Kapitel 16

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Meruna hatte sich in Erryks leeren Sattel geschwungen. Er war anders, als ihr eigener, dünner, und er saß direkt vor Silvias Schultern. Als der Drache mit Nox in den Krallen ( sie hatte nur sehr wiederwillig zugestimmt, ihn zu tragen ) abhob, spürte Meruna, dass nicht nur der Sattel, sondern auch der Drache komplett anders war. Silvias Flügelschläge waren sanfter und gleichmäßiger, nicht so kräftig wie Scathans, aber trotzdem kamen sie sehr zügig voran. Silvia drehte immer wieder suchend ihren Kopf und hielt nach dem dunklen Drachen, Erryk und Ihrea Ausschau.

Sie segelte gerade aus einer Wolke hinaus, wegen der ihre Schuppen jetzt von schillernden Wassertropfen bedeckt waren, als etwas volle Kanne in ihr Gesicht klatschte. Erschrocken legte sie einen Flügel an und geriet ins Trudeln. Der Wald kam immer näher, bis es Silvia endlich gelang, das Gleichgewicht wiederzufinden. Das Federbündel klebte nach wie vor auf ihrer Nase. Meruna beugte sich weit im Sattel vor und pflückte es herunter. Ihrea kreischte empört vor sich hin, als Meruna ihr beruhigend über den zerzausten Rücken strich. " Na meine Kleine? Alles ist gut. Wo kommst du denn jetzt her und wo sind Erryk und Scathan?" Ihrea hüpfte auf Merunas Schulter und von da aus in die Luft. Die Eldra packte den Griff am Sattel fester, als Silvia schneller mit den Flügeln schlug, um dem Wüstenbussard zu folgen.

Schließlich blieb Ihrea in der Luft stehen und starrte auf den Boden. Silvia schien das Signal zu verstehen und klappte die Flügel zusammen, um in den Sturzflug über zu gehen. Sie rauschten durchs dichte Blätterdach und landeten schließlich neben einigen großen Felsen auf einer Lichtung. Meruna sprang aus dem Sattel und zog ihr Schwert. Man konnte ja nie wissen... Auf dem Boden lagen einige Äste, als wäre etwas aus einem Baum gefallen. Plötzlich bemerkte Meruna etwas silbriges. Sie lief näher heran und erkannte Erryks Schwert, mit der breiten Klinge und der verzierten Parierstange. Entsetzt hob sie es auf und rief Silvia. Der silberne Drache kam sofort, stoppte aber abrupt, als auch sie die Waffe erkannte. Beide wussten, was das bedeutete. Erryk würde niemals sein geliebtes Schwert im Wald liegen lassen, also musste er gefangen genommen worden sein. Oder er war tot. " Los, wir müssen doch irgendwo Hinweise finden, ob er noch lebt. Silvia und ich suchen. Nox, du hältst Wache, falls die Angreifer zurück kommen.", befahl Meruna. Keiner widersprach.


Doch das Einzige, was sie fanden, waren schimmernde, schwarze Federn, die eindeutig von Ceteriflügeln stammten. "Das hilft uns nicht weiter..." Enttäuscht lehnte Meruna sich gegen einen Baumstamm und sank daran zu Boden. Silvia fauchte und riss mit ihren Krallen frustriert große Löcher in den Moosteppich des Waldbodens. Schließlich durchbrach Nox die Stille. " Dann wissen wir ja, wer es war. Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage, dass es keine andere Möglichkeit gibt, die beiden zu retten, ohne direkt in die Ceterifestung zu marschieren. Nur wird das alles andere als einfach. Aber ein Gutes hat es: ihr könnt sofort schon eure Mission ausführen." " Das ist nicht hilfreich! Wir brauchen einen Plan!", fuhr Meruna ihn an und bekam ein ungehaltenes Knurren als Antwort.

Plötzlich mischte Silvia sich ein. Ihre Stimme war getränkt von Trauer, doch in ihren Augen strahlte die Entschlossenheit umso heller. " Vielleicht stimmt das nicht. Vielleicht brauchen wir gar keinen Plan. Manchmal ist kein Plan der beste Plan und wir vertrödeln nur unnötig Zeit damit. Ich bin dafür, dass wir zur Ceterifestung fliegen, und zwar sofort." Nachdenklich betrachtete Meruna sie. Konnte es sein, dass Silvia Recht hatte? Benötigten sie vielleicht gar keinen Plan, da sowieso nichts genau geplant werden konnte? Fakt war, dass sie wertvolle Zeit verloren, in der die Ceteri wer weiß was mit Erryk und Scathan machen konnten. Das mussten sie verhindern! " Okay, lasst uns keine Zeit verlieren! Da können wir diese dreckigen Federhaufen vielleicht noch vor ihrer Festung aufhalten." Silvia nickte ernst und duckte sich. Die Eldra kletterte auf ihren Rücken, der Drachen schloss die Vorderklauen um Nox's Bauch und sprang in die Luft. Sie jagte hinauf in den grellen Himmel, neben ihr der Wüstenbussard.


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