Kapitel 22

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Wir sind nun schon eine ganze Woche an der Arbeit. Lady Eleonora hat sich anfangs geweigert, ihre Macht abzugeben. Mit Hilfe der Wachen wurde sie schlussendlich des Schlosses verwiesen. Nach ihren Beschimpfungen gegen meine Person, habe ich ihr die angebotene Vergütung gestrichen und sie mittellos vom Hof gejagt.

Samantha hat sich bereits bestens in ihre neue Aufgabe eingelebt. Rebecca und sie sind ein eingespieltes Team. Seit ich weiß, dass sie mehr als nur normale Freundinnen sind, sehe ich die beiden in einem anderen Licht. Jetzt weiß ich, warum sie sich manchmal blind verstehen. Samantha hat mir erzählt, dass es zwischen ihnen gefunkt hat, als sie Rebecca erlaubt hat, zu baden. Der wunderschöne Körper habe es ihr sofort angetan. Auch deshalb sei sie überglücklich, keinen Mann heiraten zu müssen, hat sie gemeint. Das Einzige, was sie in diesem Zusammenhang bedaure sei, dass sie nun nicht mehr meine Stiefmutter wurde. Sie hat dies mit einem breiten Grinsen gesagt.

Lili hat sich als ausgesprochen kluge Frau erwiesen. Sie hat mit mir zusammen sehr schnell die Buchhaltung des Reiches durchforstet und zahlreiche Unregelmäßigkeiten entdeckt.

Wir sitzen nun im Thronsaal, der große Rat ist versammelt und die Lords, die unehrlich waren, werden einzeln aufgerufen. Lili hält jedem seine Verfehlungen vor. Teilweise haben die Herren enorme Beträge in den eigenen Taschen verschwinden lassen. Nach Lilis Vorhaltungen stehen sie wie begossene Pudel vor der Versammlung.

„Was machen wir mit diesen Herren?", frage ich in die Runde.

„Wir jagen sie mit Schimpf und Schande davon", rufen mehrere Räte.

„Was soll aus ihren Familien werden, aus ihren Kindern?", frage ich.

„Die sollen mit ihnen gehen!", ruft einer.

Andere wollen alle in den Kerker sperren, die Lords samt ihren Familien. Ich sage eine Zeit lang nichts. Mir gefällt die Sache nicht und ich überlege fieberhaft. Lili schaut mich fragend an.

„Was haben die Frauen und Kinder verbrochen? Warum sollen sie unter den Verfehlungen dieser Männer leiden. Wir wissen alle, wie viel Mitspracherecht Frauen bisher hatten."

„So gut wie keines", antwortet Lili. „Worauf willst du hinaus?"

Ich habe meinen Freunden erlaubt, mich auch in der Öffentlichkeit mit Du anzusprechen. Damit will ich ihre Position stärken, gleichzeitig aber auch zeigen, dass ich einen neuen Führungsstil habe.

„Warum soll die Frau dieses Mannes ...", dabei deute ich auf einen der Lords. „... bestraft werden? Sie hat doch nichts getan."

„Sie hat in Saus und Braus gelebt", wirft einer der Räte ein.

„Das kann schon sein, aber hat sie auch darum gebeten? Hat sie gewusst, wo das Geld herkam?"

„Vermutlich nicht", gibt der Rufer zu.

„Diese Männer", dabei deute ich auf die Beschuldigten, „Werden ab sofort in den Stallungen arbeiten. Sie werden sich um das Vieh kümmern und wehe, sie behandeln die Tiere nicht gut. Ihre Frauen möchte ich morgen hier im Thronsaal sprechen."

In diesem Moment kommt Rebecca in den Saal und informiert mich, dass Anna eingetroffen ist. Ich bitte sie, meine Freundin ins Kaminzimmer bringen und für sie ein Zimmer vorbereiten zu lassen.

Ich beschließe schnell die Sitzung und mache mich zusammen mit Lili auf den Weg ins Kaminzimmer.

„Was hast du vor mit den Frauen?", will sie wissen.

„Jede von ihnen soll die Wahl haben, ob sie bei ihrem Mann bleiben und vom kargen Lohn leben will, den er für eine Arbeit in den Stallungen bekommt oder ob sie selbst eine Arbeit im Schloss übernehmen will. Damit können jene, die ihre Männer lieben, bei diesen bleiben, die anderen haben die Möglichkeit sich zu trennen und selbst etwas aus ihrem Leben zu machen. Ich gehe sowieso davon aus, dass es sich bei den meisten um arrangierte Ehen handelt und sie sich von ihren Männern lossagen werden."

Legenda Major - Gerneratio proximaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt