23. Dann finde ich heraus, welche, und beende es.«

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»AH!« Er sträubte das Fell, sprang zurück, fauchte und - erstarrte, als er seinen Bruder erkannte. »Birken-!« Weiter kam er nicht, die Worte blieben ihm im Hals stecken.

»Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken.« Birkenherz setzte sich. »Ich wollte dich etwas fragen.«

»Etwas fragen?«

»... dich um etwas bitten.«

Blattwind schluckte, wich zurück, zögerte und setzte sich. »Mhm.« Er warf einen unauffälligen Blick zur Seite, lächelte nervös und grub die Krallen in den Boden. »Mhm«, wiederholte er, etwas ruhiger als beim ersten mal. Jedenfalls klang es so - aber er hatte nicht das Gefühl, dass sein Bruder tatsächlich ruhiger geworden wäre.

Birkenherz seufzte. Wenn er sich nicht wieder fangen würde, würde er ihm keine sonderliche Hilfe sein. Vorsichtig war er schon von allein; daran musste ihn niemand erinnern. Er brauchte jemanden, der klar denken konnte. Jemand, der einen möglichst objektiven Blick auf alles hatte, und der gleichzeitig mit jedem mitfühlen konnte.

»Du siehst ziemlich durcheinander aus.« Und ›durcheinander‹ war noch positiv ausgedrückt. Blattwind sah aus, als hätte er seit einem Mond nicht mehr geschlafen - und ungefähr, wenn man ein bisschen aufrundete, müsste das sogar der Fall sein. »... seit Dohlenkralle gestorben ist.«

Blattwind zuckte zusammen, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Seine Pupillen wurden schmal, er spannte die Muskeln an.

»... ich meine, ich kann das verstehen. Dohlenkralle war...«

»Du musst mir nicht erklären, wieso ich...«, er hielt inne, kniff die Augen zusammen, schüttelte den Kopf und stand auf. »Mir geht es gut. Ich muss jetzt-«

»Nein, geht es nicht. Niemandem.«

»Dann kann ich daran nichts ändern. Ich-«

»Meinetwegen können wir daran nichts ändern, aber können wir es nicht wenigstens...«

»Ich muss jetzt los. Krähenflügel wartet auf mich.«

»Krähenflügel wartet auf niemanden! Das Einzige, das Krähenflügel noch macht, ist, ins Nichts zu starren und zu hoffen, dass alles vorbei geht!« Birkenherz sträubte das Fell. »Genau wie alle anderen auch!«

»Was sollen wir denn auch sonst machen!?« Blattwind hatte ebenfalls das Fell gesträubt und starrte seinem Bruder in die Augen - mit so viel Wut. Er hatte gar nicht gewusst, dass Blattwind so viel- »Was kann man denn noch anderes machen, als zu warten, dass es-«

»- etwas unternehmen! Wir könnten etwas unternehmen und es beenden!«

Blattwind hielt inne.

Stille.

Als er wieder etwas sagte, klang seine Stimme anders als zuvor - nicht mehr wütend, nicht einmal mehr ängstlich. Sie klang entschlossen. »Du willst...?«

»... herausfinden, was sie getötet hat, und es beenden.«

»Und was, wenn es eine Katze war?«

»Dann finde ich heraus, welche, und beende es.«

»Und wenn es eine Katze aus dem Clan war?«

Birkenherz kniff die Augen zusammen. »Dann finde ich heraus, welche es war«, sagte er langsam, »und beende es.«


»Wir sollten vorsichtig sein.«

»Mhm.«

»Also ohne Tannenblüte. Sie ist zu...«

»... gutgläubig.«

»Ja, zu gutgläubig.«

Blattwind kniff die Augen zusammen. Nichts an ihm erinnerte noch an den Kater von eben - sein Blick war wieder klar, seine Stimme zitterte nicht mehr. »Ich habe schon vor einiger Zeit damit angefangen, die Leute zu beobachten«, erklärte er. »Möglichst unauffällig. Das Klügste war, einfach so zu tun, als wäre man gar nicht richtig anwesend.«

»Das war nur...?«

»Du glaubst nicht, was einem die Leute alles erzählen, wenn sie glauben, man würde nicht zuhören.«

Birkenherz hielt inne und sah ihn erwartungsvoll von der Seite an.

Blattwind schnippte nur mit dem Schwanz. »Nicht jetzt. Du hörst ja zu.«

Man muss nur das hören, die niemand sagt. War es das gewesen, das Frühling gemeint hatte?

»Samtherz wusste davon. Er hat mich überhaupt erst dazu gebracht, etwas...«, er unterbrach sich, wandte sich kurz ab und lief dann weiter - schnell, hastig, als wollte er vor etwas fliehen. »Tupfenherz hat mir geholfen. Er ist ziemlich clever. Vermutlich sollten wir mit ihm zusammenarbeiten.«

»... mhm.«

»Ist etwas?«

»... nichts. Wir haben uns nur neulich etwas...«

»... ja, er wirkt etwas gereizt.« Blattwind zuckte mit den Schultern. »Ich kann es ihm nicht übel nehmen. Die zwei Schüler sind ziemlich gemein zu ihm. Lärchenpfote und sein Bruder...« Er schüttelte den Kopf. »Wie auch immer, wir brauchen ihn. Und man kann ihm vertrauen.«

»Irgendwie weiß er immer, was im Wald vorgeht. Vielleicht weiß er schon, wer...«

»... ich glaube nicht. Das heißt - das hat er jedenfalls gesagt. Aber er ist auch ein ziemlicher Feigling.« Blattwind lachte bitter. »Wie auch immer. Wir können ihm vertrauen. Und er könnte uns noch nützlich werden.«

Birkenherz blieb stehen. »Nützlich werden, wobei?«

Blattwind wandte sich um. Seine Augen glänzten - mit einem mal wirkte er wieder wie der Kater, den er kannte; aufmerksam. Heißt, nicht halb tot.

»Ich dachte«, sagte er und musterte ihn, »ich dachte, wir jagen einen Mörder.«

WarriorCats - Frühling (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt