Erlösung für den Tag

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Meine schläfrigen Lider, die magnetische Eigenschaften angenommen zu haben schienen, trennten sich mühsam voneinander, zuerst das linke, dann das rechte. Fetzen eines merkwürdigen Traumes, der vermutlich entfernt etwas mit meiner Erfahrung in der Praxis zu tun hatte, wurden von frischen Bildern weggespült. Rosa kniete am Gitterbett und streichelte lächelnd meine Stirn. Richtig, ich steckte ja immer noch in meiner Windel und in dieser Praxis fest. Jetzt merkte ich auch, wie dringend ich auf Toilette musste.
„Na, gut geschlafen?"
Schlaftrunken blickte ich umher.
„Der Arme ist ja völlig desorientiert", kam es nun von Janina, die bemitleidend zu mir hinüberschaute. Sie hatte sich wieder an den PC gesetzt und ihr Tippen auf der Tastatur erinnerte mich an Tage, an denen man drinnen saß und dem Regen an der Scheibe lauschte.
Der Junge von vorhin war verschwunden, zusammen mit seiner Betreuerin Hannah. Wie viel Zeit war vergangen. Nirgendwo im Raum war eine Uhr aufzufinden. Draußen war es scheinbar genauso hell wie als ich die Praxis betreten hatte.
„Komm, kleine Schlafmütze", sagte Rosa, „Du hast es fast geschafft für heute."
Bei diesen Worten wurde ich gleich ein wenig wacher. Rosa schlug die Decke zur Seite und nahm meine Hand. Während sie mir aufhalf, gab sie mir einen liebevollen Klaps auf den Windelhintern und gab einen hohen aufgeregten Ton von sich. Die Tür vom Gitterbett wurde wieder verschlossen und Rosa führte mich Richtung Tür.
„Wir sagen der Janina noch ‚auf Wiedersehen', ok?", erklärte Rosa und streichelte meinen Rücken. Mit der anderen Hand winkte sie Janina und verabschiedete sich demonstrativ von ihr. Ich hob auch meine Hand und winkte ihr schüchtern zu.
„Bis bald, mein Süßer", sagte Janina, die sich zu uns gedreht hatte, „Du hast dich heute sehr toll angestellt, du kannst sehr stolz auf dich sein. Ich vermisse dich jetzt schon ein bisschen."
Rosa kicherte. Darauf schnappte sie noch ihr Klemmbrett, das auf einem kleinen Schränkchen neben der Tür lag.
„Dann bis bald", sagte sie und öffnete die Tür, zu der sie mich an der Hand herausführte. Die Tür fiel ins Schloss und Rosa ließ meine Hand los, um sich umzudrehen und auf der Liste neben meinem Namen die jetzige Uhrzeit zu vermerken.
„Auf gehts", verkündete sie und nahm mich wieder an die Hand.
Mit müden Beinen und nackten Füßen wurde ich den Flur zurückgeführt. Die schönen Teppiche, bunten Bilder und grünen Pflanzen an den Wänden wurden hinter und kleiner, während uns wieder der dunkelgrau melierte und etwas ungemütlichere Büroboden unter den Füßen begrüßte.
Wir blieben an der Tür stehen, neben der als einziges ein dünnes, bodentiefes Fenster war. Ich erinnerte mich, das war die Tür zum Empfangsraum, aus dem ich vorhin gekommen war. Allerdings öffnete Rosa die Tür, die links daneben lag und, wie mir auffiel, nicht abgeschlossen war.
Sie warf einen Blick hinein.
„Ah, sehr gut, gerade ist niemand da."
Wir beide gingen hinein und ich schaute mich um. Es war eine Umkleide. An der rechten Seite gab es hinten eine weitere Tür. An der linken und hinteren Wand standen Schließfächer mit hölzernen Türen, die alle einen eigenen Farbton hatten; mal heller, mal dunkler, mal eher braun, mal eher grau. In der Mitte stand eine lange, kniehohe Bank, die ebenfalls aus Holz war. Der Boden war aus großen schwarzen Fliesen. Scheinbar gab es eine Fußbodenheizung, denn meine Füße waren angenehm warm. Links neben uns in der Ecke stand ein weiterer Wickeltisch, der natürlich wieder mit allerlei Windeln ausgestattet war und unter dem ein grauer, flauschiger Teppich lag. Der Raum war warm und indirekt beleuchtet, an den zwei leeren Wänden rechts und vorne hingen pro Wand vier Lampen, die die Decke und den Boden beleuchteten, jeweils zwei links und rechts von der Tür.
„Das hier ist der Umkleideraum", erklärte sie, „Vorhin wurdest du ja in einem Raum da hinten gewickelt und hast dann danach noch im Zimmer 1 Body und so weiter anbekommen, oder?"
Beim Erzählen zeigte sie in etwa in Richtung der Räume, die sie erwähnte. Ich nickte mit meinem Schnuller im Mund.
„Genau", sagte sie und wippte mit den Füßen, „In dem Raum da vorne warst du nur, weil du neu bist und registriert werden musstest. Ab jetzt sind all deine Sachen hier. Gewickelt wirst du natürlich weiterhin von den Betreuerinnen, je nach Phase dann im entsprechenden Zimmer, vielleicht aber auch manchmal auch hier, obwohl der Wickeltisch hier eher für Notfälle ist. Aber hier sind dann Sachen wie Schnuller und eben deine normalen Klamotten."
Sie ging in Richtung der Schließfächer auf der linken Seite. Ihr Blick sprang mehrere Male zwischen den Spindnummern und ihrem Zettel hin und her. Sie ging zu Nummer 47.
„Komm her", sagt sie und lächelte. Ich kam näher und sie zeigte mir das Zahlenschloss.
„Dein Code ist 753, gemerkt?"
Ich versuchte ihn mir zu merken. Sieben, fünf, drei: Rom schlüpft aus dem Ei. Damit hatte ich ziemlich schnell eine ziemlich gute Eselsbrücke. Zumindest einmal hatte mir Schule etwas gebracht.
Ich nickte.
„Sehr gut", sagte sie uns öffnete mit besagtem Code den Spind. Meine Socken, meine Unterhose, meine Jeans und mein Shirt lagen darin ordentlich gefaltet auf einem Stapel. Daneben lag etwas aus weißem Stoff. Mein erster Gedanke war eine Windel, ich muss hoffentlich nicht erklären, warum das naheliegend war. Allerdings war es das nicht, stattdessen war es ein Kleidungsstück aus weißem Frottee, vielleicht auch ein großes Handtuch.
Ich musterte weiter das Innere des Spinds. In einem Fach darunter waren meine Schuhe verstaut und in dem Fach darüber lag ein helles, quadratisches Körbchen aus Baumwolle mit zwei Henkeln, welches zu hoch war, als dass ich sehen konnte, ob sich darin etwas befand.
„Alles klar? Hast du Fragen?"
Sehr schnell merkte sie, dass wenn ich Fragen hätte, sie wohl kaum stellen könnte, selbst wenn ich es gewollt hätte.
„Oh, tut mir leid", sagte sie, löste das Band hinter meinem Kopf und nahm den speichelnassen Schnuller aus meinem Mund, „Wir sind ja eh gleich fertig, den brauchst du erstmal nicht mehr."
Sie schaute sich ihn an.
„Wow, du hast ja gleich einen Größe drei bekommen, ich glaube der passt gar nicht in meinen Mund."
Spielerisch lächelnd nahm sie den Schnuller in den Mund und lutschte meinen Speichel davon ab.
„Mmm", sagte sie während sie den Schnuller ploppend aus ihrem Mund zog, „Habe mich wohl doch geirrt."
Sie lächelte mich an und ihre Augen wurden wieder schmal.
Indessen hatte ich ganz vergessen, dass ich sprechen konnte. Mein Mund fühlte sich seltsam leer an, aber auch nur einen kurzen Augenblick.
„Wie viele Größen gibt es denn?", fragte ich, um die Situation in irgendeine andere Richtung zu lenken.
„Oh, es gibt fünf", erklärte sie eifrig, „Eins ist so groß wie ein normaler Babyschnuller und bei fünf ist praktisch dein ganzer Mund voll. Nagut, ich übertreibe ein wenig, aber groß ist der schon."
Ich nickte und hoffte nur, dass ich meinen Schnuller Größe drei behalten durfte. Ich versuchte an anderes zu denken.
Rosa stellte sich auf die Zehenspitzen und zog das Körbchen aus dem Schließfach und blickte hinein. Sie nahm ein durchsichtiges Plastikteil heraus und steckte es an den Schnuller. Jetzt erkannte ich, dass es eine Art Schutzhülle war, die den Saugteil des Schnullers abdeckte.
Der Schnuller verschwand im Körbchen und das Körbchen im Schließfach.
Ihre Hand wanderte weiter nach unten und sie holte das weiße Frottee Stück heraus. Es war eine Robe - wobei, es war eher ein Bademantel. Mit zwei Händen hielt sie ihn zwischen mich und sich selbst und betrachtete mich und den Bademantel abwechselnd.
„Wir sollten noch schauen, dass dir der hier passt, bevor du für heute fertig bist."
Sie faltete den Bademantel schnell zusammen und legte ihn als überraschend ordentliches Quadrat auf die Bank in der Mitte des Raumes.
„Aber zuerst kann du diese Sachen wieder ausziehen", sagte Rosa, „Die meisten haben ziemlich gemischte Gefühle dabei, habe ich für mich so festgestellt. Man gewöhnt sich schnell dran, nicht?"
Ich antwortete nicht, musste mir allerdings eingestehen, dass ich mich in der Tat ein wenig zu schnell für meinen Geschmack in Windel und Body wohlgefühlt hatte. Währenddessen kniete sich Rosa vor mir hin und öffnete die Knöpfe meines Bodies, dessen Enden sie zur Seite schob und auch die Knöpfe an meiner Gummihose, die darauf auf den Boden fiel, einen nach dem anderen aufmachte.
So wie sie vor mir kniete, blickte sie mich an.
„Weckt das eine Erinnerung?", fragte sie und streckte lächelnd ihre Zunge raus.
Nachdem sie die Gummihose zum Bademantel gelegt hatte und wieder aufgestanden war, durfte ich meine Arme nach oben strecken. Rosa zog den Body über meinen Kopf, was ihr nicht schwer fiel, da ich nur ein paar Zentimeter größer war. Generell war ich nicht sehr groß.
Rosa verstaute all das ebenfalls im Körbchen, während ich nur in Windel auf dem warmen Fliesenboden stand. Nun wartete ich darauf, dass sie mir sagen würde, dass ich mich auf den Wickeltisch legen sollte, damit sie mich endlich dieser doch eigentlich recht gemütlichen Windel entledigen könnte. Doch folgte das nicht.
„Kann ich meine normalen Sachen jetzt wieder anziehen?", hakte ich nach.
„Ja, sicherlich", sagte Rosa, „Du kannst dich noch selber anziehen oder?"
Sie lächelte.
„Und die Windel?", fragte ich.
„Die darfst du erstmal anbehalten", antwortete Rosa, „Weißt du noch? Deine Strafe?"
Jetzt erinnerte ich mich und ein kaltes Gefühl durchfuhr meinen Körper. Ich dachte, ich könnte endlich wieder als normaler Teenager diese Praxis verlassen und wäre die Windel endlich los. Stattdessen sollte ich die jetzt auch noch draußen tragen. Mir war jetzt schon klar, dass ich die Windel einfach bei der nächsten Gelegenheit hinter einem Busch oder auf einer öffentlichen Toilette ausziehen und wegschmeißen würde.
„Wie lange muss ich die denn tragen?", fragte ich.
„Hmm", sagte Rosa und steckte zwei Fingern vorne in meine Windel. Instinktiv wich ich ein Stück zurück, doch davon ließ sie sich nicht irritieren.
„Oh", sagte sie und ich ahnte böses, „Die ist ja immer noch trocken, nicht gerade sehr brav von dir. Die behältst du mindestens bis morgen früh an."
Ich wollte mich schon aufregen, bis mir einfiel, dass die Windel fünf Minuten nachdem ich diese Praxis verlassen haben würde, sich schon nicht mehr an meinem Hintern, sondern in einem Mülleimer oder einer Mülltonne meiner Wahl befinden würde.
„Wir haben ja die Kontaktdaten deiner Mutter", sagte Rosa, „Wir geben ihr dann gleich Bescheid und sie kann dann aufpassen, dass du die Windel bis morgen früh anhast."
Sie grinste, als müsste sie mich nur dazu motivieren, mich über die Windel zu freuen, in der ich jetzt auch noch von meiner Mutter gesehen werden würde, zumindest war das meine Befürchtung. Ich überlegte jetzt schon, wie ich dem ausweichen könnte.
Rosa schaute, als würde sie sich an etwas erinnern und drehte sich zu Bank. Sie nahm den Bademantel und reichte ihn mir.
„Genau, den musst du noch schnell anprobieren."
Ich nahm das Kleidungsstück aus Frottee und steckte beide Arme durch die Ärmel. Der Stoff lag angenehm auf meinen Schultern und die Ärmel waren nicht zu kurz oder zu lang. Er passte gut und roch angenehm nach Weichspüler.
„Sehr schön, sagte Rosa und half mir, den Bademantel wieder auszuziehen. Sie stellte sich hinter mich und zog die Ärmel von meinen Armen. Anschließend legte sie ihn wieder ordentlich gefaltet in den Spind und ich stand wieder nur in Windel da. Der Spind gab ein dunkles, metallisches und nachhallendes Geräusch von sich, als Rosa diesen schloss und anschließend den Code des Zahlenschlosses verdrehte. Sie wendete sich zu mir und haute mir liebevoll auf meinen gepolsterten Po.
„Auf, anziehen."
Ich nahm meine Klamotten aus dem Schließfach und legte sie auf die Bank, auf der Rosa auch Platz nahm und mich begutachtete. Shirt und Socken waren schnell angezogen, nur bei der Hose zögerte ich ein wenig. Langsam zog ich die blaue Jeans meine Beine hoch und schließlich über meinen gepolsterten Windelpo. Sie passte nir recht knapp darüber, was ziemlich eindeutig bedeutete, dass man meine Windel recht klar erkennen konnte. Doch welche Wahl blieb mir denn? Jetzt war ich eben einer der windeltragenden Teenager aus dem Wartezimmer. Zumindest hier in der Praxis würde ich keine seltsamen Blicke mit dicker Windel unter meiner Jeans zugeworfen bekommen.
Schließlich zog ich noch meine Schuhe an, wobei ich beim Hinsetzen merkte, wie eingeschränkt doch die Bewegung meiner Beine war.
„Was ist mit meiner Unterhose?"
Rosa winkte ab.
„Die kommt hier nicht weg. Wir können die für dich waschen und hier behalten, wenn dir das so am liebsten ist. Ist wahrscheinlich sowieso nützlich, ein paar Ersatzklamotten hier auf Lager zu haben."
Ich nickte, das klang einleuchtend.
„Okay", sagte ich. Rosa stand auf und verstaute das Körbchen wieder am entsprechenden Platz.
„Dann, denke ich, war das schon alles für heute", verkündete Rosa. Ach wirklich? Nur das? Was eine nette Überraschung; gezwungenermaßen in eine Windel, Gummihose und einen Body gesteckt und darauf noch gestillt oder mit Schnuller im Mund in ein Gitterbett gesperrt zu werden war schon das ganze Programm. Was eine Erleichterung!
Gerne hätte ich Rosa bei den Schultern gepackt und geschüttelt und ihr gesagt, dass das alles nicht normal war. Doch hatte sie das große Privileg, dass ich mich das nicht traute. Zudem konnte ich mir ausmalen, zu welchen Strafen das führen würde. Letztendlich war auch Rosa nicht das Problem. Sie war auch nur eine Angestellte und liebte zufällig ihren Job, auch wenn dieser Job Teenager in Windeln zu stecken sein schien. Ich kam nur einfach nicht dahinter, wie all diese Mitarbeiterinnen es als so selbstverständlich ansahen, all diese seltsamen Dinge zu tun, nur um junge Erwachsene auf irgendeine mir unklare und hochkomplexe Art zu bestrafen. Wer saß hier ganz oben in der Nahrungskette? Wer veranstaltete das alles?
Rosa riss mich aus meinem Gedankengang, als sie meine Hand nahm und zur Tür an der rechten Wand führte. Beide gingen wir mit leise raschelnden Windeln über den schwarzen Fliesenboden. Rosa öffnete die Tür und wir gingen hindurch.
Überraschenderweise fand ich mich an einem vertrauten Ort wieder. Ich stand im Empfangsraum, direkt neben der Tür zur Toilette. Rosa schloss die Tür wieder hinter mir und ich sah mich im Raum um. Das Wartezimmer war etwas weniger voll als vorhin, dennoch zierten nun um die acht frischen Leute die roten Sitzgelegenheiten. Die Uhr an der Wand zeigte 16:30. Ich war also nur anderthalb Stunden hier gewesen, was mir plötzlich beinahe unmöglich kurz vorkam, wo ich mich daran erinnerte, was alles in diesem Zeitraum geschehen war.
„Jenny gibt dir noch ein paar Infos", sagte Rosa und winkte der Frau an der Rezeption, die ich vorhin schon gesehen hatte. Die mit dem Butt Plug, erinnerte ich mich. Ob sie inzwischen mal die Toilette benutzt hatte?
„Ich verabschiede mich dann mal, mein Süßer. Wir sehen uns sicher sehr bald wieder! Ich freue mich auf deinen niedlichen Windelpo!"
Und mit diesen Worten war sie durch die Tür verschwunden, durch die ich vorhin gegangen war. Noch einen Augenblick sah ich in ihre Richtung und erhaschte ihre Silhouette, die über die milchige Glasscheibe neben dem Türrahmen hüpfte. Noch einen Moment lang fiel es mir schwer, meinen Blick von dieser Tür zu richten.
„Alles in Ordnung?", fragte Jenny an der Rezeption und klang ehrlich besorgt. Ich nickte abrupt.
„Wir sollten vielleicht nochmal sicher gehen, dass du alles verstanden hast, damit du nächstes Mal über den Ablauf hier Bescheid weißt."
„Wann ist denn nächstes Mal?"
„Oh, bis auf Sonntags kommst du jetzt jeden Tag hierher."
Ich war ein wenig schockiert, um es milde zu formulieren.
„Jeden Tag?"
Ich schluckte.
„Das könnte schwierig werden, wegen Schulunterricht und so", versuchte ich das größte Übel zu verhindern.
„Keine Sorge, wir haben schon alles mit deinen Eltern abgesprochen. Du kommst einfach jeden Tag nach der Schule hierher, natürlich nach einer entsprechenden Mittagspause."
Und da war mein Plan mich da rauszureden auch schon ins Wasser gefallen. Nun musste ich mir also nicht mehr Gedanken machen, wie ich den Nachmittag verbringen würde. Jeden Tag nach der Schule würde ich hierher kommen. Jeden Tag. Umso öfter ich die Worte in meinem Kopf wiederholte, umso schwerer fühlten sie sich an.
„Soweit alles klar?", wollte Jenny wissen. Ich nickte stumm.
„Wenn du dann morgen hier bist, setz dich einfach ins Wartezimmer, wir ja wissen Bescheid. Dann einfach wenn du aufgerufen wirst in den Umkleideraum gehen."
Sie zeigte mit einem Kuli in Richtung der entsprechenden Tür neben der Toilette.
„Das weißt du ja schon alles. Dann kannst du dich schonmal ausziehen, Klamotten in den Spind legen und deine Robe anziehen. Deine Begleitung kommt dann irgendwann während du dich umziehst oder wartet schon auf dich. Wen hattest du?"
„Ich- ähm... wie bitte?"
„Deine Begleitung, wer war das nochmal?"
„Rosa", sagte ich.
„Ah, genau. Rosa Tunert. Eine Liebe, oder?"
„Ja, schon", sagte ich unbeholfen.
„In Ordnung, die Rosa nimmt dich dann wie gesagt von mit in die Behandlung. Du wirst dann entweder in der Umkleide oder spätestens im Raum gewickelt bzw. frisch gewickelt."
„Ok, finde ich gut", sagte ich, obwohl ich das gar nicht wirklich tat. Mein innerer Wortschmied hatte wohl momentan seinen Posten verlassen.
„Dann hab noch einen schönen Tag", sagte sie, „Genieß die Sonne."
In meinen Gedanken verloren wünschte ich ihr automatisch das gleiche und stolperte zum Ausgang. Ein penetrantes Summen erfüllte den Raum und ich zog die Tür auf.
Das Treppenhaus sah genauso aus wie als ich gekommen war, woran ich mich noch gut erinnern konnte. An den Augenblick als ich hier ohne viel nachzudenken, viel mehr von Verdrossenheit getrieben als von irgendetwas anderem vor dieser Tür wartete und nicht die leiseste Idee gehabt hatte, was mich erwarten sollte.
Während ich die Treppen hinunterlief, wurde das Rascheln meiner Windel scheinbar immer aufdringlicher, obwohl es in Wirklichkeit vermutlich kaum von jemandem bemerkt wurde, der nicht gerade genau darauf achtete bzw. danach suchte. Als ich aus der Eingangstür des Gebäudes trat, zog ich sicherheitshalber noch einmal meine Jeans nach oben und mein Shirt nach unten. Noch einmal schaute ich an mir selbst hoch und runter; alles sah normal aus. Die Windel fühlte sich dennoch auf ihre ungewohnte Weise gemütlich an.
Schließlich blickte ich zum Praxisgebäude. Ich versuchte mir vorzustellen wie ich jeden Tag, zumindest unter der Woche hier erscheinen würde und wie mir dieser Ort voraussichtlich nach einem gewissen Zeitraum vertraut werden würde, wie etwa eine Schule es war. Ein Ort, dem man sich etwas fremd und an dem man sich nicht ganz zu Hause fühlte und den man oft gerne wieder verlassen würde, um wieder zum eigenen Haus zurückzukehren. Wo man dennoch genügend Zeit verbracht hatte, um sich dort zu einem gewissen Grad wohl zu fühlen.
Plötzlich ging mir auf, in welchem Gedankengang ich mich da verlor und dass es eigentlich komplett unnötig war, sich über so etwas Gedanken zu machen. Wen interessierte schon, ob ich diesen Ort mögen würde oder nicht. Schließlich würde ich ja nicht den Rest meines Lebens hier verbringen. Ich konnte mir vorstellen, dass ich vielleicht ein paar Wochen, höchstens Monate hier jeden Schultag anderthalb Stunden verbringen würde. Zusammengerechnet möchte das viel klingen, aber letztendlich war es im Rahmen eines Tages nur ein recht überschaubarer Abstecher in einer Praxis nach der Schule. Nur ein schneller Termin nach dem Unterricht. No big deal, richtig?
Mit gemischten Gefühl kehrte ich endlich dem Gebäude den Rücken zu und machte mich auf den Heimweg.

Die WindelpraxisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt