nowhere to run

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Rafe's Augen wanderten langsam von denen seines Vaters zurück zu Evelyn. Ihre Lippen zitterten und Tränen flossen an den Seiten ihres Gesichts herunter. Das Blut, welches aus Rafe's Nase auf sie herunter tröpfelte, malte rote Linien auf ihre Wangen.

"Geh' von ihr runter, Rafe", sagte Ward in einem ruhigen Ton.

Sein Sohn sah erneut zu ihm auf, Rafe schluckte und seine Augen waren glasig. Die Wut, die er vorher in sich hatte war wie ausgelöscht. Ein leichtes Kopfschütteln von Ward reichte aus und Rafe ließ sich vorsichtig neben Evelyn auf den Boden sinken, seine Beine leicht angewinkelt.

Evelyn traute sich kaum sich zu bewegen, ihre Hände ruhten neben ihrem Körper, wo Rafe sie Sekunden zuvor mit seinen Knien auf das Laminat gepresst hatte. Wie erstarrt war ihr Blick auf die Decke gerichtet, die Angst sich umzusehen viel zu groß.

"Steh auf"

Wards Stimme war ganz weit weg, wie durch eine Wand, übertönt durch Evelyns eigenen Herzschlag.

Sie bewegte sich nicht, bis sie kurze Zeit später schwere Schritte vernahm die sich ihr näherten. Im nächsten Moment hatte Ward sie unter ihren Armen auf die Beine gezogen. Mit Knien die sich wie Wackelpudding anfühlten stand sie nun neben Rafe's Vater und rieb sich ihre schmerzenden Handgelenke.

Rafe drückte sich seinen Handballen auf seine noch immer tropfende Nase und hatte seinen Kopf leicht in den Nacken gelegt. Er blickte langsam zu Evelyn auf, welche seinen Blick nur zögernd erwiderte.

"Ich kann das erklären", murmelte er und sah Ward an, der seinen Kopf nur erneut schüttelte und seinen Sohn kühl betrachtete, seine Hand immer noch um Evelyns Oberarm gelegt.

"Das kannst du bestimmt, aber ich will's nicht hören, Sohn. Evelyn schläft heute Nacht im Gästezimmer.", erklärte Ward in dem selben ruhigen Ton und zog die Brünette bestimmt einen Schritt Richtung Tür.

Evelyn war unglaublich erleichtert dass Ward aufgetaucht war und sie vor Rafe's Zorn gerettet hatte. Wäre er nur einen Moment später in das Zimmer gekommen, hätte sie wahrscheinlich nun eine blutige Nase, so wie Rafe.

Anfangs dachte Evelyn, sie könnte sich besonders fühlen wenn Rafe sie mochte, sie liebte. Wie eine Löwenbändigerin, die das Monster zähmen konnte und es bei ihr zu einer harmlosen Hauskatze wurde. Aber so war es nicht, Rafe wurde bei ihr nicht vorsichtiger, oder sanfter. Rafe war keine Hauskatze und auch kein Löwe. Er war schlimmer, denn im Gegensatz zu der Gefahr eines Raubtiers war er nicht vorhersehbar, man wusste nicht wann es kommt oder ob es überhaupt kommt. Aber wenn es kam, wenn Rafe wütend wurde, dann konnte man nur noch beten.

Evelyn und Rafe blickten sich für einen Moment schweigend an, bevor Ward sie endgültig aus dem Zimmer zog und die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zustieß. Stolpernd versuchte Evelyn bei seinen langen Schritten mitzuhalten.

Das Gästezimmer war im Erdgeschoss. Dort angekommen ließ sie sich auf das frisch bezogene Bett sinken und starrte fast eingeschüchtert auf den Boden vor sich. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Sie hätte Rafe nicht provozieren dürfen, sie hätte ihm nicht widersprechen sollen oder gar ihre Meinung ausdrücken.

Ihr Verstand sagte ihr dass das Bullshit sei, dass es nicht ihre Schuld war dass Rafe die Fassung verloren hatte aber trotzdem wurde sie das Gefühl einfach nicht los.

Sie hob vorsichtig ihren Blick um Ward anzusehen, welcher ihr nur stumm ein Taschentuch für ihre Tränen reichte.

"Was ist passiert?", fragte er. Seine Arme, die er vorher vor der Brust verschränkt hatte hingen nun locker an seinem Körper herunter.

𝗴𝗼𝗹𝗱𝗲𝗻 // rafe cameron (ger)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt