13. »Dohlenkralle!«

20 3 0
                                    


»Ich bringe ihm gerade bei, sich anzuschleichen«, wiederholte Tannenpfote, warf einen Seitenblick auf ihren Freund, zögerte kurz und lächelte ihn dann an, »auch wenn du es schon viel besser kannst als ich«, sagte sie leise.

»Seit wann...?« Birkenpfote hielt inne. Vielleicht ging es ihn auch gar nichts an, was seine Schwester machte? Sonderlich nahe hatten sie sich nie gestanden; Blattpfote war immer derjenige gewesen, der sie zusammengehalten hatte. Wann immer sie etwas zu dritt, als Geschwister, unternahmen, war es Blattpfote, dessen Idee es gewesen war. Das mit dem Geheimversteck, zum Beispiel. Oder ihr geheimes Training im Wald.

Er schüttelte sich. Mit seiner Schwester allein hatte er nichts mehr gesprochen, seit sie aus der Kinderstube waren - warum also sollte er wissen, mit wem sie befreundet war?

Birkenpfote fröstelte. Sie konnte mit jedem befreundet sein, mit wem sie sollte. Tupfenherz war nicht anders als alle anderen Katzen im Clan. Er gehörte genauso zu ihnen wie jeder andere - auch, wenn das die älteren Krieger nicht wahrhaben wollten.

Hatte ihm das nicht Regenpelz beigebracht? Ein Geist? Ihm fröstelte noch mehr.

»Tut mir leid. Ich wollte nicht...«, er schüttelte den Kopf, wandte sich kurz ab und drehte sich dann zurück, »Ihr übt also Anschleichen. Interessante Idee.«

»Es hilft beim Jagen.« Tannenpfote lächelte matt.

Und beim spionieren, überlegte er, sagte aber nichts. Ihm fiel das seltsame Gespräch wieder ein - Haselstreifs letzte Worte, die sie an ihren Schüler gerichtet hatte. Er erinnerte sich nicht mehr genau daran, aber daran, dass Tupfenherz auf Weidenjunges achten solle. Und an ein unverständliches-

Ging ihn das überhaupt etwas an? Haselstreif hatte es Tupfenherz gesagt; nicht ihm. Es war nicht seine Aufgabe, sich dort einzumischen.

»Tannenpfote! Das ist ja ein Zufall!«

Birkenpfote zuckte zusammen, als Samtherz' Stimme ihn aus den Gedanken riss. Mit den Zähnen hatte er zwei Mäuse gepackt.

»Du hattest eine gute Jagd?« Die Schülerin schnurrte.

»Eine wunderbare«, schnurrte Samtherz, sah Birkenpfote von der Seite an und fügte hinzu: »Und wie ich sehe, hast du auch zwei Mäuse gefangen.« Er lachte leise. »Wenn auch zwei etwas größere.« Er löste den Blick nicht von Tannenpfote, nickte aber Tupfenherz aus Höflichkeit zu. Mit Sicherheit hatte er nichts gegen Hauskätzchen im Clan - Samtherz war viel zu freundlich, um solche Vorurteile haben zu können. Tupfenherz selbst schien ihm etwas sonderbar zu sein.

Kein Wunder - er sagte ja auch nie etwas. Und wenn er etwas sagte, benutzte er all diese seltsamen Wörter, und er beobachtete die Katzen mit diesem seltsamen Blick...

»Gehen wir? Es ist schon ganz schön spät geworden, denke ich.« Der Krieger schnippte mit dem Schwanz. »Und junge Katzen brauchen ihren Schlaf. Ich erinnere mich noch an meine Schülerzeit...«

Tupfenherz musterte ihn. Es war unmöglich, herauszufinden, was in seinem Kopf vorging - aber es schien etwas zu sein, das ihn verärgerte. Birkenpfote neigte den Kopf. Was war nur so seltsam an diesem Kater? Und warum sollte er auf-

Offenbar hatte er bemerkt, dass er beobachtet wurde - Tupfenherz sah ihm in die Augen. Birkenpfote wandte sich ab.

»... lasst uns gehen.« Samtherz nahm die Mäuse wieder auf und trabte los, »es ist ja ein ganz schön weiter Weg, und-«

Ein Schrei ließ sie erstarren. Samtherz verstummte, blieb stehen - Tupfenherz sträubte das Fell und sah sich um - Tannenpfote spitzte die Ohren, rückte etwas näher an ihn heran - Birkenpfote kniff die Augen zusammen.

Stille.

Dann, wieder, ein Schrei - lauter diesmal. Lauter; und deutlich genug, ihn zu verstehen. Deutlich genug, das Fell zu sträuben, die Augen zu schließen und sich an einen anderen Ort zu wünschen, in eine andere Zeit. In das Gestern, vielleicht; eine Zeit, die nie zurückkommen würde.

»Dohlenkralle!«

WarriorCats - Frühling (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt