Gedanken

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"Was ist los? Du bist so still!", stieß mich Laura leicht von der Seite an, während wir zusammen zurück zum Hotel liefen. Zwar wäre auch ein Bus zurück gefahren, doch ich brauchte die frische Luft grade und am Strand entlang dauerte der Rückweg auch grade mal eine halbe Stunde. Ich wäre auch alleine gelaufen, doch Laura wollte mich unbedingt begleiten.

"Ach, alles gut. Ich hoffe nur, dass meine Hand das Wochenende gut übersteht.", versuchte ich mich rauszureden.  Dabei bemerkte ich selber, dass ich wenig überzeugend wirkte. Doch ich hoffte einfach, dass Laura es dabei belassen würde.

"Hat es was mit dem Mann von vorhin zu tun? Der, der dir beim Scherben aufsammeln geholfen hat?", machte sie meine Hoffnung doch direkt zu nichte. Kurz sah ich zu der Blondine neben mir. Ihre schulterlangen Haare waren ein wenig heller als meine. Doch genau wie ich, trug sie meistens einen Pferdeschwanz. Sowohl zum Arbeiten als auch daheim. In der Hinsicht fanden wir es beide schrecklich, wenn einem die Haare im Gesicht hingen. Auch in Hinsicht auf Nils waren meine langen Haare eher unvorteilhaft, doch von ihnen trennen wollte ich mich auch nicht.

"Wie kommst du denn darauf? Er war einfach freundlich und nicht so hochnäsig wie die anderen Gäste.", versuchte ich nicht wirklich auf ihre Frage einzugehen. Konnte man nicht einmal seine Ruhe haben? "Aber er sah doch ganz ansehnlich aus!", machte meine Freundin jedoch weiter. Ich hörte das lächeln in ihrer Stimme. Ich wusste das sie es nicht böse meinte. So war sie nun mal. Sie glaubte immer noch fest daran, dass jeder von uns irgendwann den richtigen Mann finden würde, der auch das dazugehörige kleine Anhängsel akzeptieren würde. Auch wenn diese Vorstellung echt schön war, glaubt ich da nicht so dran. Wo sollte ich denn auch jemanden kennenlernen?

"Man Laura! Muss man direkt wegen jedem Kerl, der gut aussieht und ein wenig zuvorkommend ist, durch den Wind sein? Kann man sich nicht einfach Gedanken um seine Gesundheit und die Arbeit machen?", maulte ich sie nun an, was mir im selben Moment auch wieder leid tat.

Doch wenn sie wüsste wie Recht sie mit ihrer Aussage hatte, dann würde sie mich nie wieder in Ruhe lassen.

Ich könnte mich selber dafür erschlagen, dass mich diese Situation so aus der Fassung gebracht hat, dass ich nun immer noch daran dachte. Hoffentlich war er morgen nicht mehr da oder ich würde ihm einfach nicht mehr über den Weg laufen.

"Sonst melde dich doch für morgen krank, wenn es mit deiner Hand nicht geht!", riss mich Laura nun wieder aus meinen Gedanken. "Du kannst das zusätzliche Geld genauso gut gebrauchen wie ich. Du weiß das ich mich nicht krankmelden werde!" und damit liefen wir zu meinem Glück den Rest des Weges schweigend zurück zum Hotel.

***

"Ich hoffe die beiden sind dir nicht zu sehr auf die Nerven gegangen?", fragte ich schmunzelnd bei Nicole nach, als wir unser Hotelzimmer betraten. "Es ist ja nicht so, dass ich nicht vorher wusste auf was ich mich bei euern Jungs einlasse.", gab sich grinsend von sich. Zum Glück benahmen sich die beiden bei ihr meistens. Denn sonst konnten zwei 5 jährige zusammen schonmal ganz schön anstrengend sein.

"Mami, was hast du da an der Hand?", stand nun Nils vor mir und zupfte an dem Ende des Verbands. 

"Da hab ich mir bei der Arbeit ein wenig weh getan, aber das ist halb so schlimm.", erklärte ich dem Kleinen in Kurzfassung und war wieder einmal froh drüber, dass Kinder in dem Alter sich mit so einer Antwort zufrieden gaben.

Nachdem Nicole gegangen war, waren auch die Jungs schnell im Bett. Da man mit 5 Jahren schon zu groß war, um einen Mittagsschlaf zu machen (so versuchte es mir der Kleine zumindest immer wieder klar zu machen), waren sie nach dem Vormittag am Strand und dem Nachmittag mit der Kindersitterin so erledigt, dass beide schnell einschliefen.

***

"Darf ich mich zu dir setzen?", ertönte Lauras Stimme leise neben mir. Sie hatte ebenfalls ein Glas Wein in der Hand. Ich hatte mich auf den Balkon verzogen, da ich Nils in Ruhe schlafen lassen wollte und die frische Luft wenigstens ein wenig meine kreisenden Gedanken zur Ruhe brachten. Nicht nur unsere Zimmer waren durch eine Verbindungstüre verbunden, auch teilten wir uns einen Balkon.

Sofort meldete sich mein schlechtes Gewissen wieder, dass ich sie vorhin so angefahren hatte.

"Tut mir leid, dass ich dich vorhin so angegangen bin.", entschuldigte ich mich demütig, statt ihr eine Antwort auf ihre eigentliche Frage zu geben. Doch anscheinend war das auch gar nicht nötig. Sie zog sich den zweiten Stuhl zurecht und setzte sich neben mich.

Eine Zeit lang saßen wir nur schweigend da und sahen der untergehenden Sonne dabei zu, wie sie den Himmel in viele verschiedene rot und lila Töne färbte.

Immer wieder kreisten meine Gedanken um das Zusammentreffen mit dem blauäugigen Mann heute Nachmittag... um Nils seinen Erzeuger... Warum um alles in der Welt musste ich ihn hier wiedersehen. Warum in aller Welt musste ich diesen Job unbedingt annehmen? Hoffentlich war das unser erstes und letztes Wiedersehen.

"Wenn du reden willst, du weißt das ich immer für dich da bin.", durchbrach Laura vorsichtig die Stille. Zum Glück war sie nicht nachtragend und ich wusste, dass sie mir meine Wortwahl von vorhin nicht krumm nahm.

"Das weiß ich sehr zu schätzen, doch es ist wirklich alles in Ordnung.", versuchte ich sie zu besänftigen. Auch wenn es schwer war, da ich dieses zusammentreffen einfach vergessen wollte.

"Ich wollte es dir auch nur nochmal gesagt haben.", bekräftigte sie nochmals ihre Worte, beließ es dann aber dabei.

Den Rest des Abends wurde das Thema zum Glück nicht mehr angesprochen und wurde sogar noch relativ lustig. Ok... die Flasche Wein die wir jeweils intus hatten tat ihr Übriges dazu, auch wenn wir es beide wahrscheinlich morgen bereuen würden.

Erst spät gingen wir schlafen. Und wenn ich gewusst hätte, was am nächsten Tag auf mich zukommen würde, hätte ich mir die Weinflasche wahrscheinlich gespart beziehungsweise wäre ich am nächsten Morgen im Bett liegen geblieben.

und plötzlich warst du da (Max Verstappen FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt