„Da liegt was in der Luft."

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Bis ich wieder mit Chrissi reden kann, leide ich unter Entzug. Weder die kurzen Blicke, die ich auf sie beim Essen erhasche, noch die Ablenkung durch meine Freunde hilft dagegen.

Mai stempelt mich als hoffnungslosen Fall ab. Denn ich sollte es besser wissen, woran ich bei Chrissi bin. Dann geht sie zurück zu Feli, die nicht einmal von ihrem Buch aufschaut. Mai kuschelt sich frech neben sie. Sie stiehlt das Buch und behält es, bis Feli nachgibt und ihren Arm um sie legt.

Wir gönnen uns heute einen faulen Tag in der Hütte, obwohl das Wetter schön ist. Endlich ein bisschen Zeit sich ausführlich dem Internet zu widmen. Ich suche Chrissis Instagram, TikTok, sogar Facebook und finde gar nichts. In meiner Verzweiflung besuche ich die Webseite des Camps, wo ich zumindest ein Foto von ihr finde. Während ich es mir aufs Handy kopiere, fühle ich mich wie ein Stalker. Und zucke ertappt zusammen, als Kathrin in die Hütte platzt.

„Hey Elly. Chrissi ist draußen und fragt nach dir.", brüllt sie. Im selben Moment schieße ich aus dem Bett hoch und stürme nach draußen.

Chrissi sitzt auf der Treppe zur Veranda. Sie hat ihre Kappe abgenommen und zieht ihren vollen Pferdeschwanz fester.

„Hey.", begrüße ich sie und lasse mich neben sie fallen. Sie trägt ein schwarzes Camp T-Shirt über den üblichen Khakishorts.

„Hey."

Sie lächelt, greift nach meiner Hand und drückt sie.

„Magst du Pudding? Der Chef hat eine ganze Fuhre aus der Stadt mitgebracht und jetzt steht im Zimmer der Jugendleiter der ganze Kühlschrank voll."

Während sie spricht, holt sie sechs Becher mit Schoko-Sahne- und Vanillepudding aus einem mitgebrachten Leinenbeutel. Dann zieht sie auch noch ein paar Löffel hervor.

„Gerne. Aber sechs ist ein bisschen viel für mich."

Chrissi kitzelt über meine Handfläche. Dabei legt sie den Kopf schief und grinst.

„Du kannst auch welche an deine Freunde weitergeben."

Ihre Berührung kribbelt meinen ganzen Arm hinauf. Seit gestern berührt sich mich anders. Das ist verwirrend, aber ich mag es zu gerne, um sie darauf anzusprechen. Am Ende hört sich noch damit auf. Das könnte mein armes Krümelherz nicht verkraften. Für mich kann die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe, gerne verschwimmen. Sie kann sich so lange vermischen, bis man keinen Unterschied mehr erkennt.

Leider lässt Chrissi mich viel zu schnell los und nimmt einen der Schokopuddings.

„Magst du denn hier?"

Ich nicke, sie reißt den Deckel auf und steckt einen Löffel hinein, bevor sie ihn mir gibt. Dann streicht sie mein Haar zur Seite. Ohne es zu wollen schrecke ich zurück. Chrissi reißt die Hand zurück.

„Ah. Sorry. Ich wollte nur nicht, dass du die schönen Haare in den Pudding tauchst."

Sie nagt verlegen an ihrer Unterlippe.

„Schon gut. Ich hab mich nur erschrocken. Du darfst..."

Ich stopfe mir einen vollen Löffel Pudding in den Mund. Beinah hätte ich ihr erlaubt mir in die Haare zu fassen. Aber ich weiß nicht, ob das zu seltsam ist.

Wir blinzeln uns verlegen an und kichern.

Auch Chrissi nimmt sich einen Pudding. Schoko-Sahne, so wie ich. Auch hier haben wir denselben Geschmack. Irgendwie passen wir schon gut zusammen.

Der Deckel knistert, als sie ihn abreißt. Sie ist schwer auf ihren Becher konzentriert, während sie den Löffel hineintaucht. Es lenkt auf jeden Fall von der merkwürdigen Stimmung ab.

Glühwürmchen (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt