Kapitel 5

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Wir erreichen nach drei Tagen Aarenberg. Die Reise ist seit dem Angriff des Bären ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Der Weg war langweilig und manchmal beschwerlich. Langsam beginnt mein Hintern zu schmerzen. Dafür war das Essen köstlich. Es gab Fleisch. Bärenfleisch, Hirsch, Reh, Hasen, alles, was die Jäger mit einem gekonnten Pfeilschuss oder mit dem Wurf einer Lanze hatten erlegen können. Einmal hat Peter mich mitgenommen und dank meines Talentes als Bogenschützin habe ich ein Reh erlegt. Ich war mächtig stolz auf mich.

Einmal gab es sogar eine Art Huhn. Keine Ahnung, wie das Tier heißt. Das Fleisch war weiß und schmeckte köstlich. So weich und saftig war es, ein echter Traum. Severin, der für das Kochen zuständig ist, scheint mich in sein Herz geschlossen zu haben. Mir ist aufgefallen, dass er mir immer die zartesten und die schmackhaftesten Stücke reicht.

Es könnte auch daran liegen, dass ich ihm eine Salbe für seine Hämorrhoiden zubereitet habe. Schon am ersten Tag unserer Reise war mir aufgefallen, dass es ihm schwerfällt, ruhig auf seinem Pferd zu sitzen. Den ganzen Tag über habe ich das beobachtet, mich aber nicht getraut, ihn danach zu fragen. Natürlich war mir klar, unter welchen Beschwerden er leidet.

Erst am Abend habe ich ihn zur Seite genommen, meinen ganzen Mut zusammengenommen und ihn gefragt. Zuerst versuchte er Ausflüchte zu finden und vom Thema abzulenken. Deshalb habe ich ihn schließlich direkt gefragt. Da kam er mir dann nicht mehr aus.

Noch am selben Abend bin ich in den Wald gegangen, um die erforderlichen Kräuter zu suchen und habe die Salbe zusammengestellt. Seitdem geht es ihm von Tag zu Tag besser. Auch seine Stimmung ist deutlich ausgelassener.

„Dort unten liegt Aarenberg", informiert mich Peter.

Wir stehen an der Spitze des Trupps oben auf einem Hügel. Wir haben angehalten, um Ausschau zu halten. Unter uns liegt die Stadt im Abendlicht. Es herrscht emsiges Treiben in den Gassen. Das sehe ich von hier aus.

„Wenn wir durch das Stadttor geritten sind, müssen wir wieder die Höflichkeitsfloskeln einhalten", ermahnt mich Peter,

„Natürlich, mein Lord", sage ich grinsend.

„Lady Serena, Ihr seid zum Scherzen aufgelegt."

„Lady Serena?", frage ich überrascht. Dabei ziehe ich eine Augenbraue nach oben.

„Hier kennt dich niemand. Keiner weiß, dass du eine Magd bist. Also machen wir aus dir die Tochter der leider verblichenen Lady Rosa und von Sir Baltasar."

„Das kann ich doch nicht machen. Wenn mir jemand auf die Schliche kommt, werde ich in den Kerker geworfen."

„Wer soll uns auf die Schliche kommen. Meine Männer halten dicht."

„Und was soll das Ganze?"

„Wenn wir dich als Magd ausgeben, dann kann ich dich nicht überall hin mitnehmen. Du müsstest bei den Bediensteten leben und arbeiten."

„Und du hättest keine Kontrolle mehr über mich", sage ich verstehend.

„Ich könnte dich nicht mehr beschützen", korrigiert er mich.

„Ich soll mich mit den Adeligen an einen Tisch setzen? Ich weiß doch nicht wirklich, wie ich mich dabei benehmen soll."

„Das fällt nicht weiter auf. Du kommst ja aus der Provinz."

„Aha, du entschuldigst mich damit, dass ich ein Landei bin", sage ich gespielt verärgert.

„So in etwa", lacht er vergnügt auf. „Der kleine Schwindel hat aber auch einen anderen Vorteil."

„Der da wäre?"

„Wir haben doch den Auftrag, die Tochter des Grafen von Aarenberg zum König zu bringen. Ich schätze, sie ist etwa in deinem Alter. Was glaubst du, wie sich das Mädchen fühlt, wenn sie unter einem Dutzend Ritter ist."

Legenda Major - Gerneratio proximaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt