6. »Ein treuer Krieger.«

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Er schloss die Augen. Es war still, unglaublich still auf dieser Lichtung, so still, nahezu gespenstisch, so still war es.

Totenstille.

Er sah so friedlich aus, der weiß-schwarze Kater, im Gras, so friedlich, so erlöst. Seine normalerweise so stechenden, gelben Augen waren geschlossen, als würde er schlafen, träumen, und er schien zu lächeln - so unglaublich friedlich sah er aus, wie er dort lag, sanft im Gras. Als hätte er immer etwas gesucht und es nun endlich gefunden, als hätte er etwas geträumt und es nun endlich bekommen, ja, fast, als hätte er endlich glücklich sein können.

Halbherz.

Der junge Kater senkte den Blick.

»Wir haben einen treuen Krieger verloren.« Borkensterns Stimme erfüllte das Lager mit einer seltsamen Atmosphäre, wie ein aufkommender Sturm nach der absoluten Stille. Nicht, als würde er das Schweigen brechen - vielmehr, als würde er es aussprechen. »Halbherz. Möge dich der SternenClan freundschaftlich aufnehmen. Du warst ein treues Mitglied unseres Clans, auf das wir uns in jedem Kampf verlassen konnten. Dessen Herz schon viel zu früh gebrochen wurde...« Der Anführer blickte über die Lichtung. »Wir haben einen treuen Krieger verloren.«

Ein Raunen fuhr durch das Lager. »Halbherz.« Ein paar Katzen murmelten es leise, ein paar senkten die Köpfe. Wolfspelz, Halbherz' Sohn, starrte geradeaus - in seinen Augen glänzte das Sternenlicht, sein eisblauer Blick war wie eingefroren.

Birkenpfote sah in den Himmel. Wer war dafür verantwortlich? Ein Fuchs? Ein Dachs? Ein Bussard? Oder vielleicht sogar ein Streuner? Gab es überhaupt Streuner hier?

Was, wenn es einer der Geister gewesen war? Was, wenn Frühling...? - Er schüttelte den Kopf. Halbherz ein kräftiger, starker Kater gewesen - Frühling wirkte eher wie ein großes Junges.

Und Frühling war anderes. Er war kein Streuner, er war kein Hauskätzchen, er war kein Krieger und kein Schüler, er war keine Katze aus dem SternenClan oder aus dem Wald der Finsternis, er war eine von den Katzen der anderen Welt, und doch war er anders als alle Katzen dort. Er war einfach da.

Aber wer dann?

Birkenpfote warf einen Blick auf den Leichnam, der auf der Lichtung lag. Sprossenfleck beugte sich zu ihren früheren Gefährten, verabschiedete sich - Borkenstern leckte ihm ein letztes mal über die Schulter - Hasenzahn, der Zweite Anführer, lächelte ihm noch einmal zu, ein letztes mal.

Wie viele würden noch folgen?

Ein Wimmern riss ihn aus den Gedanken, er fuhr herum. Etwas abseits standen Sturmjunges und Helljunges, gleich neben der Lichtung - Sie waren noch so jung. In was für einer Welt würden sie aufwachsen?

Er wandte den Blick ab, allein Sturmjunges' Wimmern hallte über die Lichtung. Vor wenigen Monden noch war er wie sie gewesen - ein Junges, kaum groß genug, die Kinderstube zu verlassen; doch jetzt fühlte er sich alt, unendlich alt.

Was, wenn es ein Geist gewesen war?

Birkenpfote senkte den Blick. Manchmal fühlte er sich so unglaublich hilflos.

Manchmal fühlte er sich so unglaublich einsam.

WarriorCats - Frühling (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt