„Ehrlich mal. Der flirtet wie ein Presslufthammer."

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„Hey Leute. Habt ihr Lust Caps zu verzieren."

Wir sind seit ungefähr eine Stunde hier und Kathrin prescht schon das zweite Mal in die Hütte und schreit. Das Zusammenleben wird sicher mühsam.

Feli, die inzwischen fertig ausgepackt und sich mit einem Buch auf ihr Bett verzogen hat, steht auf und streicht ihren kurzen Rock glatt.

„Ich mach mit.", antwortet sie. Unglaublich. Sie spricht. Zwar leise, aber da kommen tatsächlich ganze Worte raus. Ihre Stimme ist genauso süß, wie ihr Puppengesicht. Manchmal bin ich auch eine Weile stumm, aber leider überrasche ich niemanden mit so melodischen Klängen.

„Elly und ich auch."

Mai bestimmt es, ohne mich zu Fragen. Das macht sie manchmal, aber es stört mich nicht. Sie weiß inzwischen, was ich gerne mache. Bevor sie aus der Tür tritt, winkt meine beste Freundin mir zu mitzukommen. Ich ächze und strecke mich erstmal. Meine Tasche liegt nur halb ausgepackt auf dem Boden. Ich habe inzwischen die Glühwürmchen Metapher in mein Notizbuch geschrieben und alles mit Kritzeleien verziert. Danach habe ich mich meinem Handy gewidmet und alles Interessante mit Mai besprochen. Zumindest alles, was unsere neuen Mitbewohnerinnen mithören dürfen.

Mit langem Gähnen wandere ich als Letzte aus der Hütte. Das Sonnenlicht ist grell und das Camp überraschend voll. Überall laufen Teenager herum. In Bade- oder Sportkleidung, frisch vom Bus mit Taschen über den Schultern, bewaffnet mit Snacks, Büchern oder Spielen. Immer wenn ich so viele Jugendliche sehe, die Lachen, Reden und einfach sind wer sie sind, fühle ich mich fehl am Platz.

„Jetzt komm schon. Elly. Sonst gehst du im Gewühl noch verloren."

Dann schreit Mai solche Sachen und ich bin wieder vier und trotte meiner Mama zum Kindergarten hinterher. Lara, immer vorn, voller Elan und ich fünf Meter weiter hinten, weil ich mir gerade einen Marienkäfer genauer angeguckt habe.

Ich haste trotzdem an Mais Seite. Die nimmt meine Hand und zerrt mich mit, Kathrin hinterher, die fröhlich vor uns hopst. Feli hopst nicht. Die trottet so wie ich.

Unser Ziel ist ein Tisch, überladen mit Bastelsachen. Auf dem Bänken drumherum sitzen schon einige Camp Besucher und sind schwer beschäftigt. Der Anblick macht mir Lust selbst kreativ zu werden. Bis ich Chrissi entdecke und nichts anderes mehr tun will als sie anzustarren. Das gelbe Band an meinem Handgelenk kribbelt, als würden sie ein weiteres Mal darüberstreichen.

Sie hat ihre Kappe abgenommen. Die Sonne schmückt ihr Haar mit Goldstreifen und Karamell. Kleine Strähnchen haben sich aus ihrem Zopf gestohlen und wellen sich über ihre Ohren, wie Lametta. Die Arme auf dem Tisch abgestützt drückt sie den Rücken durch. Mit kleinem, frechen Lächeln sagt sie etwas zu einem Mädchen, das vor ihr am Tisch sitzt. Dieses nickt heftig, antwortet und Beide brechen in Lachen aus.

Wieder brennen heiße Tränen hinter meinen Augen. Mein Herz rast vor Eifersucht. Nicht wegen dem Mädchen, dem Lachen, dem Reden. Nicht, weil Chrissi ihre Aufmerksamkeit dieser Fremden schenkt. Ich bin eifersüchtig auf jeden, der einfach so mit Chrissi reden kann. Denn ich kann es nicht und mache einen großen Bogen um den Tisch herum, um mich so weit wie möglich von ihr wegzusetzen.

Ein Sicherheitsabstand bewahrt meinen Kopf vor einem Kurzschluss.

Kaum bin ich ein bisschen am Schwärmen, benehme ich mich nicht mehr wie ich selbst. Als hätte ich die linke, mit der rechten Seite vertauscht und beim Versuch zurückzutauschen hat sich alles verknotet. Ich mag mich nicht, wenn ich so durcheinander bin. Und alle anderen finden mich merkwürdig.

Mai ist immer sie selbst. Sie steht neben Chrissi und beschreibt ihr irgendwas. Auf jeden Fall fuchtelt sie wild mit den Händen. Es schmerzt weiter hinzusehen. Denn ich habe eine Menge schwieriger Gedanken. Der schlimmste ist der, der mich enttäuscht fragt, warum ich nur so sein muss, wie ich bin.

Glühwürmchen (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt