1. »Mit wem sprichst du?«

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»Ich, Borkenstern, Anführer dieses Clans, rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diesen Schüler herabzuschauen. Er hat hart trainiert, um eure Gesetze zu lernen, und ich empfehle ihn euch als Krieger. Rattenpfote, versprichst du, das Gesetz der Krieger zu achten und deinen Clan zu beschützen, selbst wenn es dich das Leben kostet?«

»Ich verspreche es.«

»Dann gebe ich dir mit der Kraft des SternenClans deinen neuen Namen. Der Clan ehrt deinen Sanftmut und deine Klugheit. Du kamst als Hauskätzchen zu uns, und ist aus dir ein Krieger geworden. Du achtest den SternenClan und folgst dem Gesetz der Krieger, jedoch nie blind. Du bist ein tapferer Kater geworden, der den Namen Rattenpfote nicht verdient. Von nun an soll jede Katze wissen, dass man dir vertrauen kann. Dein Name wird Tupfenherz sein. Mögest du ihn in Ehren halten.«

Der Applaus war verhalten. Mit einem gutwilligen Nicken beendete Borkenstern die Versammlung, sprang von der Lichtung und verschwand in seinem Bau. Tupfenherz war allein. Obwohl um ihn herum überall Katzen waren, beachtete ihn niemand - niemand beobachtete ihn, niemand belauschte ihn, niemand bemerkte ihn.

»Er sieht ganz schön verloren aus, meinst du nicht? Du solltest ihm helfen. Es ist schön, dass Borkenstern ihm einen neuen Namen gegeben hat, aber das ändert auch nichts.«

Birkenpfote spitzte die Ohren und senkte die Stimme. »Das geht mich nichts an, Regenpelz. Entweder, er schafft es allein, oder er schafft es gar nicht.«

»Birkenpfote?« Eine Stimme riss ihn aus den Gedanken - er erschrak, wandte sich um und blickte in ein Gesicht, das genauso aussah wie sein eigenes. Nur, dass es lachte, und Birkenpfote vermutlich ziemlich irritiert aussah. »Mit wem redest du da schon wieder? Komm, Tannenpfote wollte uns doch etwas zeigen. Hast du das schon vergessen?«

»Ich...«

»Er ist noch da. Du kannst immer noch zu ihm gehen.« Regenpelz stellte sich zwischen ihn und seinen Bruder. »Wenn du...«

»... ist schon gut. Ich ... gratuliere nur noch kurz ... Tupfenherz ... zu seinem neuen Namen.« Vorsichtig lächelte er, wandte sich ab und schloss kurz die Augen; als er sie wieder öffnete, war sein Bruder verschwunden, und auch Regenpelz hatte sich versteckt. Birkenpfote konnte aufatmen. Einzeln waren die beiden gute Gefährten, aber wann immer Regenpelz einer anderen Clan-Katze begegnete, fühlte er sich seltsam zerrissen; als würden die Ebenen dieser Welt nur von ihm zusammengehalten.

Aber wurden sie das nicht auch?

Seufzend schlich er zu Tupfenherz. Der Krieger saß noch immer auf der Lichtung - er hatte den Blick in den Himmel gerichtet und schien nichts mehr von dem, was um ihn herum geschah, zu bemerken. Als Birkenpfote näher kam, sah er auf und lächelte nervös.

»Hey.«

Was antwortete man auf ›hey‹?

»Hey.« Birkenpfote zwang sich zu einem - mindestens - genauso nervösen Lächeln. »Schön, dass du jetzt endlich Krieger bist.« Er bemerkte die Zweideutigkeit in seinem Satz und lächelte noch nervöser. »Ich meine ... ich freue mich für dich. Und dein Name ist schön.«

»Oh. Danke. Der Name ist wirklich schön.« Sein nervöses Lächeln wurde zu einem dankbaren Lächeln und dann zu einem erleichterten Lächeln. Birkenpfote blinzelte. So etwas hatte er noch nie gesehen, aber Tupfenherz war dafür bekannt, Dinge zu tun, die Clan-Katzen normalerweise nicht taten - irgendwie faszinierte es ihn, dass jemand auf drei verschiedene Arten lächeln konnte. Und das in nicht einmal drei Herzschlägen. »Ich dachte schon, ich müsste Rattenzahn heißen. Oder Rattenkralle...«

»Tupfenherz ist wirklich ein schöner Name.«

»Mhm.«

Eine unangenehme Gesprächspause entstand. Eigentlich wäre er jetzt gern gegangen - hätte er nicht diesen durchschimmernden, grauen Pelz hinter ein paar Katzen gesehen, und diese stechenden, blauen Augen, die ihn aus der Ferne beobachteten...

»Wirklich. Es freut mich, dass du jetzt ein Krieger bist. Es ist schade, dass manche immer noch nicht ... naja...«, er versuchte sich an einem erleichterten Lächeln und lächelte gezwungen. »... akzeptieren, dass du genauso einer von uns bist wie jeder andere.«

»... danke. Das bedeutet mir viel.« Vorsichtig stand er auf. »Ich muss dann los. Mein Nest in den Kriegerbau tragen.« Er zuckte mit den Ohren, sein Blick glitt an Birkenpfote vorbei und in die Ferne. »Ich glaube, dein Bruder wartet auf dich«, sagte er, sah ihm noch einmal kurz in die Augen, nickte dann und ging.

»Siehst du?«

Der Schüler schloss die Augen. Seine Ohren fiepten lauter als sonst, und sein Kopf fühlte sich unangenehm schwer an, dabei hatte er heute eigentlich genug geschlafen. Warum fühlte er sich also so erschöpft?

»Es war doch gar nicht so schwer.«

»Birkenpfote! Kommst du? Tannenpfote ist schon da!«

Keine Zeit zum Ausruhen. Er riss die Augen auf, schluckte die Müdigkeit herunter und blinzelte so oft, bis seine Sicht nicht mehr verschwommen war, dann drehte er sich um und rannte seinen Geschwistern hinterher.

»Wartet auf mich!«


WarriorCats - Frühling (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt