Kapitel 1 - "till today"

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Entschlossen binde ich meine Haare zu einem Dutt, so wie ich es seit ich 24 bin, schon nahezu jeden Tag mache. Bei der Navy Pflicht. Nur wenn ich frei habe - obwohl, eigentlich nicht einmal dann - trage ich meine Haare offen. Wohl eher an Feiertagen, ja das ist die Ausnahme. Geburtstage, Thanksgiving, Weihnachten, Ostern oder der Unabhängigkeitstag. Das sind die Tage, an denen ich gerne länger vor dem Spiegel stehe.

Als meine Klingel läutet stecke ich mir meine Sachen - in dem Fall Handy, Kopfhörer und Sonnenbrille - in meinen Rucksack und gehe zur Tür. Das ist meine Mom, die mir versprochen hat, noch vor meiner Abreise vorbeizuschauen.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht öffne ich die Türe und meine Mutter springt mir schon fast entgegen: "Vici mein Baby, ich hab dich vermisst!" Ich liebe Umarmungen - von Menschen die ich gern habe, versteht sich. Und unangefochten bleibt meine Mutter wahrscheinlich auch immer mein Lieblingsmensch. Als sich meine Mom durch ihre honigblonden Haare streicht, dessen Farbe ich von ihr geerbt habe, fängt sie wirr an über vieles zu reden.

Ich scheine zu verstehen, dass Uncle Ben und seine Frau Tina sich scheiden lassen wollen. Exklusiver Tratsch mit meiner Mutter wird mir fehlen, und das obwohl ich viele Verwandte seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Für die Navy eine F-18 zu fliegen ist mein Traum, seitdem mein Dad in einer saß, allerdings muss man auch viel Arbeit und Zeit in diesen Beruf stecken.

"Langsam, Mom", schmunzele ich, "erstmal schön, dass du da bist." Meine Mom stoppt nun endlich damit, einen Wasserfall von Wörtern über mich hereinprasseln zu lassen. "Ich weiß du hast es eilig, deswegen gleich zur Sache: das hat mir dein Vater für dich mitgegeben. Ich habe dir ja schon am Telefon gesagt, dass er nicht mitkommen konnte, weil dein Bruder Probleme mit seinem Wagen hat. Er hat dir alles in diesem Brief aufgeschrieben, was er noch loswerden wollte." Ich lache und nehme den Brief entgegen.

"Sag Marc bitte, dass ich ihn auch lieb habe und er sein Auto ja nicht wieder schrotten soll", sage ich und grinse bei dem Gedanken an den alten VW-Bus meines Bruders.

Meine Mom gibt mir noch einen Kuss auf die Stirn und verspricht mir, dass sie auf Ophelia, meine Hündin, gut aufpassen wird.

Als ich meine Koffer zum Taxi schleppe, dass mich zum Flughafen bringen soll, werfe ich einen vorerst letzten Blick zurück auf die Frau, bei der ich mit 6 Jahren auf dem Schoß saß und Bilder von Paps' alten Kampfjets angeschaut habe. Der erste Gedanke, der mir damals in den Kopf schoss war: Ich will das auch tun. Ich will wie mein Dad sein.

Und ich danke Gott dafür, dass mich meine Familie bis dahin, bis zum heutigen Tag unterstützt, an dem ich zu einem neuen Trainingslager fliege für eine Mission, von der ich noch keinen blassen Schimmer habe.

Aber wenn mich ein Schreiben von der Navy erreicht, dass mich für so einen Zweck noch zusätzlich ausbilden will, dann wird meine Antwort sicherlich nicht Nein sein.

TᴏᴘGᴜɴ - Rᴇᴅ SᴜɴʀɪꜱᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt