Die geschenkte Zeit - Epilog

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Ihr Süßen,

pünktlich zum morgigen Start von "Da und Fort" auf dem Kanal von ReadingBookChannel in YouTube, habe ich es geschafft und die Geschichte endlich fertig gestellt.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Epilog wohl ein paar Fragen aufwirft und bestimmt für den einen oder anderen von euch nicht komplett befriedigend sein wird. An dieser Stelle will ich jedoch gerne anmerken, dass ich ursprünglich ein komplett anderes Ende für die Geschichte im Sinn gehabt habe. Ich war mir ziemlich sicher, als ich das erste Kapitel verfasst habe, dass ich die beiden am Schluss trennen werde. Endlich einmal in meinem Leben ein Sad-End schreiben... Aber wie das mit Geschichten so ist, die Entwickeln ihr Eigenleben irgendwann.

Und wenn ihr beim Epilog so einen kleinen "WTF-Moment" habt, dann freut mich das natürlich trotzdem.

Wie dem auch sei, ich danke euch tausendmal, dass ihr hier bis zum Schluss die Stellung gehalten habt.

Im Juni geht die nächste Story an den Start. Vielleicht lesen wir uns dann wieder. Ich würde mich sehr freuen. :)

Alles Liebe,
eure Vanni



Kapitel 23 - Epilog - Die geschenkte Zeit


32 Jahre später - 30. April 1998

»Ihr Lieben! Wie schön, dass ihr es wieder einmal hierher geschafft habt. Das Wandern bekommt euch offensichtlich gut!«, werden wir von Fiona's Nichte Debbie begrüßt, die nach deren Tod vor etwa einem Jahrzehnt das kleine Bed & Breakfast übernommen hat und ich verdrehe innerlich die Augen und überlasse wie immer Hermine das Reden.

Es ist schon seltsam, zu wissen, dass es heute vermutlich das letzte Mal ist, dass wir hier nächtigen und ich müsste lügen, würde ich sagen, dass ich nicht ein klein wenig wehmütig bin. Es ist zwischenzeitlich so etwas wie eine Art Ritual geworden, dass wir alle zwei bis drei Jahre hierher zurückkommen und auch, wenn ich gerne mal den Miesepeter spiele, hat mir diese Tatsache bisher immer gut gefallen.

»Wir lieben den Frühling, um wandern zu gehen. Es sind einfach viel weniger Touristen unterwegs und es gibt auch noch nicht so viele Mücken«, lacht meine Begleitung nun und ich lege meine Hand um ihre Hüfte, um sie ein wenig an mich zu ziehen.

»Das stimmt! Allerdings kann man sich nicht sicher sein, was das Wetter betrifft. Die nächsten Tage soll es aber wohl ganz gut bleiben«, plappert Debbie weiter und ich gehe dazu über, Löcher in die Luft zu starren und ignoriere die weitere Unterhaltung.
Es hat sich nicht wirklich viel geändert hier in den letzten Jahrzehnten. Es hängen immer noch die gleichen, scheusslichen Landschaftsbilder an den Wänden, jedoch wurde zwischendurch einmal renoviert und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Bilder selbst einmal ausgetauscht wurden. Die hässliche Blumenentapete in unserem Zimmer, welches wir nach wie vor jedes Mal beziehen, wurde ebenfalls ersetzt durch eine andere, scheußlich florale Wandbemalung und Debbie hat irgendwann mal das Mobiliar ausgetauscht, was meiner Meinung nach auch allerhöchste Zeit war. Trotzdem hat das kleine B&B nichts von seinem ursprünglichen Charme eingebüßt. Vielleicht liegt es auch einfach nur daran, dass es zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden ist. So genau kann ich das nicht sagen.

Hermine und Debbie sind zwischenzeitlich fertig mit ihrem Smalltalk und nur kurze Zeit später stehen wir in unserem Zimmer und ich bin gerade dabei meine Jacke auszuziehen, als sie ihren Zauberstab zückt und den Verwirrungszauber von uns nehmen will, den sie vorher noch gewirkt hat.

»Warte«, meine ich schnell und durchquere den Raum, um einen kurzen Blick in den Badezimmerspiegel zu werfen und noch im selben Moment, in dem ich mein fünfzig Jahre altes Ich erblicke, muss ich schallend auflachen, denn eine beinahe detailgenaue Kopie eines etwas betagten Lucius Malfoy mit jedoch weitaus kürzeren Haaren blickt mir stirnrunzelnd entgegen. »Ist das eigentlich immer dein Ernst? Glaubst du wirklich, dass ich später einmal wie mein Vater aussehe?«, frage ich Hermine, die soeben im Türrahmen des Badezimmers erschienen ist und die wieder eindeutig neunzehn Jahre jung aussieht.

»Das fragst du mich jedes Mal und jedes Mal bekommst du die gleiche Antwort.«

»Jaja, Malfoy Gene und Dominanz und so weiter. Meinetwegen. Ich glaube ja einfach nur, dass du Lucius zwischenzeitlich attraktiver findest als einen 18 jährigen Kerl und du mich deshalb immer wieder in ihn verwandelst«, ziehe ich sie auf und sie kommt in einer geschmeidigen Bewegung auf mich zu und legt mir ihre Hände auf die Brust.

»Jetzt hast du mich letzten Endes doch noch durchschaut, Draco. Meine 50 jährige Seele lechzt nach älteren Männern. Vielleicht sollten wir den Verwirrungszauber einfach dieses Mal nicht so schnell rückgängig machen.« Sie schenkt mir grinsend einen koketten Augenaufschlag und ich knurre kurz auf, umfasse ihren zierlichen Körper und presse meine Lippen hart auf ihre. Sie lässt einen spitzen Schrei verlauten, als ich sie anhebe, zurück ins Zimmer trage und mich der Länge nach mit ihr auf das Bett fallen lasse.

»Jetzt sind wir über drei Jahrzehnte hier und erst heute erzählst du mir von deinen seltsamen Neigungen? Ich bin bestürzt«, raune ich ihr entgegen und nehme ihren Hals in Beschlag.

»Halt«, keucht sie abgehakt und schiebt mich von sich, während sie in ihre hintere Hosentasche greift um ihren Zauberstab zu ziehen und ihn mir ins Gesicht zu halten. Nur wenige Sekunden später spüre ich das vertraute Kribbeln, dass sich durch meinen Körper zieht, während ich mich wieder in mich selbst verwandle. »So ist es besser«, sagt sie dann, legt ihren Stab zur Seite und zieht mich an meinem Pullover wieder zu sich.

»Ernsthaft, du bist ganz schön langweilig, Granger.«

»Halt den Mund.«

***

»Bist du dir immer noch sicher?«, will sie eine ganze Weile später von mir wissen, während ihre Hand kleine Kreise auf meinem nackten Brustkorb zieht und ich erwische mich dabei, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen legt. Die vergangenen Jahre, oder besser gesagt Jahrzehnte, kam die Frage schon mehrmals auf. Es ist nicht das erste Mal, dass wir zurückgehen wollen, doch irgendetwas sagt mir, dass wir es heute auch tatsächlich durchziehen werden.

»Ja, immerhin können wir Potter nicht nochmal plausibel erklären, wieso wir die Schutzzauber erneuern müssen. Irgendwann wird er einfach mitkommen wollen und ich denke, dass wir unser Glück nun lange genug ausgereizt haben«, antworte ich ihr nachdenklich und meine Gedanken schweifen zu dem Fakt, dass wir tatsächlich unverschämtes Glück hatten. Mit allem. Dass aus den zwei Wochen zu Beginn zehn Jahre wurden und aus den zehn Jahren dann tatsächlich über dreißig, damit hätten wohl weder Hermine noch ich gerechnet. Genau betrachtet sind zehn Jahre aber eine lächerlich kurze Zeitspanne, wenn man sie mit jemandem wie Hermine Granger verbringt.

»An was denkst du?«, will sie wissen und ich hauche ihr einen Kuss in die Haare.

»Dass die drei Jahrzehnte jetzt irgendwie doch wirklich schnell vorbei gingen.«

»Ja...«, sagt sie und wir schweigen eine Weile gemeinsam, ehe sie die angenehme Stille erneut unterbricht. »Findest du, wir haben sie gut genutzt? Manchmal glaube ich, wir hätten mehr Zauberei studieren sollen. Ich meine... haben wir genug getan, um eine realistische Chance zu haben?«

Es ist jedes Mal das Gleiche mit ihr. Wahrscheinlich sind ihre Bedenken, nicht ausreichend ausgebildet zu sein, auch vorrangig mit der Grund, weshalb wir nach den zehn Jahren einfach nochmals zurückgekommen sind. Und nach siebzehn. Und nach sechsundzwanzig.

Ich denke an das erste Mal zurück, als wir eigentlich ursprünglich geplant hatten, Potter und Weasley nach dem ersten Jahrzehnt mit hierher zu nehmen. Wir hielten es für eine gute Idee, wenn Potter ebenso best möglichst vorbereitet ist, was nicht funktioniert hat, da der Raum es nicht zugelassen hatte. Die zwei Idioten konnten einfach nicht durch die Türe gehen, Merlin weiß warum. Es war das reinste Chaos, bis wir sie wieder in den Schutzzaubern hatten und ihre Gedächtnisse geändert waren. Diese unglückliche Tatsache war dafür verantwortlich, dass Hermine etwa ein halbes Jahr am Boden zerstört gewesen war, ehe sie beschlossen hatte, umso härter zu lernen und zu trainieren.

Ich seufze.

»Wir waren drei komplette Jahre bei der MACUSA und haben eine vollwertige Aurorenausbildung absolviert. Wir haben jeden Angriffs- und Abwehrzauber gelernt, den du in irgendwelchen Büchern gefunden hast. Vermutlich kennst du zwischenzeitlich mehr schwarzmagische Flüche, als der Dunkle Lord und seine Todesser zusammen. Wir beherrschen stablose Magie. Du hast sogar schon Elementarmagie hervorgebracht. Wenn ich dir also sage, dass es nichts gibt, was wir hier noch tun können um uns vorzubereiten, dann meine ich das so. Bei Merlin, Hermine, vermutlich wird Voldemort vor dir davon rennen, wenn er sieht was du zwischenzeitlich drauf hast.« Sie verdreht die Augen, doch ich lasse mich nicht abbringen. »Wenn du allerdings aus anderen Gründen bleiben möchtest, dann tun wir das. Du weißt genau, dass die Entscheidung schon immer bei dir lag. Aber ich glaube tatsächlich, dass es womöglich an der Zeit ist.« Sie dreht auf meine Worte hin ihren Kopf in meine Richtung und sieht mich mit ihren warmen, braunen Augen an, von denen ich zwischenzeitlich jedes noch so kleine Detail kenne. Die bernsteinfarbenen Sprenkel um die Pupillen, den hellen Rand um die Iris und den kaum erkennbaren, grünen Fleck in ihrem linken Auge, den man nur im Sonnenlicht sieht und ich bin kurz davor, zurückzurudern und ihr zu sagen, dass es eine dumme Idee ist, nach Hause zurück zu kehren und wir einfach für immer hier bleiben sollten. Doch wir haben das nun schon oft genug diskutiert. Es ist Zeit. Wir fühlen es beide nun seit einigen Monaten. Vielleicht auch schon Jahren.

Es ist aber auch einfach zu verrückt, denn tatsächlich sind wir in der Realität, die der Raum der Wünsche uns hier vorgaukelt, keinen Tag gealtert. Auf den ersten Blick scheint das zwar der Jackpot schlechthin zu sein, doch je älter wir werden und in unseren jugendlichen Körpern fest stecken, umso seltsamer und verrückter wird genau diese Tatsache. In ihren Augen erkenne ich, dass sie der gleichen Meinung ist.

»Ja, du hast Recht. Es ist nur... seltsam irgendwie, hier alles zurück zu lassen.« Ein wehmütiges Lächeln legt sich auf ihre Lippen und ich fange diese mit meinen eigenen ein, wie Millionen Male zuvor und doch fühlt es sich immer wieder berauschend an, sie zu küssen. Und natürlich hat sie auch dieses Mal recht. Es ist seltsam, alles hier zurück zu lassen. Unsere kleine Wohnung in London, in der wir zwar nicht wirklich oft gewesen sind, aber dennoch... Unsere Stammkneipe im West End, Mike und Shawna, zu denen wir nach wie vor viel Kontakt haben und die - im Gegensatz zu uns - auch tatsächlich gealtert sind und denen wir zwischenzeitlich nur noch mit dem Verwirrungszauber gegenübertreten können... nur um ein paar wenige Kleinigkeiten zu nennen. Insgesamt ist es jedoch wohl viel zu verrückt, über die Tatsache nachzudenken, dass wir so viel länger in dieser unwirklichen Welt gelebt haben, als zuvor in der wirklichen.
Manchmal habe ich hier Monate verbracht, ohne auch nur einen Gedanken an unser zu Hause zu verschwenden. An Hogwarts oder Wiltshire oder den Krieg, Voldemort... oder meine Eltern... als wären all diese Dinge auf eimal nicht mehr real. Dieser Gedanke ist erschreckend und bestärkt mich nur noch mehr darin, dass wir gehen müssen.

»Wir müssen zurück«, sage ich, als wir uns voneinander lösen und sie nickt.

»Ja, ich weiß...« Sie zieht mich wieder zu sich und ich genieße für einen Moment erneut das Gefühl ihrer Lippen auf meinen, ehe ich ein Stück von ihr abrücke.

»Aber wenn es irgendjemanden gäbe, mit dem ich die Ewigkeit im Raum der Wünsche verbringen wollen würde, dann wärst das nach wie vor du«, grinse ich sie an und sehe, wie sie lächelnd die Augen verdreht

»Das will ich dir auch geraten haben, mein Lieber. Aber du hast schon recht, wir haben unser Glück jetzt lang genug ausgereizt und wahrscheinlich hast du auch damit Recht, dass es nichts mehr gibt, was wir noch tun könnten, um uns vorzubereiten. Und auch unabhängig davon...« Sie schweigt für einen kurzen Moment und zuckt dann mit den Schultern. »...wobei ich wirklich gerne auch noch Südafrika gesehen hätte und in Alaska waren wir auch nicht wie geplant, wegen der Ausbildung bei der MACUSA.«

»Und das ist auch gut so«, werfe ich ein. »Immerhin brauchen wir auch noch Ziele, wenn wir zurück sind. Sonst gäbe es unterm Strich ja kaum noch etwas, wofür es sich lohnt, den dunklen Lord um die Ecke zu bringen.« Erstaunlich, dass meine Erinnerung an Lord Voldemort lediglich noch ein schwaches Pochen in meinem Hinterkopf ist. Selbst das dunkle Mal auf meinem Arm ist zwischenzeitlich nicht mehr, als ein undeutlicher Gedanke daran, wo ich herkomme.

»Ach so, ich dachte ganz eventuell, dass ein Grund dafür sein könnte, seine Freundin nach 32 Jahren endlich vor den Altar zu zerren. Da hab ich mich wohl getäuscht«, antwortet Hermine mir großspurig und ich lasse ein tiefes Lachen verlauten, während ich mich mit einer geschmeidigen Bewegung auf sie Rolle und sie auffordernd anfunkle.

»Das könnte ganz eventuell auch ein guter Grund sein, ja.«

»Draco?«

»Hm?«

»Sollte wider Erwarten irgendetwas schief gehen...«, setzt sie an und ich lege, ohne darüber nachzudenken, meinen Zeigefinger auf ihre Lippen und schneide ihr so das Wort ab. Wir haben schon mehrmals darüber gesprochen, was wäre, wenn der schlimmste Fall eintritt und auch heute habe ich die gleiche Antwort für sie, wie schon bei den letzten Malen.

»Wir hatten ein aufregendes Leben hier. Ich bereue keine Sekunde davon und ja«, werde ich etwas lauter, während sie mich unterbrechen möchte und bremse sie damit aus. »...ich bin mir sicher, dass wir die Sache überleben und ich erinnere mich ebenfalls noch daran, was wir ausgemacht haben, sollte nach dem Krieg einer von uns in ernsthafte Schwierigkeiten kommen. Ich werde dir aber auch heute nicht versprechen, dass ich einfach so ohne dich weiter mache, solltest dir während dem Kampf etwas passieren. Das kannst du vergessen.«

Sie schnaubt und verdreht die Augen in ungeahnte Sphären.

»Ich will nur wissen, dass es dir gut gehen wird, sollte ich draufgehen.«

Ich seufze. »Ja, mach dir keine Sorgen, mir wird es gut gehen.«

»Lügner.«

Ich lache auf und löse mich aus ihrer Umarmung, um mich ins Badezimmer davon zu stehlen, damit ich mich dieser unleidigen Diskussion entziehen kann. Ich habe vor ein paar Jahren einmal den Fehler gemacht, ihr zu offenbaren, dass ich keinerlei Interesse daran habe, ohne sie weiterzuleben, egal in welcher Welt. Das war vermutlich weniger klug gewesen denn seitdem fängt sie ständig die Diskussion darüber an.

»Du würdest doch auch nicht wollen, dass ich mir das Leben nehme, nur weil du gestorben bist?«, ruft sie mir hinterher und ich schnaube und drehe mich im Türrahmen zum Bad nochmal zu ihr um.

»Nur weil ich gestorben bin?«, frage ich gespielt pikiert.

»Du weißt wie ich es meine.«

Ich grinse. Ja, ich weiß wie sie es meint und ich schüttle den Kopf, während ich mich mit der Schulter im Rahmen anlehne, die Hände vor der Brust verschränke und sie einen längeren Moment einfach nur ansehe, ehe ich antworte.

»Wenn ich tot bin, interessiert es mich vermutlich nicht mehr, was du treibst, also kannst du tun oder lassen, was auch immer du willst. Wenn du jedoch was mit Weasley anfängst, komme ich als Untoter zurück und verfolge dich den Rest deines Lebens.« Ich sehe gerade noch wie sie nach dem erstbesten Kissen greift das sie zu fassen bekommt und verschwinde lachend ins Badezimmer, um dem Wurfgeschoss auszuweichen.

Einige Minuten später liege ich wieder neben ihr und wir löschen die Lichter im Raum, denn es ist Zeit zu schlafen. Ich bezweifle jedoch, dass ich viel Schlaf finden werde und vermutlich wird auch Hermine nicht wirklich zur Ruhe kommen. Wie auch, wir sind ja gerade dabei, nach einem irgendwie komplett gelebten Leben zurück in unsere Vergangenheit zu reisen und ein neues Leben anzufangen, welches genau genommen unser altes ist und trotzdem nie wieder unser altes Leben sein wird. Auch nach all der Zeit sind die Gedanken um diesen Fakt verwirrend und bescheren mir ein leises Ziehen in den Schläfen, wenn ich lange genug darüber nachdenke.

Ich spüre, wie Hermine neben mir ihre Hand hebt und sie in Richtung der Zimmerdecke streckt. Es dauert keine fünf Sekunden, in denen sie einen ausladenden Kreis mit ihr zieht, da erscheint über uns der prächtigste Sternenhimmel, den ich seit langer Zeit gesehen habe. Ich habe nach wie vor keine Ahnung, wie und wo sie diesen Zauber gelernt hat. Womöglich ist es der gleiche, mit dem die große Halle in Hogwarts verzaubert war und auch nach rund einem halben Jahrhundert in der magischen Welt fasziniert mich, was mit Zauberei alles möglich ist.

»Der schlägt den Sternenhimmel in Peru um Längen«, flüstere ich, während ich mich an unseren Aufenthalt in Südamerika zurückerinnere. Ich höre, wie sie leise lacht, ehe sie sich in meine Armbeuge kuschelt.

»Kein Wunder, es ist die Erinnerung an unseren ersten gemeinsamen, gar nicht weit von hier in Schottland.«

Wir schweigen eine Weile gemeinsam, während wir den Sternschnuppen zusehen, die über unsere Köpfe hinwegziehen, ehe ich das dringende Bedürfnis spüre, noch etwas zu sagen.

»Ich liebe dich. Ich glaube, das habe ich schon damals.«

»Was ist das mit dir und den Sternen? Ich glaube die machen dich ganz schön weich«, antwortet sie mir kichernd und ich schnaube.

»Lass uns schlafen. Immerhin ist es das letzte Mal in diesem Zimmer.« Ich drücke ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, während ich sie noch ein Stück näher zu mir ziehe und mein Gesicht in ihren Haaren vergrabe.

»Ich liebe dich auch, Draco.«

***

33 Jahre später - 16. März 1999

Meine Hände sind feucht und ein Sturm der verschiedensten Emotionen tobt durch mein Inneres und nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich spüre hunderte Augenpaare auf mir liegen und versuche meinen Blick stur geradeaus gerichtet zu halten, doch beinahe mechanisch suchen meine Augen die Menge ab und landen in den braunen von Hermine, die mich sorgenvoll anblickt. Neben ihr Potter und Weasley, die beide ebenso angespannt dreinschauen.

Nun ist es also soweit. Mein Schicksal ist soeben dabei, besiegelt zu werden. Auch, wenn ich Hermine gesagt habe, dass ich keine Angst habe, sollte das Urteil Askaban lauten, so bin ich mir momentan nicht ganz sicher, ob ich da nicht ein wenig geflunkert habe.

Die letzten Monate ziehen nochmal an meinem inneren Auge vorbei und es ist schon erstaunlich, wie schnell das knappe Jahr seit Voldemorts Fall nun vergangen ist. Die Zauberwelt beginnt langsam, sich von den Nachwehen des Kriegs zu erholen. Potter hat gesiegt und Hogwarts befindet sich immer noch im Wiederaufbau und soll im September final wieder eröffnet werden. Die dunklen Zeiten sind vorbei. Für alle, außer für die Todesser, zu denen ich offensichtlich nach wie vor gehöre, auch, wenn ich über 30 Jahre keinerlei Todesseraktivitäten nachgegangen bin. Die Tatsache, dass wir so lange im Raum der Wünsche gesteckt haben, schien den hohen Zaubergamot jedoch nur peripher zu interessieren. Wahrscheinlich hätte es mich weiter gebracht, hätte ich mir meinen linken Unterarm amputiert. Der Gedanke ist auf perfide Art und Weise beinahe erheiternd.

»Draco Lucius Malfoy, bitte erheben Sie sich für die Urteilsverkündung«, erklingt die gelangweilte Stimme des oberen Gerichtsvorstands und ich spüre, wie mein Körper sich wie ferngesteuert aus dem unbequemen Stuhl hievt. Mein Blick ist immer noch mit dem von Hermine verhakt und ich sehe, wie ihre Nasenflügel sich aufblähen, in dem Versuch ruhig zu atmen. Mein Mundwinkel zuckt ein wenig, als ich versuche, ihr ein beruhigendes Lächeln zu schenken. Keine Ahnung ob es mir gelingt.

Der Typ auf dem Podium rattert erneut nochmals all meine Vergehen herunter und ich versuche absichtlich, nicht hin zu hören. Nach all den Jahren sind diese Taten so weit weg und nicht mehr greifbar für mich, dass es schon beinahe an eine Farce grenzt, heute hier zu sitzen und auf ein Urteil zu warten für etwas, das mehr als drei Jahrzehnte zurückliegt. Für mich jedenfalls. Und das ist dann wohl auch der Knackpunkt, denn wenn man es genau nimmt, bin ich erst knapp neunzehn Jahre alt. Auch wenn ich keine Sekunde im Raum der Wünsche bereue, muss ich doch insgeheim zugeben, dass wir uns das weitere Leben in der Wirklichkeit damit nicht gerade einfacher gemacht haben.

»Nach Aufnahme der Fakten und eingehender Prüfung des Tatbestands, kommen wir also zu folgendem Urteil...«

Noch immer liegen meine Augen auf meiner Freundin, die mir aufmunternd zunickt. Es ist okay. Was auch immer gleich zu meiner neuen Realität wird, ist in Ordnung. Es gibt Optionen. Wir haben einen Plan, sollte das hier richtig schief gehen. Sie greift nach Potters Hand und ich bin dankbar darüber, dass sie ihre Freunde wieder hat. Auch, wenn es anfangs überhaupt nicht einfach für sie war, wieder in ihre alten Muster zu fallen, hat sie einen Weg für sich gefunden, zumindest einmal ansatzweise mit der Situation umzugehen.

»... aus diesem Grund wird eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt«, dröhnt die Stimme in meinem Kopf und mein Herz sackt kurz eine Etage tiefer. Es ist totenstill im Gerichtssaal. Lediglich Hermines Keuchen ist zu vernehmen. »Es ist okay«, forme ich lautlos mit meinen Lippen. Sieben Jahre. Was sind schon sieben Jahre? Im Vergleich zu dem Rest meines Lebens und zu der Zeit, die wir geschenkt bekommen haben, sind sieben Jahre verhältnismäßig kurz.
Es ist okay. Es ist okay. Diese Worte wiederholen sich in meinem Kopf wie ein Mantra und ich beobachte, wie Potter einen Arm um Hermine legt.

»Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Der Fall ist geschlossen. Mister Malfoy, sie sind hiermit entlassen.«

Mein Kopf schnellt in Lichtgeschwindigkeit in die Höhe und ich kann gerade noch beobachten, wie der Gerichtsvorstand seinen hölzernen Hammer auf den Tisch schlägt und kann nicht so ganz fassen, was hier gerade passiert ist. Ich suche erneut das Augenpaar, das mir vertrauter ist als alles andere auf dieser Welt und alles was ich sehe ist ein Strahlen, dass jedes davor da gewesene in den Schatten stellt.

Ein leises Lachen kämpft sich aus meiner Kehle. Ich muss weder nach Askaban, noch müssen wir ans andere Ende der Welt flüchten. All die Möglichkeiten, die wir in Betracht gezogen hatten und die wir teils wieder verworfen haben, sind hinfällig. Selbst den Raum der Wünsche hatten wir einmal kurz in Erwägung gezogen, sollte das hier schlecht ausgehen und ich bin erleichtert, dass wir diese Karte nicht ziehen müssen.

Wir haben den Rest unseres Lebens vor uns und können endlich und unwiderruflich zusammen alt werden und im Moment hört sich das verdammt nach dem Hauptgewinn an.

*FINITE*

Da und Fort - die geschenkte ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt