„Da kann ich dir dann echt nicht mehr helfen."

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Am nächsten Morgen versichert mir Lara unaufhörlich, dass sie für mich da ist. Ich habe sie wohl in ihrem Elternstolz gekränkt. Aber ich nicke und lächle, wie die brave, kleine Schwester, die ich schon immer war. Ihre Bemühungen machen keinen Unterschied. Marius ist das Sonnenlicht in Laras Leben. Der Mittelpunkt nach dem sich alles ausrichtet. Er hat den Platz eingenommen, den ich mal hatte.

Lara und ich haben unser ganzes Leben alle Freuden und Sorgen miteinander getragen. Wir teilten Lieblingsessen, Lieblingsserie und Lieblingsausflugsziel. Gerade weil wir so verschieden waren, zählten alle Gemeinsamkeiten umso mehr. Jetzt ist nur noch wenig davon übrig. Jeder hat seine Person. Nur ich habe niemanden, weil Lara mich eingetauscht hat. Es ist kindisch so zu fühlen, aber ich fühle trotzdem so.

Irgendwann gibt sich Lara zufrieden und ich komme um das Gespräch herum, das ich schon seit einem Jahr nicht führen möchte.

Wir kommen satt von Waffeln mit Schokocreme aus dem Essensraum und eine Meute Jugendleiter läuft an uns vorbei. Alle schwer bepackt, mit allem möglichen Badespielzeug.

„Hey.", ruft uns eine davon zu. Es ist die braunhaarige Freundin von Chrissi. „Heute ist das Wetter toll. Wir holen die Gummiboote raus. Schmeißt euch also in euer Badezeug und kommt zum See."

Die Werbung wirkt, zumindest bei mir. In meinen Gedanken bin ich schon im Bikini am Strand und schmeiß mich in ein Schlauchboot.

Auch Chrissi kommt aus dem hinteren Bereich des Gemeinschaftshauses und schleppt eine große Tasche. Unter ihrem weißen T-Shirt lugt ein bunter Bikiniträger hervor. Sie entdeckt mich, lächelt und kommt direkt auf mich zu.

„Hey. Elly.", ruft sie schon von Weiten und ignoriert eiskalt meine Freunde, mit denen ich in einer Gruppe zusammenstehe. Direkt vor uns klatscht sie die Tasche auf den Boden. Ihre Haut glänzt fettig und sie riecht nach Sonnencreme.

„Hallo zusammen.", grüßt sie dann doch noch den vernachlässigten Rest.

„Wollt ihr heute zum See kommen? Wir packen gerade alles an Schwimmzubehör aus, was wir so dahaben. Sogar Schnorchel und Flossen haben wir."

Chrissi schaut zwischen uns hin und her. Schaut mich viel länger an, wirkt als wollte sie etwas sagen, lässt es aber.

„Uh ja. Klingt super.", sagt Kathrin, die sich seit heute Morgen wieder besser fühlt.

„Hmm. Ich weiß nicht. Ich muss nicht unbedingt in den See rein.", murmelt Mai.

„Kathrin. Ich komm mit dir mit."

Mai sieht Feli nach diesen Worten stirnrunzelnd an.

„Magst du wirklich? Willst du nicht lieber dein Buch zu Ende lesen.", schlägt sie vor.

Feli grinst frech.

„Nö. Ich will heut baden. Du musst ja nicht mit."

Jetzt ist Mai in der Zwickmühle. Wenn sie sich mal überwindet, steckt sie vielleicht ihre große Zehe ins Wasser. Sie ist das Gegenteil einer Wasserratte.

„Ich bleib dann wohl am Strand.", murmelt sie. Als gute Freundin würde ich ihr jetzt anbieten etwas anderes zu machen. Aber Mai will die Zeit im Camp sowieso mit so viel Feli vollstopfen, wie es gerade geht. Außerdem möchte ich heute unbedingt baden. Nicht nur, weil Chrissi am See sein wird.

„Also kommt ihr alle. Du auch? Elly"

Jetzt hat mich Chrissi tatsächlich extra gefragt. Scheinbar will sie mich unbedingt dabeihaben. Sie sollte aufpassen und mich nicht zu glücklich machen. Sonst bricht mein Herz noch von Stücke in Krümel, wenn ich aus dieser Illusion wieder aufwache.

Glühwürmchen (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt