Braden
Das war genau der Grund weshalb ich nie eine Beziehung wollte. Eine Beziehung hieß offen zu sein, es hieß Dinge über sich preisgeben die niemand sonst wusste. Eine Beziehung beruht auf Vertrauen. Aber ich konnte mir ja selbst nicht einmal vertrauen. Ich hasste mich und meine Probleme, also wie sollten andere Menschen das dann nicht tun?Ich würde nie über meine dunkelste Zeit meines Lebens mit jemandem sprechen außer Zach. Sobald ich die Worte aussprechen würde, wäre es Realität. Jetzt konnte ich es noch verdrängen, konnte so tun als ob es nicht passiert ist. Sobald es jemand wusste hatte ich es wirklich getan. Zach hat es auch eher unfreiwillig mitbekommen. Ich bin nicht zu ihm gelaufen am nächsten Tag und habe ihm erzählt was ich getan habe. Stattdessen war ich so betrunken das ich nicht mehr gerade laufen konnte und nachdem wir uns geprügelt haben, hat er es aus mir rausbekommen.
Ich wollte früher immer eine Freundin, habe mich einsam gefühlt. Aber seitdem mein Vater gestorben ist, wusste ich, dass ich nie wieder jemanden an mich ranlassen konnte. Ich wusste nicht wieso es anders mit Lizzy gewesen ist, wieso ich dachte das ich vielleicht doch eine Chance hatte. Es war völlig naiv und dumm.
Aber sobald jemand das Thema mit meinem Dad ansprach machte ich dicht. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, hatte das Gefühl ich war betrunken, nur von diesem einen Gefühl der Wut geleitet. Alle anderen Emotionen waren nicht vorhanden, völlig ausgeblendet. Mein ganzer Körper füllte sich mit dieser Wut und ich konnte mich nicht mehr kontrollieren. Ich wusste, ich hätte Lizzy nie mehr weh getan. Ich hätte sie nie ernsthaft geschlagen, so viel Kontrolle hatte ich noch. Dennoch war das was ich gemacht habe genug.
Und ich habe es schon so oft an mir selbst erlebt. Das erste Mal war es an meiner Mutter. Ich hatte solche Schuldgefühle, konnte Nächte nicht schlafen. Meine Mutter zu verletzen war fast schlimmer als der Tod meines Dads an sich.
Damals hatte ich keine Ahnung wie ich damit umgehen sollte. Also habe ich mich jedes Mal von dem Thema Dad fern gehalten. Es hat bis heute eigentlich auch immer geklappt.
Es ging mir nicht einmal darum, dass Lizzy mich auf meinen Dad angesprochen hat. Es war das sie mir diese dämliche Geschichte mit ihrer Oma erzählt hat. Wie traurig sie war. Es hat mich daran erinnert wie traurig meine Mom war. Ich liebe meine Mom und sie so zu sehen hat mich mehr verletzt als alles andere.
Das war das was mich am meisten fertig gemacht hat. Und selbst heute hat sie nicht das gleiche Strahlen im Gesicht wie früher.
Ich glaube genau deswegen habe ich ihr nie gesagt was er hinter ihrem Rücken gemacht hat. Dass er gar nicht der Mann war für den er sich ausgab. Damit sie nicht dieses Lachen verliert.
Ich lief noch schneller, als ob ich so irgendwie meinen Problemen entkommen würde. Ich merkte wie meine Lunge nachgab, wie ich einfach nur nach Luft schnappen wollte, aber ich zwang mich selbst dazu das Tempo zu behalten, vielleicht sogar noch ein bisschen schneller zu laufen.
Meine Lunge schmerzte wie verrückt, aber ich lief einfach weiter, beachtete sie genauso wenig wie meine Gedanken. Meine Sicht immer mehr benebelt. Aber all das blendete ich völlig aus.
Stattdessen konzentrierte ich mich auf den kleinen Waldweg vor mir, den ich schon etliche Male gelaufen bin, aber nie in diesem Tempo.
Es dauerte nicht lange bis ich schließlich zuhause war. Alles drehte sich und mir war schlecht.
...
„Hallo", begrüßte mich Lizzy nachdem ich die Tür öffnete. „Ich wollte nur meine Kleidung abholen und dir sagen." Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war deutlich verletzt. „Du solltest in Therapie gehen", flüsterte sie ernstgemeint.
Wie oft ich schon gehört habe, dass ich zu einem Therapeuten gehen soll. Aber das heißt immer reden und das kann ich nicht. Wenn ich mit meinem Therapeuten reden würde, müsste ich ihn belügen. Ich denke nicht das, dass den Zweck erfüllen würde.
„Genau deswegen werden wir beide uns nicht mehr treffen", entgegnete ich bestimmt. Ich wusste schon die ganze Zeit was das richtige wäre für uns aber ich habe trotzdem die ganze Zeit weitergemacht.
Lizzy stoppte in ihrer Bewegung nur um mich mit diesen großen Augen anzugucken. Sie sah so verletzt aus. Ich konnte sie kaum so sehen. Ich erwiderte ihren Blick mit Aufrichtigkeit und verschränkte die Arme vor der Brust. Das war wirklich der erste vernünftige Schritt den ich gemacht habe.
Warum fühlt es sich dann trotzdem so falsch an?
„Ist das dein ernst? Du läufst wieder weg vor dem was die Angst macht?"
„Nein, das tue ich eben nicht."
„Aber-"
„Lizzy, was hätten wir gemacht? Ich sollte dir einen Gefallen tun, dich entjungfern, aber denkst du wirklich, dass es dir hilft wenn ich dich flachlege und danach verlasse sowie Ezra?„
Mir war der Gefallen eigentlich egal. Das zwischen uns war etwas anderes. Aber schließlich war das die ganze Zeit der Deal. Ich empfand mittlerweile anders und ich denke das tat Lizzy auch. Aber sie musste verstehen das, dass einfach nicht funktionieren würde.
„Ich war für dich da, als es keiner war. Aber du solltest dein Leben erst einmal so auf die Reihe bekommen und dich von mir fernhaften... Ich bin mir sicher jemand anderes wird dir den Gefallen erfüllen", bestätigte ich erneut und brach sie damit noch mehr.
Sie sah mich mit diesen traurigen Augen an und ich wusste, dass ich mir das nie selbst verzeihen könnte. „Du weißt das es nicht geklappt hätte", wiederholte ich.
Auch wenn ich das was ich tat hasste, wenigstens war es nicht zu spät.
„Okay", erwiderte sie emotionslos. „Ich habe wirklich meine Zeit mit dir verschwendet", sagte sie leise und eher zu sich selbst.
Lizzy lief an mir vorbei und nach oben. Ich blieb weiter vor der Treppe stehen und starrte auf den Boden.
Das zweite Mal verletzte ich eine Person die ich wirklich mochte. Damit verletzte ich nicht nur sie sondern auch mich selbst. Mir ist gerade nicht bewusst gewesen wie abhängig ich von ihr geworden bin.
Als ich sie gestern so ausgerastet bin, habe ich mich selbst dafür gehasst. Ich habe es gehasst diese Person zu sein. So feige und schwach. Aber ich dachte nicht das es noch einmal passieren würde.
Ich habe mich von Zach trösten lassen als wäre ich ein kleines Kind. Ich war nicht bereit sie nach dem wir im Club waren wiederzusehen. Aber ich denke sie war ab diesem Punkt genauso abhängig wie ich. Sie hat mir sofort verziehen und es hat mich so glücklich gemacht. Aber ich hätte das gar nicht annehmen sollen. Sie hätte mir auf keinen Fall verzeihen dürfen.
Es schockierte mich selbst das ich daraufhin noch einmal so ausgerastet bin. Ich wollte eigentlich wieder alles gut machen, mich entschuldigen und vielleicht sogar mich selbst erklären. Ich hätte Lizzy Dinge erzählt die ich noch nie jemandem zuvor erzählt habe.
Aber nein, ich musste alles verschlechtern.
Ich sah Lizzy mit einem Arm voll Kleidung die Treppe wieder runtergehen. Sie meidete meinem Blick. Sie hasste mich. Genauso wie Ezra. Warum musste ich bloß so weit mit ihr gehen?
Sie ging an mir vorbei ohne etwas zu sagen und machte mit dem Ellenbogen die Tür auf.
Ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen verschwand sie und ließ mich zurück.
Das war's also. Lizzy und ich waren Geschichte.
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reckless passion
RomanceLizzy Ich habe es satt mich von anderen herumschubsen zu lassen. Ich habe es satt meinem Freund gefallen zu wollen. Ich habe es satt so zu tuen als würde alles okay sein und meine Familie mir nicht meine letzten Nerven rauben würde. Braden Sie ist...