26 | Abschied

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Ich saß auf einer hölzernen Sitzbank ohne Lehnen, fast wie in den Umkleideräumen meiner alten Schule, und schaute Julian dabei zu, wie er unsere Wäsche in die Waschmaschine stopfte. Das morgendliche Sonnenlicht fiel durch die kleinen Fenster auf den weißen Fliesenboden.

Julian drückte die Waschmaschinentür zu, bis sie mit einem Klacken einrastete, und befüllte die Maschine mit Waschmittel. Nachdem er sie eingeschaltet hatte, setzte er sich neben mich auf die Bank und lehnte sich an die Wand. Meine Blicke folgten jeder seiner Bewegungen. Ich fühlte mich ungewohnt leicht und biss mir auf die Unterlippe, um nicht wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. Ich hatte mit ihm geschlafen. So richtig mit ihm geschlafen. Und es fühlte sich komisch an, aber zugleich berauschte es mich, als stünde ich unter Drogen. Ich wusste nicht, wann ich mich das letzte Mal so gefühlt hatte.

»Du wirkst so glücklich, seit wir Sex hatten«, sagte Julian.

»Shh!« Eilig warf ich einen Blick zur Tür.

Er lachte. »Hier ist niemand.«

Ich atmete tief durch. Es mussten nicht gleich alle erfahren, was wir gestern getrieben hatte. Augenblicklich verzogen sich meine Mundwinkel wieder zu einem Grinsen, während sich mein Herzschlag beschleunigte.

»Es war einfacher, als ich gedacht habe«, sagte ich bemüht leise.

»Was hast du denn erwartet?«

Ich zuckte mit den Schultern.

»Na ja, du hast dich auch nicht schlecht angestellt«, sagte Julian und grinste. »Ich kenne wenig Männer, die so vorsichtig und langsam sind beim Sex.«

Naserümpfend wandte ich den Blick ab. »Sorry.«

Julian stieß mir neckisch gegen die Schulter. »Das war was Positives!«

Lächelnd senkte ich den Blick und nestelte mit den Händen am Bund meiner Hose herum. Ein sanftes Kribbeln machte sich in meiner Magengegend breit, als ich an den gestrigen Abend dachte.

Julian legte eine Hand auf meinen Oberschenkel und strich sanft über die Haut, die unter meiner kurzen Hose freigegeben wurde. Mir lief ein Schauer über den Rücken bei der Berührung und dennoch wanderte mein Blick erneut zur Tür. Es war niemand hier. Ich entspannte mich. Julians Hand wanderte weiter nach oben und nach innen und ich verfolgte seine Bewegungen gebannt.

»Die Typen, mit denen ich was hatte, haben meistens nur auf ihre eigenen Bedürfnisse geachtet. Deine Rücksicht war erfrischend«, sagte er.

Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Aber ich habe doch gar nichts Besonderes getan.«

»Nicht jeder ist ein Kavalier, der kurz vor seinem Orgasmus aufhört, um die andere Person auch zum Kommen zu bringen, David.«

Ich biss mir auf die Unterlippe und atmete zischend Luft ein. »Ich wollte mich nicht blamieren.«

Julian zog seine Hand zurück und schwang stattdessen ein Bein über die Bank, sodass er in meine Richtung gedreht saß. Er nahm meine Hand und streichelte mit beiden Daumen sanft über meinen Handrücken. »Sex ist kein Wettbewerb.«

Ich zuckte mit den Schultern. »Für mich ist es ein Geben und Nehmen.«

Ein Seufzen entwich Julians Kehle, ehe er betreten auf unsere Hände starrte und die Lippen aufeinanderpresste. Meine Augen verengten sich. »Was ist los?«

Er lächelte matt, ohne mich anzusehen. »Das sehen nicht alle so. Fabio zum Beispiel, der ist besonders gut im... Nehmen.«

Augenblicklich verzog ich das Gesicht und versuchte den Namen direkt wieder aus meinem Kopf zu streichen. Ich hasste es, dass er sich immer wieder zwischen mich und Julian drängte. Meine Hand ballte sich zu einer Faust, woraufhin Julian sie ein bisschen fester drückte und an sich zog. »Tut mir leid. Ich hätte ihn nicht erwähnen sollen.«

Zwischen den Welten - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt