Kapitel 7 - "talk"

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"Ich gehe noch ein wenig trainieren, ja?", rufe ich Phoenix zu, als ich mir ein Handtuch um die Schulter werfe.

Phoenix, Kopfhörer in den Ohren und Blick auf ihr Handbuch, sieht kurz auf und nickt.

Bevor ich das Zimmer verlassen kann, zieht sie sich die Kopfhörer aus den Ohren und redet mit mir: "Wir schaffen das, richtig? Wir sind die Besten."

Hinter ihrem Grinsen und dem gespielten Stolz der Tonlage, als sie mich das fragt, erkenne ich Nervösität.

Ich kann ihr das keinesfalls verübeln, denn die habe ich auch. Mehr als genug.

"Klar.", antworte ich und gehe einen Schritt auf ihren Schreibtisch zu.

Entspannt sinkt sie in den Stuhl, "Wir sind nach dieser Mission die coolsten Frauen auf dem Planeten, mann."

Jetzt lacht sie wieder wirklich: "Schön dich hier gefunden zu haben, Flame." "Finde ich auch.", antworte ich und grinse, als ich mich auf den Weg in den Trainingskeller mache.

Ich lasse die Tür hinter mir zufallen und laufe die Treppe hinunter. Ich will Kraftheben und meine Ausdauer trainieren.

Noch nie habe ich solche extremen G-Kräfte gespürt und ich will vorbereitet sein. Bei einer Mission über dem Atlantik war mein Maximum damals 7,8 G für wenige Sekunden.

Dass wir in weniger als 3 Wochen auf mehr als 9 G vorbereitet sein müssen, bedürft Vorbereitung.

Als ich die Glastür aufstoße, erblicke ich Coyote und Rooster, die Gewichte stemmen.

Ich begrüße sie mit einem Winken und lege meine Sachen in den Spind auf dem sogar mein Name steht.

V. Donesh.

Dann binde ich meine Haare zum Zopf und rolle eine Matte aus.

Ich beschließe mich direkt neben den Hanteln aufzuwärmen, da ich heute das Ziel habe, endlich meinen Rekord zu toppen.

Nach ein paar Dehnübungen und dem Rest des Aufwärmtrainings gehe ich zurück zum Spind, um zu trinken.

Als ich meine Flasche wieder hineinstelle, lehnt sich Coyote neben mich.

Er verschränkt die Arme und sieht mich an: "Weißt du, ich musste damals im Irak knappen 9 G standhalten." Ich lehne mich nun auch seitwärts an die Spinde: "Und? Wie war das?"

Coyote zieht die Augenbrauen zusammen: "Ich bin ohnmächtig geworden - selbst mit der speziellen Atemtechnik. Der Steigflug dauert mit unserer Geschwindigkeit zwar nicht lange, aber dann den Raketen der Todeszone in dem Zustand und mit einer verbogenen F-18 auszuweichen. Was die verlangen ist brutal."

Ich beiße mir auf die Lippe, alle hier wissen es, aber keiner spricht es aus.

Also tue ich es: "Die wissen es werden nicht alle schaffen."

Die Stille danach ist bedrückend.

Coyote und ich sehen uns an. Lange, aber es dauert, bis er beginnt zu nicken. Ich lege meine Hand auf seine Schulter: "Ich weiß nicht wie es dir geht, aber wir sind uns nun über dieses Risiko bewusst. Es hat einen Grund, weshalb man zur Navy geht. Und ich weiß auch, dass jeder hier das Zeug hat heil zu landen, okay?"

Coyote nickt und lächelt dann. Er schließt seinen Spind und zieht sein T-Shirt aus, um duschen zu gehen. "Na dann will ich dich bei deinem Training nicht aufhalten.", ruft er mir zu, als er geht.

Ich habe mich also getäuscht, nicht alle hier sind Hangman's. Und ich bin nicht die Einzige, in der auch Angst schlummert.

Ich grübele sogar, ob Coyote kein guter Trainingspartner wäre, als mich Rooster durch das Fallen lassen von zwei Hanteln aus meinen Gedanken reißt.

Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass sich ein Gewicht aus seiner Hantel gelöst hat.

Ich zögere nicht, sondern gehe zum anderen Ende des Raumes - an den Cardio-Trainern vorbei - wo er auf der Hantelbank liegt.

"Brauchst du Hilfe?", frage ich und lehne mich an die lange Spiegelwand zu meiner Rechten. Rooster setzt sich auf und nimmt einen Schluck von seinem Wasser, bevor er antwortet: "Alles gut. Nichts passiert."

Ich nicke: "Ich wollte mich nur revanchieren für deinen Tipp heute morgen."

Rooster lächelt, was mich sehr überrascht: "Viel gebracht hat er dir ja nicht."

Diesmal verschwende ich keine Zeit damit, darüber nachzudenken, ob er das beleidigend gegenüber mir oder Hangman gemeint hat.

"Nein", antworte ich, "das hat er echt nicht. Aber ich würde alles dafür geben einmal zu sehen, wie Hangman in seinem Ego niedergeschmettert wird."

Rooster steht auf und wirft sich sein Handtuch über die Schulter: "Warte bis morgen ab."

Verwirrt mache ich Platz, sodass er an mir vorbei zum Laufband gehen kann. "Was meinst du?"

"Die Listen hängen schon aus", erklärt mir Rooster, als er die Einstellungen betätigt, "ich fliege morgen mit Hangman. Du bist mit Coyote dran."

Obwohl ich es gerade könnte, verzichte ich auf meinen Freudentanz. Vielleicht hat Coyote mich auch deshalb vorhin angesprochen.

Ich sollte echt mal aufpassen und die Listen abchecken, die immer in unserem Gemeinschaftsraum angebracht sind. Zumindest seitdem Maverick so unvorbereitet war und ich mit Hangman fliegen musste.

"Versohl ihm den Hintern, verstanden?", schmunzele ich, als ich nach einer größeren Langhantel greife. Ich muss meine Kraft in den Armen trainieren, sodass ich auch während Steilflügen die Kontrolle über mich und mein Flugzeug habe.

"Hätte nichts anderes vorgehabt.", geht Rooster auf meinen Witz ein.

Wir lächeln uns ... unbeholfen ... an und für eine Weile trainieren wir still nebeneinander her.

Doch dann stellt er das Laufband ab und stellt sich neben mich. Sieht mit an, wie ich die 5 Kilo-Hantel immer wieder in der Armbeuge nach oben stemme.

"Lass mich dir mal helfen", sagt er und geht hinter mich. Verwirrt drehe ich meinen Kopf: "Was?"

"Vertrau mir.", sagt er.

"Darf ich?", fragt er dann. Noch ehe ich überhaupt verstehe, wie er mir helfen möchte, nicke ich. Pure Neugierde spricht aus mir.

Still stehe ich da, während er mit seinen Händen an meine Hüfte greift.

Er hält dabei zwar einen Guten Abstand zu meinem Körper, sodass wirklich nur seine Hände an meinem Becken liegen, aber trotzdem ist die Situation angespannt. Ich weiß nicht genau, woran das liegt.

"Halt die Spannung immer - auch im Cockpit - hier.", sagt er und deutet symbolisch auf meine Bauchmuskulatur, "Sobald du sie nach hier oben, an deine Schultern und vor allem in den Oberkörper verlagerst, haut es dich im Jet hin und her wie eine Gummipuppe. Am Schlimmsten in den Kurven der Mission bei der Geschwindigkeit."

Ich nicke und ärgere mich gleichzeitig darüber, dass ich selbst nicht dran gedacht habe.

Nun legt er seine Hände auf meine Schultern, um zu begutachten, wie ich nun die Hantel stemme und wo sich meine Körperspannung befindet.

Seine Hände sind warm und verschwitzt vom Kraftdrücken, aber dennoch beruhigen sie mich überraschenderweise.

"Danke", sage ich und drehe meinen Kopf wieder.

Ich bewirke ungewollt damit, dass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Rooster atmet hörbar laut aus und geht dann einen Schritt zur Seite: "Ich gehe schlafen. Gute Nacht."

Dieser Satz kam kälter. Viel zu kalt, nachdem wir uns einigermaßen gut verstanden haben.

Als die Tür hinter ihm zufällt und Rooster mich zwischen allen Fitnessgeräten alleine zurücklässt, erlaube ich mir nicht weiterzudenken. Monoton stemme ich die Hantel weiter auf und ab.

TᴏᴘGᴜɴ - Rᴇᴅ SᴜɴʀɪꜱᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt