7 | Heiß und Kalt

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»Ist das unserer Majestät etwa zu pöbelhaft?«

Ich drehte mich zu ihm um und ging räuspernd einen Schritt nach hinten, weil wir uns in der engen Kabine ein bisschen zu nah gekommen waren. Als ich mit den Kniekehlen gegen den hellbraunen Holztisch zwischen unseren Betten stieß, stoppte ich. »Ich habe schon in solchen Kabinen geschlafen. Auf Kreuzfahrten.«

Julian hob die Augenbrauen. »Wenn ich mir kein Wasser leisten kann, sauf ich auch immer Wein. Schmeckt eh besser.«

Stirnrunzelnd musterte ich den Madrilenen. »Wie viel hast du denn bezahlt? Ich kann dir die Hälfte dazugeben.«

»Natürlich kannst du das.« Julian seufzte, ehe er sich zu seiner Reisetasche bückte und sich Badehose, Boxershorts, ein T-Shirt sowie Sonnencreme herauspickte. Anschließend schob er die Tasche unter eines der Betten.

»Ich verstehe das Problem nicht«, sagte ich.

Schmunzelnd stand Julian auf und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Es gibt kein Problem.«

Ich begutachtete verunsichert Julians Arm, woraufhin der ihn sofort zurückzog und abwehrend die Hände hob. Julians Mundwinkel zuckten für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er sich räuspernd abwandte. »Komm, wir schauen uns das Schiff an.«

Unsere Kabine lag inmitten eines langen Flurs, in dem sich Tür an Tür reihte. Als wir in der Mitte des Schiffes ankamen, befand sich zu unserer Linken ein Treppenaufgang, der in weitere Etagen und auf das Oberdeck führte. Stattdessen gingen wir allerdings weiter den Flur entlang und kamen an einem kleinen Supermarkt, Kinderspielzimmer, Ruhezimmer sowie einem Internetcafé vorbei. Das Ende des Flures führte uns in ein Restaurant, das momentan noch spärlich gefüllt war. Vermutlich waren die meisten Gäste ähnlich wie wir noch dabei, sich in den Kabinen einzufinden oder das Schiff zu erkunden. Auch hier am Restaurant fanden wir einen Treppenaufgang, der uns geradewegs zum Oberdeck des Schiffes führte.

Mir fegte eine kräftige Brise um die Ohren, als ich durch die Tür ins Freie ging. Ich blinzelte, ehe ich mich an der Reling abstützte, um auf das weite Meer hinauszublicken. Hinter uns konnte man in der Ferne noch die Küstenlinie Barcelonas erkennen; in die andere Richtung sah man jedoch nur Wasser, in dem sich die hochstehende Sonne spiegelte.

»Ich liebe das Meer«, sagte Julian, nachdem er sich zu mir gesellt hatte.

»Wäre komisch, wenn nicht«, sagte ich.

Julian legte die Stirn in Falten. »Ja?«

»Du bist doch Spanier.«

Kopfschüttelnd lachte Julian auf. »Alle Spanier sind bekanntlich gleich.«

Daraufhin presste ich die Lippen aufeinander. Das hatte ich damit nicht ausdrücken wollen.

»Komm weiter«, forderte Julian und mich beschlich das Gefühl, dass er ganz genau wusste, wann unsere Gespräche in eine unangenehme Richtung abzudriften drohten. Ich folgte ihm stumm, bis wir zum Hauptdeck kamen, wo sich offenbar bereits ein beträchtlicher Teil der Gäste tummelte. Die weite Fläche bot neben zahlreichen Sonnenliegen und Stühlen auch einen kleinen Poolbereich, der Julians Augen aufleuchten ließ.

»Wir sollten erst essen«, sagte ich eilig, bevor er auf Ideen kam. Es war bereits nachmittags und außer unserem Frühstück hatten wir noch nichts gegessen. Julian verdrehte die Augen. »Spießer.«

Ich blieb mit verschränkten Armen stehen, woraufhin Julian sich grinsend zu mir umdrehte.

»Nicht? Du bist doch Deutscher«, sagte er neckend.

Ich atmete tief ein, aber wusste darauf nichts zu erwidern. Der Punkt ging an Julian.

»Schon gut, ich will ja nicht, dass du verhungerst«, sagte Julian und klopfte mir im Vorbeigehen auf die Schulter. Ich seufzte tief.

Zwischen den Welten - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt