Part 37: Das Fest der Liebe

699 65 6
                                    

Am nächsten Morgen wachte Manuel mit tiefen Augenringen auf. Er sah sich im Zimmer um und stellte fest, dass Taddl noch schlief. Sein Blick wanderte weiter, zum Abreißkalender, der an ihrer Wand hing. Dort prankte immer noch der 23. Dezember, weshalb Manuel aufstand, den kleinen Zettel abriss und auf die Kommode legte. Zum Vorschein kam der 24. Dezember. Weihnachten. Das Fest der Liebe... Manuel blieb noch kurz vor dem Kalender stehen, bevor er die Schultern zuckte und ins Badezimmer schlurfte. Heiligabend. Was sollte daran schon besonders sein? Ein Tag wie jeder andere auch. Ein weiterer Tag, an dem er sich für seine Feigheit schämte, wann immer er Taddl sah. Er war ein Feigling und würde es auch immer bleiben, egal, ob Weihnachten war oder nicht.
Weihnachten. Das Fest der Liebe...
Als Manuel wieder in das Zimmer kam, war Taddl auch aufgewacht und es ging genauso weiter, wie den Abend zuvor auch. Sie sprachen kein Wort, zeigten keine Emotionen und machten dennoch alles zusammen. Doch beim Frühstück trennten sie sich schließlich. Taddl murmelte etwas von "wichtig" und "draußen", bevor er verschwand. Manuel sah ihm hinterher. Normalerweise wäre er ihm nach gelaufen, doch er blieb sitzen. Der Speisesaal war leer, nur Manuel saß alleine an einem Tisch mitten im Zentrum des Saales. Eine komplette Stille umgab Manuel, allerdings war es keine angenehme Stille. Schließlich stand Manuel auf und machte sich auf den Weg zurück zum Zimmer. Dort setzte er sich auf sein Bett, bis ihm plötzlich auffiel, wie leer er sich fühlte, seit Taddl gegangen war. Wie sehr er das Kribbeln, die Schmetterlinge, vermisste. Die Wärme, die Taddl ausstrahlte, seine Stimme, sein Lachen. Alles. Doch Taddl war immer noch nicht zurück. Sorge breitete sich in Manuel aus, er wurde mit jeder Minute nervöser. Er erhob sich von seinem Bett, lief auf und ab, warf dauernd Blicke auf die Uhr. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er zog sich seine Schuhe und seine Jacke an und wollte gerade die Tür öffnen, als Taddl herein kam. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Blonden, sofort breitete sich die Wärme in Manuel aus. Doch das Kribbeln blieb aus. Schüchtern lächelte Manuel zurück, Taddls Augen strahlten ihm förmlich entgegen. "Komm mit..." Überrascht folgte ihm der Dunkelhaarige, langsam schritten sie durch das Wohnheim. Manuel war klar, dass sie nach draußen gingen, und wollte schon die Tür öffnen, als er eine Hand auf der Schulter spürte. Verblüfft drehte sich Manuel um, sah darauf hin aber gar nichts mehr, da Taddl ihm die Augen verband. Manuel begann zu widersprechen, doch schon fühlte er eine Hand an seiner. "Vertrau mir einfach.", war das letzte, was er hörte, bevor Taddl ihn hinter sich herzog. Das Gefühl, blind zu sein, war neu für Manuel, doch es war nicht unangenehm. Denn er vertraute Taddl... Dieser führte ihn immer weiter, bis der Blonde plötzlich stehen blieb. Manuel spürte Hände an seinem Hinterkopf, die das Tuch lösten, mit dem seine Augen verbunden waren.Nachdem sich Manuels Augen wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah er sich um. Die beiden Jungen standen mitten auf dem Hof, um sie herum lag irgendetwas im Schnee. Verwirrt drehte sich Manuel um sich selbst, bis er erkannte, dass es sich um die kleinen Zettel des Abreißkalenders handelte, die zu einem großen Herz angeordnet waren. Verwundert drehte er sich wieder zu Taddl: "Taddl, was -" Weiter kam er nicht, denn Taddl war ihm verblüffend nah gekommen und hielt seine Hände. Er war ein wenig größer als Manuel und sah mit einem liebevollen Blick auf Manuel herunter. Schließlich begann er leise zu reden: "Das, Manuel, sind all die Tage, an denen ich auf dich gewartet habe. All die Tage, an denen ich dich verzweifelt geliebt habe... und daran wird sich nie etwas ändern. Ich liebe dich..."
Manuels Augen weiteten sich. Und da sah er endlich klar. Melina war ihm nie im Weg gewesen. Sie war nur eine Ausrede, hinter der er sich immer versteckt hatte. Denn er hatte sich die ganze Zeit über im Weg gestanden! Doch damit war nun Schluss! Er liebte Taddl! Und nun war der Zeitpunkt gekommen, ihm das endlich mitzuteilen...
Manuel begann zu lächeln, das altbekannte Kribbeln kehrte endlich zurück.
Es war Weihnachten. Das Fest der Liebe!
"Ich dich auch.", murmelte Manuel. Taddl sah ihn überrascht an. Und schon schon lagen Manuels Lippen auf seinen.

GLPaddlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt