5 | Heimlicher Flirt

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Hinter mir senkte sich die Matratze. Julian setzte sich hinter mich auf das Bett und ich streckte den Arm nach hinten aus, um ihm die Creme zu reichen. Nicht viel später spürte ich seine Finger auf meinen Schultern und zuckte zusammen; kühl war die Creme, die er sanft auf meiner Haut einmassierte. Ich schloss die Augen und presste meinen Kiefer aufeinander, während seine Finger meine Haut entlangstrichen. Mein Herz schlug ein bisschen zu schnell, ein bisschen zu laut und ich bemühte mich krampfhaft darum, ruhig zu atmen und mich nicht zu ihm umzudrehen. Als Julian jedoch meine obere Rückenmuskulatur zu massieren begann, zuckte ich erneut zusammen und verkrampfte mich.

»Beruhig dich«, sagte Julian eilig, »du bist nur verspannt.«

Ich straffte meine Schultern, aber ein unwohles Gefühl stieg in mir auf und mit diesem das Bedürfnis, mich seinen Berührungen zu entziehen. Die Finger auf meiner Haut arbeiteten sich ihren Weg nach unten, den Rücken entlang, und ich legte die Stirn in Falten. Was taten wir hier? Ich spürte Julians Atem in meinem Nacken, als er tief ausatmete, und versuchte ich ruckartig von ihm wegzukommen, woraufhin er mir unerwartet an die Hüften fasste und versuchte, mich festzuhalten. »Ich versuch deine Verspannungen zu lösen, bleib doch – «

Achtlos sprang ich vom Bett auf und starrte Julian entgeistert an, der nun abwehrend seine Hände hob. Falten bildeten sich zwischen seinen Augenbrauen, während ich seinen Blick erwiderte. Dass er nichts sagte, nichts tat, verunsicherte mich allerdings nur noch mehr. Die Gedanken in meinem Kopf ratterten förmlich; ich würde mich nicht wundern, wenn man das tatsächlich hören konnte.

»Spuck's schon aus«, sagte Julian.

Ich atmete tief ein und schluckte. Das unwohle Gefühl in meinem Inneren hatte sich in Übelkeit umgewandelt, mein Herz zog schmerzlich, als würde ich mich vor etwas erschrecken – wieder und wieder.

»Stehst du auf Männer?«, fragte ich leise.

Julian stieß ein Geräusch aus, der wie der Beginn eines Lachens klang, aber er lachte nicht; richtete sich unter einem Seufzen auf und nickte. Mein Herz machte einen Satz. Ich atmete tief ein. »Flirtest du mit mir?«

Julian kniff die Augenbrauen zusammen und musterte mich skeptisch. Dann stieß er lautstark Luft aus und verdrehte die Augen. »Nur weil ich einen Mann anfasse, heißt das nicht, dass ich mit ihm ins Bett will.«

Eilig griff ich nach meinem T-Shirt, das noch auf dem Bett lag, und zog es mir über, woraufhin sich die Augen des Madrilenen verengten. »Dein Ernst?«

Ich biss mir auf die Unterlippe. »Hast du mich deshalb in Madrid angesprochen?« Um mich abzuschleppen?, dachte ich, aber wollte es nicht aussprechen. Der Gedanke ließ mich erschaudern. Als Julian aufstand und mich erbost anblickte, wich ich einen Schritt zurück. Daraufhin stieß er abermals einen zischenden Laut aus und schüttelte verärgert den Kopf.

»Ist es das, was du glaubst?«, sagte er und verschränkte die Arme, »dass ich dich flachlegen wollte?«

Ich zuckte bei dem Wort flachlegen zusammen, aber davon ließ Julian sich nicht beirren.

»Wenn es so gewesen wäre, glaubst du wirklich, ich hätte dich mit zu mir nach Hause genommen? Zu meinem Vater, der mich verschlägt, wenn ich fremde Männer anschleppe

Die letzten Worte hatte er ausgesprochen, als würde er eine andere Stimme imitieren. Augenblicklich schossen mir die Bilder vom Abend bei Julians Familie in den Kopf; ich erinnerte mich an die Worte seines Vaters kurz bevor er auf ihn losgegangen war. Ich presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf, als könnte ich meine letzten Worte damit ungeschehen machen. »Ich wollte nicht – «

»Ich hab dich angesprochen, weil ich gesehen habe, dass es dir nicht gut geht«, fiel Julian mir ins Wort, »ich wollte dir helfen.« Er ging einen Schritt auf mich zu, seine Wagenknochen traten unnatürlich hervor. »Genau wie gerade eben.«

Zwischen den Welten - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt