„Ich bin nur ein bisschen müde."

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„Hey. Alles gut. Ich hab dich. Elly. Ich hab dich."

Jemand hält mich im Arm und klopft mir auf den Rücken. Immer noch schüttelt mich Husten.

„Ihr seid verdammte Idioten.", schreit es irgendwo. Die Stimme kommt mir bekannt vor. Ich mag sie nicht, wenn sie so böse klingt. Alles brüllt durcheinander. Ein lautes Platschen übertönt das Geschrei.

„Du hast mir nen Kinnhaken verpasst. Das wird sicher ein riesiger, blauer Fleck.", murmelt die Person bei mir.

Endlich erkenne ich Kathrins Stimme. Ich schlage die Augen auf und blinzle, bis die Welt nicht mehr verschwimmt. Kathrin grinst mich an und streicht mir eine Strähne von der Wange. Auch Feli lugt über meine Schulter. Sie ist blass, aber gefasst.

„...mir leid.", krächze ich und huste ich noch ein paar Mal.

„Alles gut. Du warst in Panik. Ich bin in der Wasserwacht und kenn sowas."

„Hey. Ist bei euch alles In Ordnung."

Chrissi krault heran. Ihr T-Shirt klebt durchweicht an ihrem Oberkörper.

Kathrin sieht mich an, als müsste ich antworten. Aber ich bin mir unsicher, ob es mir gut geht. Ich habe mich erschrocken, bin vom Boot gestürzt, war vermutlich am Ertrinken und jetzt wabert ein dicker Nebel in meinem Kopf. Und ich bin so müde, dass ich direkt in Kathrins Armen einschlafen könnte.

„Uns geht's soweit gut. Elly hat sich nur erschrocken. Sie war überhaupt nicht lange unter Wasser. Ich hab sie mir geschnappt, bevor sie ein zweites Mal untergehen konnte. Und dann hat sie mir erstmal eine verpasst, dass ich Sterne gesehen habe. Aber Feli war ja auch da. Jetzt ist alles Ok. Und ihr seid die unverantwortlichsten Jugendleiter, die ich je gesehen habe.", antwortet Kathrin für mich.

Der letzte Satz klingt nach Standpauke. So habe ich Kathrin noch nie reden hören. Sonst ist sie immer so lieb und fröhlich. Chrissi zieht zerknirscht die Augenbrauen zusammen.

„Da fällt mir nicht mal was zur Verteidigung ein."

Sie streichelt über mein Haar und lächelt traurig.

„Tut mir so leid. Elly. Wir haben den Jungs noch zugebrüllt, sie sollen langsam machen. Aber die waren heute, wie die Höhlenmänner. Das hat man davon, wenn man nur die großen Kinder zum Boot fahren mitnimmt."

Ihr Ton ist ebenso verärgert, wie der von Kathrin.

„Und natürlich auch ein Tut mir leid an euch Beide.", wendet sie sich an meine Freundinnen. „Und danke, dass ihr schlimmeres verhindert habt."

Dann streckt sie ihre Hand zu mir aus. Glitzernde Wassertropfen rinnen über ihr Gesicht.

„Ich nehm euch jetzt mal Elly ab. Kathrin, Feli, ihr seid sicher müde. Die Boote sind zwar gekentert, aber ihr könnt euch an das Kleine an den Rand hängen, bis die Jungs, die wieder umgedreht haben."

Ich greife verdächtig schnell nach Chrissis Hand und diese zieht mich zu sich her. Während Kathrin und Feli davon schwimmen, streicht sie mir nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht. Eben war alles schlimm. Durch das moosgrün des Wassers, hatte ich bereits das Licht am Ende Tunnels gesehen. Ich brachte nicht mal einen letzten großartigen Gedanken zustande. In meinem Kopf wirbelte nur Panik und das Wort „Scheiße", als riesige Leuchtreklame. Jetzt ist alles besser. Ich lächle Chrissi an und schniefe laut. Seit meinem unfreiwilligen Bad läuft mir die Nase.

„Oh. Du bist wie eine getaufte Maus. Du Arme. Tut mir wirklich so leid. Elly. Jetzt schulde ich dir wohl schon wieder Eis und Süßigkeiten."

Ich kichere und schüttle den Kopf.

Glühwürmchen (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt