Entschlossen binde ich meine Haare zu einem Dutt und mustere mich selbst ein letztes Mal in meinem Badezimmerspiegel. So mache ich es seit ich 24 Jahre alt bin, schon nahezu jeden Tag. Bei der Navy ist ein streng anliegender Dutt Pflicht. Nur wenn ich frei habe - obwohl, eigentlich nicht einmal dann - trage ich meine Haare offen. Wohl eher an Feiertagen, das ist die Ausnahme. Geburtstage, Thanksgiving, Weihnachten, Ostern oder der Unabhängigkeitstag. Das sind die Tage, an denen ich gerne länger vor dem Spiegel stehe.
Als meine Klingel läutet, stecke ich mir meine Sachen - in dem Fall Handy, Kopfhörer und Sonnenbrille - in meinen Rucksack und gehe zur Tür. Das ist meine Mutter, die mir versprochen hatte, am Tag meiner Abreise vorbeizuschauen.
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht öffne ich die Tür. Ich habe gerade noch Zeit, meinen Rucksack zu schultern, als meine Mutter mir entgegen springt: "Ich hab dich vermisst!"
Ich liebe Umarmungen - von Menschen die ich gern habe, versteht sich. Und unangefochten wird meine Mutter auch immer einer davon bleiben. Als sie sich durch ihre honigblonden Haare streicht, dessen Farbe ich von ihr geerbt habe, beginnt sie wirr über vieles zu sprechen.
Ich scheine zu verstehen, dass Onkel Ben und seine Frau Tina sich scheiden lassen wollen. Exklusiver Tratsch mit meiner Mutter wird mir fehlen, auch wenn ich viele Verwandte seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Für die Navy zu fliegen war mein Traum, seitdem mein Vater es tat.
Doch das Privatleben kommt viel zu kurz. Ich werde wie eine Spielfigur von Stützpunkt zu Geschwader geschoben. Jedoch habe ich genau für diesen Dienst in den Vereinigten Staaten meinen Eid geschworen.
"Mom, mach mal langsam.", schmunzele ich, "Erstmal schön, dass du da bist."
Nun stoppt sie endlich den Wasserfall an Wörtern, den sie über mich hereinprasseln lies.
"Ich weiß, dass du es eilig hast, deswegen komme ich gleich zur Sache.", beginnt sie und legt mir eine Hand an die Wange, um darüber zu streichen, „Das hat mir dein Vater für dich mitgegeben. Ich habe dir ja schon am Telefon gesagt, dass er nicht mitkommen konnte, weil dein Bruder Probleme mit seinem Wagen hat."
Dann zieht sie eine Erkennungsmarke der Army aus ihrer Hosentasche und drückt sie mir zwischen die Finger. Meine Mutter presst ihre Lippen zusammen, als die Erinnerungen an die Army-Zeit meines Vaters in ihr hochkommen. Niemand von uns wird diesen einen Tag vergessen. „Er wollte, dass du sie hast. Sie soll dir Glück bringen."
Ein Furche bildet sich zwischen meinen Augenbrauen, als ich über die Gravur streiche.
Hugh Donesh - Callsign Fire
„Danke.", flüstere ich und nehme meine Mutter in die Arme, bevor ich mir die Erkennungsmarke um den Hals hänge und unter meinem T-Shirt verschwinden lasse.
Mein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es Zeit wird.
"Sag Marc bitte, dass ich ihn auch lieb habe und er sein Auto in der Zwischenzeit nicht wieder schrotten soll.", ergänze ich und grinse bei dem Gedanken an den alten VW-Bus meines Bruders.
Vor allem ist mir dieser eine Tag in Erinnerung geblieben, als er mit seinen Freunden aus der Highschool das erste mal gekifft hat und ich ihm dabei helfen sollte den Geruch irgendwie wieder loszuwerden.
Meine Mutter gibt mir noch einen letzten Kuss auf die Stirn und antwortet: „Ruf mich an oder schreib mir! Ich bin so stolz auf dich."
Der Kloß in ihrem Hals ist schwer zu überhören.
Und doch kann ich es ihr nicht verübeln. Bei unserer Vergangenheit würde ich vermutlich alles darum setzen, um nie wieder ein Familienmitglied in einen Kampfjet steigen zu sehen. Und doch steht sie hier und unterstützt mich. Wenn auch widerwillig.Als ich meine Koffer zum Taxi schleppe, welches mich zum Flughafen bringen soll, werfe ich einen vorerst letzten Blick zurück auf die Frau, bei der ich mit sechs Jahren auf dem Schoß saß und Bilder von Vaters alten Einsätzen betrachtet habe. Der erste Gedanke, der mir damals durch den Kopf schoss war: Ich will das auch tun. Ich will wie Vater sein. Ich will fliegen.
Und ich tat es.
Als meine Mutter im Rückspiegel des Fahrzeuges immer kleiner wird, schlucke ich hart. Ich konnte ihr es unmöglich mitteilen. Sie hätte mich zuhause festgeschnallt und nie wieder gehen lassen.
Die Papiere haben mich gestern erreicht. Es war ein grober Umriss der Mission, für die ich ausgebildet werden soll. Meine Unterschrift war am mehreren Stellen nötig. Zunächst war es harmlos - ganz normale Parameter im Hinblick auf die Versetzung aus meinem letzten Geschwader.
Doch von Zeile zu Zeile wurden meine Augen größer. Ich musste die Risiken der Mission und des Trainings dafür abzeichnen. Dass mein möglicher Tod eine davon war, hatte ich ebenfalls zur Kenntnis genommen.
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TᴏᴘGᴜɴ - Rᴇᴅ Sᴜɴʀɪꜱᴇ
Fanfic-gerade in Überarbeitung, am Besten speichern und erst lesen wenn ich fertig bearbeitet habe, ansonsten gibts wahrscheinlich Anschluss- und Logikfehler- Victoria Donesh - Vic' genannt von ihren Freunden - ist 29 Jahre alt. Ihr Rufname "Flame" symbol...