich schüttle mit dem Kopf. Meine Mutter kennt die Schüler und trifft mit ihrer Auswahl der Schüler, welche mit sollen, meistens genau die richtigen. Es wird heute eine gute Mischung aus sehr erfahrenden Wächtern und einigen, für die es noch nicht viele Einsätze gab. Und Felicia, für die ist es der erste Einsatz.
„Ich Klingel alle an. In 20 Minuten auf der Wiese." ich stehe auf und verlasse mit zügigen Tempo das Schulgebäude.
Ich laufe geradewegs in den Speisesaal und bleibe dort kurz stehen. Ich öffne die App auf unserem Handy, welche nur für uns Wächter programmiert wurde. Hierüber kann ich alle gleichzeitig anklingeln, und somit informieren, wer mit kommt zum Einsatz und wann sie wo sein müssen. Ich wähle alle vorhin genannten Schüler aus und drücke auf den Benachrichtigungsbutton. Einige Klingeltöne erscheinen im Stimmengewirr des Speisesaals. Ein paar Schüler erheben sich sofort und bringen ihre Teller weg. Ich bewege mich zum Tisch, an dem Felicia gemeinsam mit ihren Freunden sitzt.
„Wir sind schon auf dem Weg." sagt Flora und springt aufgeregt von ihrem Platz auf.
„Kein Stress!" sage ich und wende mich an Felicia, welche seelenruhig sitzen bleibt.
„Ich will dich auch mitnehmen!"
Ihre Augen werden groß.
„Mich?"
„Ja wen denn sonst?"
„Das wird so toll."
„Wie cool ist das denn?"
„Das packst du!" höre ich Felicias Freunde sagen.
„Es ist ein entspannter Einsatz. Ich bleib bei dir, zeige dir alles und du kannst dich an die Atmosphäre und den Ablauf gewöhnen." sage ich ruhig. Ich merke wie angespannt sie ist, und hoffe, dass ich ihr diese Anspannung irgendwie nehmen kann.
„Hast du schon Einsatzkleidung anprobiert?" frage ich sie, während ich neben ihr zur Geschirrrückgabe laufe. Sie nickt mit dem Kopf.
„Super! Du ziehst gleich die Einsatzkleidung an und kommst mit Luise und Alica zur Wiese." erkläre ich.
„Wartet ihr auf sie?" wende ich mich an Luise und Alica, welche eifrig Nicken.Oben an den Flügeltüren trennen sich unsere Wege. Die Mädchen gehen in den Südflügel und ich in den Ostflügel. Ich ziehe Hose, Schuhe, Shirt und Pullover aus dem Schrank, ziehe mich in kurzer Zeit um und verlasse wieder mein Zimmer. In den Fluren herrscht eine aufgeladene Stimmung. Schüler laufen von hier nach da, besprechen sich und knallen mit den Türen. Ich laufe die Treppen hinunter, raus aus dem Gebäude und Richtung Wiese, auf der sich schon einige Schüler versammelt haben. Während hier sonst einige Schülergruppen auf der Wiese sitzen, Spiele spielen oder einfach nur quatschten, stehen jetzt schon ungefähr 30 Schüler geordnet in Linien bereit. Einige Schüler stehen an den Fassaden des Schulgebäudes und beobachten uns. Vor allem für die jungen Schüler ist es immer wieder spannend zu beobachten, wie wir uns ordnen, besprechen und abreisen.
Heute nehmen wir 70 Schüler mit zum Einsatz. Es gibt deutlich größere Einsätze, bei denen wir auch schon mit 300 Schülern los sind, dass geschieht aber nicht oft. Heute sind viele dabei, die nicht zur regulären Einsatzgruppe gehören, weshalb es nicht ganz so geordnet und routiniert wie sonst abläuft. Ich bin trotzdem immer ein bisschen aufgeregt, wenn ich sehe wie sich meine Mitschüler sich in ihren schwarzen Einsatzklamotten vor mir ordnen. Immer mehr Schüler kommen und ich entdecke auch Felicia die gemeinsam mit Alica und Luise in der zweiten Reihe bei den Feuerwächtern steht.
Ich warte noch bis alle 70 Schüler hier sind, bis ich Anweisungen gebe.
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Wächter der Elemente
Teen FictionFelicia musste in ihrem Leben von Pflegefamilie zu Pflegefamilie wandern. Nirgendwo hatte sie ein richtiges Zuhause und nirgendwo hat sie sich wohl gefühlt. An ihrem 18. Geburtstag sollte sich alles änder. Ein Fremder nimmt sie mit in eine andere W...