„Jubel."

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Ich vermisse Chrissi. Es ist der zweite Tag unseres Versteckspieles. Sie ist zu meiner Hütte gekommen, um nach mir zu fragen und ich habe mich im Bad versteckt.

Später habe ich sie mit Andreas am Strand gesehen. Sie hielten Händchen, lächelten sich an, flirteten. Das macht sie öffentlich. Dafür braucht Chrissi keine Ausreden. Der Anblick schmerzte wie ein Wespenstich und trieb mir die Tränen in die Augen.

Jetzt liege ich auf den Bett, meine Augen sind wund vom Weinen und ich Tagträume von Chrissis Umarmung. Die Enttäuschung über ihre verzweifelte Suche nach einem Vorwand mich festhalten zu dürfen, hat mir die Freude darüber genommen. Trotzdem denke ich immer wieder an ihren warmen Körper so dicht an meinen, ihrem süßen Geruch in meiner Nase. Das Glück darüber, ihr beistehen zu können.

Egal was ich Chrissi gebe, sie will mich nicht. Ihr blöder „Teddy Bär" ist langweilig, unverschämt, faul und so viel besser als ich.

Die Tür klappt. Mai baut sich vor meinem Bett auf und zerrt an der Bettdecke.

„Raus aus den Federn. Du hast jetzt genug vor dich hingebrütet. Komm mit zum Mittelaltermarkt."

Das ein Ausflug zum Mittelaltermarkt ansteht ist mir neu. Und es ist mir egal. Ich werfe mich im Bett herum und murre, als wäre ich gerade erst aufgewacht:

„Ich mag nicht. Geh ohne mich."

„Vergiss es. Du kommst mit."

Meine beste Freundin reißt weiter an der Decke und kriegt sie schließlich von mir herunter. Ihre Beute landet als zusammengeknüllter Haufen auf dem Fußboden. Ich lege das Kopfkissen über meinen Oberkörper und drehe mich von der Nervensäge weg.

„Du hast doch Feli. Und Kathrin ist sicher auch gerne mit dabei."

„Wir brauchen aber auch dich mit dabei."

Niemand braucht mich. Mit einem Brummen ziehe ich das Kissen über mein Gesicht. Wenn ich Mai nicht sehe, kann sie mich nicht mehr stören. Ganz nach Kleindkindlogik, die auch nur in dem Alter funktioniert.

Mai kitzelt meine Füße. Ich quieke und zieh die Beine an. Dann haut sie mir auf den Po.

„Hey!"

Empört fahre ich nach oben und schleudere das Kissen nach ihr. Es fliegt direkt am Ziel vorbei und Mai grinst breit. Sie trägt heute einen schwarzen Schleier auf den Kopf und ein langes Kleid. Scheinbar hat sie sich bereits für den Markt herausgeputzt. Als dunkle Witwe.

„Nun komm schon. Chrissi ist auch nicht mit dabei. Die hat wohl heute frei."

Das macht den Ausflug nicht attraktiver. Auch wenn ich mich vor ihr verstecke, ist alles schöner, wenn Chrissi dabei ist.

„Komm schon. Wir haben nur noch ein paar Tage hier. Willst du die in der Hütte verbringen?"

Mit einem Zwinkern setzt sich Mai zu mir aufs Bett.

„Außerdem kauf ich dir auf dem Markt ein Crêpe."

„Hmm."

Ein ausgiebiges Strecken macht die Entscheidung nicht leichter. Tatsächlich rennen mir die Ferien davon und ich habe längts nicht alles an Spaß aus dem Ferienlager herausgepresst. Chrissi trat mit ihrem charmanten Lächeln und einem Eis in mein Leben und ich habe das Ferienlager pausiert. Es ging nur noch darum, dort zu sein, wo sie ist. Ab heute kann ich wieder ohne Chrissi in meinem Kopf entscheiden. Eine alte Freiheit, die ich nicht vermisst habe.

„Na gut. Aber ich bestehe auf das Crêpe."

„Klar!"

Mai nickt, schnappt nach meiner Hand und zerrt mich aus dem Bett.

Glühwürmchen (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt