do you understand why i did it?

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Rafe betrat das Arbeitszimmer seines Vaters. Ward war noch nicht dort, er hatte ihn unten mit Rose reden hören.

Er schloss leise die massive Holztür hinter sich und schaute sich in dem Raum um. Er war halbdunkel, erleuchtet durch die Lampe auf Wards Schreibtisch. Zögernd ließ sich Rafe auf der braunen Ledercouch nieder und lehnte sich an das weiche Polster.

Das Gespräch mit Evelyn hatte ihn aufgewühlt. Als wäre er nicht ohnehin schon unter Strom gestanden. Er verstand nicht wieso sie hier war, wieso sie freiwillig in das Auto gestiegen war auf dem Flugplatz. Er verstand es zwar nicht, aber er war unglaublich froh darüber. Auch wenn er das Gefühl hatte dass sie ihn hasste, wollte er sie um sich haben. Sein Kopf war voll mit tausend anderen Dingen, aber irgendwo tauchte immer wieder Evelyn darin auf und half ihm zurück auf den Boden der Tatsachen zu kommen. Rafe wusste nicht wie sie es machte, aber Evelyn hatte eine Macht über ihn, die er mit keinem anderen Gefühl dass er jemals gefühlt hatte beschreiben konnte.
Es war nicht wie mit seinem Vater, geprägt von Angst und dem verzweifelten Kampf nach Anerkennung. Es war anders. Evelyn gab ihm das Gefühl durchatmen zu können, wie er es sonst nur kannte wenn er komplett alleine war, weit weg von Allen. In den kurzen, intimen Momenten die sie zusammen verbrachten fühlte sich Rafe geborgen, er fühlte sich verstanden.
Evelyn hatte ihn nicht verurteilt als er vor ihr zusammengebrochen war, sie hatte ihn gehalten und war einfach da. Sie war da und hörte ihn an. Rafe stellte sich vor zwischen ihm und Evelyn würde ein unsichtbares Band liegen.
Ewige Verbundenheit oder so ein' Scheiß.

Er wünschte, er hätte die Möglichkeit gehabt ihr zu sagen wie er fühlte bevor er sein und wahrscheinlich auch ihr Leben zerstört hatte. Aber er hatte die Möglichkeit gehabt, wenn nicht sogar tausende Möglichkeiten. Rafe hatte sie nicht genutzt, er hatte sich gegen seine Gefühle gewehrt und versucht sie in Alkohol und Drogen zu ersticken. Es schien immer etwas Wichtiger zu sein als Evelyn, sei es Ward, das Gold oder sogar sein Koks.

Rafe schlug verzweifelt seine Hände über seinem Kopf zusammen. „Idiot", murmelte er und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Dann lehnte er sich nach vorne, die Strähnen, die er sich gerade aus der Stirn geschoben hatte fielen wieder in sein Gesicht, aber das war egal.

Ward öffnete langsam die Tür und trat in den Raum. Er blieb am Ende des Raumes stehen und musterte seinen Sohn mit einem fast bedauernden Blick. Rafe sah seinen Vater erwartungsvoll an.

„Hat sie, uhm, hat sie überlebt?", fragte Rafe, obwohl er sich eigentlich schon fast sicher war, was die Antwort sein würde.

Ward schüttelte kaum erkennbar seinen Kopf und nahm seinen Blick nicht von Rafe.
„Nein?"
„Nein, sie hat nicht überlebt."

Rafe schnappte kaum hörbar nach Luft und lehnte sich wieder zurück. Er wusste nicht was er fühlte. Schließlich hatte er es sich schon gedacht, aber jetzt hatte er es schwarz auf weiß: Rafe hatte jemanden umgebracht. Über Leben und Tod entschieden. Er hatte mit einer Sekunde, mit einer winzigen Handlung ein komplettes Leben ausgelöscht. Einfach so. Weg.

Seine Lippen waren leicht geöffnet und er starrte auf den gläsernen Couchtisch vor sich, während er versuchte die Information zu verarbeiten.

Mord. Mord war so ein hartes Wort und Rafe war sich nicht sicher ob er seine Tat damit beschreiben konnte. Es war kein Mord, es war Macht und Kontrolle, Dinge zu denen Rafe schon lange keinen Zugriff mehr hatte. Tausend Volt durchflossen seine Adern, er wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte, ob er Reue oder Erleichterung spürte. Die Emotionen schienen zu verschwimmen, bis man überhaupt keinen Unterschied mehr erkennen konnte.

Ein leises Lachen entkam seinen Lippen und Rafe versuchte sich mit seiner Hand wieder seine Haare aus dem Gesicht zu bewegen. „Okay... Okay", flüsterte er und legte seinen Arm auf die Lehne der Couch. Nervös beobachtete er seinen Vater, der sich mit beiden Händen auf der Lehne eines Sessels gegenüber der Couch abstützte. Ward sah ihn nicht an, jedes Mal wenn Rafe seinen Blick suchte mied er ihn und das frustrierte ihn.
„Was hast du den Cops erzählt?", fragte er aufgeregt. „Kommen sie hier her?"

𝗴𝗼𝗹𝗱𝗲𝗻 // rafe cameron (ger)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt