Kapitel 33 - "don't loose us"

1.2K 55 4
                                    

Ich streife mir die Haare aus dem Gesicht und werfe meine Uniform frustriert in die Ecke. Ich bin wütend. Auf alles und jeden.

Ich streife mir Sportsachen über, denn alleine im Zimmer zu verweilen - mit dem Gedanken an Phoenix - ist eine Qual.

Also gehe ich trainieren, denn jetzt habe ich Kraft und auch genug Frust.

Ich lasse die Tür hinter mir ins Schloss knallen und lege einen bemerkenswerten Sprint die Treppe hinunter hin.

Auch mein Handtuch landet irgendwo bei den Cardio Trainern.

Mir ist auch Fanboys Blick egal, als ich ohne Aufwärmtraining sofort zu den Boxhandschuhen greife.

Ich prügele auf den Boxsack so lange ein, bis mir richtig heiß wird. Ich hatte ernsthafte, mehr als berechtigte Angst, dass Rooster auf den Captain losgeht.

Riskiert, dass unser Ausbilder, den ich ohnehin nicht ausstehen kann und den ich trotzdem irgendwie langsam zu verstehen beginne, von unserer Beziehung am Arbeitsplatz erfährt. Und er schubst mich von sich. Ich schlage weiter.

Frustriert keuche ich auf. Ich schwitze. Ich weiß nicht, wie lange ich blind auf den Boxsack einprügele, aber es hat dafür gesorgt, dass meine Arme zittern.

Irgendwie werde ich ruhiger und als ich mich umdrehe, realisiere ich, dass ich im Fitnessraum längst alleine bin.

Die wenigen Anderen haben mich verlassen, entweder weil ich sie mit meiner Laune vertrieben habe oder weil sie mit dem Training durch waren.

Was soll's. Kommt mir zugute. Die Einzige, mit der ich jetzt gerne reden würde, ist Phoenix und das ist unmöglich.

Ich hätte ihr das mit Rooster erzählen müssen. Alles. Sie kommt im Gegensatz zu den Mädchen in meiner Heimatstadt einer Freundin am Nähesten.

Als ich meine Stirn gerade am Handtuch abputze, geht die Tür auf. Es ist 10 Uhr abends.

Wer jetzt noch trainiert ist entweder so mit Emotionen vollgepumpt wie ich - oder heißt Bradley Bradshaw.

Ich schnaube: "Wenn du hier bist, um dich zu entschuldigen. Ich höre."

Rooster bleibt zwar vor mir stehen, allerdings nur, um sich Gewichte aus dem Regal zu nehmen.

"Ich bin hier, um zu trainieren", sagt er.

Ich fasse es nicht. "Das ist jetzt nicht dein scheiß Ernst", werfe ich ihm vor.

Rooster allerdings klemmt in einer Seelenruhe die Gewichte an die lange Stange auf der Hantelbank.

"Ich habe jetzt keinen Kopf dafür", murmelt er.

Ich schüttle meinen Kopf und gehe auf ihn zu: "Also von jetzt auf gleich ist das vorbei oder was?"

Rooster sieht mich aus seiner Hocke aus an: "Keiner hat etwas gesagt vom Ende. Ich kann nicht mehr klar denken. Ich habe heute fast eine meiner besten Freunde verloren. Dann war da noch Maverick - der Mann, der wie mein Vater sein sollte, aber mich nur behindert und jetzt gleichzeitig weiß, dass wir uns sehen!"

Ich balle die Hände: "Ich bin zu dir, weil ich Angst hatte, dass du auf ihn losgehst. Ich habe das für dich getan!"

Rooster atmet laut aus: "Wir waren zu lange in unserer Illusion. Wenn man lange genug fliegt, dann verliert man einen Wingman...", Bradley geht auf mich zu und nimmt taub mein Gesicht in seine Hände, "...was wenn du mein Wingman bist?"

Ich beiße mir in die Wange. Rooster flüstert:

"Ich könnte niemals mit dem Wissen leben, du bist wegen mir oder mit mir da oben gestorben. Ich könnte dich niemals verlieren. Also sag mir - wie sollen wir es schaffen zu fliegen, ohne zu denken?"

"Ich weiß es nicht."

Das ist wohl das Ehrlichste, was ich jemals ausgesprochen habe im Angesicht eines anderen Menschen. Im Angesicht von ihm.

"Es tut mir leid.", sagt er, "Aber heute war alles zu viel."

Er versucht es mit einem Kuss wieder gutzumachen.

"Trainier jetzt.", sage ich, "Krieg den Kopf frei. Wir reden dann."

Rooster nickt. Dann ist wieder die Stille zwischen uns. Und auch wenn ich gerade ehrlich war - ich kann ihm unmöglich ehrlich sagen, dass mir am Liebsten wäre, er wäre gar nicht erst für die Mission ausgewählt worden.

Auch wenn das heißen würde, wir hätten uns nie kennengelernt.

TᴏᴘGᴜɴ - Rᴇᴅ SᴜɴʀɪꜱᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt