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Taehyung

Es sind bereits drei Wochen vergangen, seitdem ich Jungkook nicht mehr sehen durfte. Und diese Zeit ist währenddessen verdammt langsam verstrichen und mindestens die Hälfte des Tages hing ich mit meinen Gedanken bei meinem Freund. Irgendwie ist es ein verdammt ungutes Gefühl, nicht mal im Ansatz erfahren zu können, wie es dem Jüngeren geht. Ob er vielleicht doch Fortschritte macht, sich nichts ändert oder es ihm schlechter geht. Verdammt, diese Unwissenheit macht mich fast wahnsinnig.

Ich gehe jetzt auch übrigens wieder zur Schule. Eine Woche nachdem ich entlassen wurde, hatten wir alles zu ende geklärt, sodass ich wieder in den Unterricht einsteigen kann. Allerdings habe ich absolut darauf bestanden die Schule zu wechseln, damit ich meine alten 'Freunde' nicht wiedersehen muss und außerdem will ich auch keine Flashbacks bekommen. Mein Therapeut hatte das sogar auch empfohlen, als wir kurz vor meiner Entlassung über das Thema Schule gesprochen hatte.

Es ist jetzt nicht so, als wäre ich sonderlich erfreut darüber, wieder in die Schule zu gehen, aber Vorteile hat es trotzdem. Erstens bekomme ich so wieder einen relativ guten Tagesrhythmus und außerdem wäre es mir auch sehr lieb, meinen Abschluss zu schaffen. Und zu guter letzt kann ich mich zumindest teilweise ein bisschen ablenken.

Während ich nun mit dem Bus wieder nach Hause fahre, schaue ich wie meistens gedankenverloren aus dem Fenster nach draußen. Ich brauche nicht mal Musik in meinen Ohren, um gerade alles andere, was sonst noch um mich herum passiert ausblenden zu können. Ich vermisse ihn so sehr. Es ist wirklich verrückt, wie sehr es eine Person beeinflussen kann, wenn sie dauernd an jemand anderen denken muss. Manchmal versuche ich meine Gedanken an Jungkook so gut es geht ins Positive zu ziehen. Die schönen Sachen, die wir schon zusammen erleben konnten, auch wenn wir in der Psychiatrie festsaßen und es natürlich immer wieder Probleme gab. Aber dennoch komme ich am Ende immer wieder zu meinen Sorgen um den Jüngeren zurück, aber das ist wohl normal. Ich liebe ihn und er ist mir wichtig. Wichtiger als alles andere in dieser Welt.

Nach einer Weile schrecke ich hoch und schaue auf die Anzeige im Bus. Ich bin zu weit gefahren. Mal wieder. In letzter Zeit passiert mir das wirklich ständig, da ich eben offensichtlich in meinen Gedanken hänge. Seufzend drücke ich auf den Knopf, welcher dem Busfahrer signalisiert, bei der nächsten Haltestelle anzuhalten. Dort angekommen steige ich dann aus und schlage den Weg zu mir nach Hause ein. Heute ist es zum Glück nicht so weit und ich muss wahrscheinlich nur ungefähr zehn Minuten gehen, bis ich wieder Zuhause ankomme.

Die frische Luft tut mir zumindest relativ gut und nachdem ich unsere Wohnung betreten habe, steuere ich direkt den Weg in die Küche an. Zwar hatte ich bereits in der Cafeteria unserer Schule etwas zum Mittag, aber jetzt ist es immerhin schon nachmittags und ich habe wieder Hunger. Also stelle ich mir einen Becher mit Instant-Tteokbokki in die Mikrowelle und warte, bis dieses sich dann aufgewärmt hat. Währenddessen ziehe ich noch schnell meine Schuhe aus und stelle diese zur Seite, ehe ich mir das fertig Essen sowie Stäbchen schnappe und damit in mein Zimmer gehe.

Als ich meinen Rucksack ebenfalls abgenommen habe und meine Schuluniform noch schnell gegen gemütliche Klamotten getauscht habe, setze ich mich hin und mache mir zum Essen noch eine Serie auf Netflix an. Ablenkung und in gewisser Weise Unterhaltung.

In Ruhe esse ich und stelle erneut fest, dass dieses Essen frisch gemacht um einiges besser schmeckt, aber so ist es dennoch eine Option, die vor allem schneller geht.

Nur durch Zufall sehe ich genau in dem Moment auf mein Handy, in der ich von einer Person angerufen werde. Ich habe die Nummer nicht eingespeichert, aber dennoch hebe ich ab. Die Hoffnung mit meinem Freund sprechen zu können, hat mich noch nicht komplett verlassen.

"Taehyungie.."

"Jungkook! Endlich! Verdammt, ich vermisse dich so sehr..", stoße ich direkt aus, als ich tatsächlich die Stimme des Jüngeren am anderen Ende der Leitung vernehme. Bereits jetzt tut es gut, diese einfach nur zu hören.

"Ich dich auch, Hyung..", gibt Jungkook direkt zurück und seufzt etwas. Es muss für ihn mindestens genauso hart sein, von mir getrennt zu sein. Und dazu noch gar keinen Kontakt zur Außenwelt zu haben, stelle ich mir grauenhaft vor. "Wie geht's dir, Baby? Wie ist es da drin?"

Jungkook zögert kurz, bevor er zu sprechen ansetzt, um mir eine Antwort zu geben. "Ich hab nicht so wirklich eine konkrete Ahnung, wenn ich ehrlich sein soll. Alles hier drin ist super langweilig und eintönig und alles, was ich mache wird irgendwie überwacht. Das ist richtig ekelhaft.", murrt mein Freund vor sich hin, was ich aber sehr gut nachvollziehen kann. "Ansonsten ist es ganz- naja okay, denke ich? Ich weiß es wirklich nicht, Hyung. Die haben mich auf irgendwelche Medikamente gesetzt und jetzt bin ich mir manchmal nicht ganz sicher, was ich fühle."

"Das ist okay, Kooks. Vielleicht wird es so ja wirklich etwas besser. Ich bin einfach so froh, dass ich jetzt mit dir sprechen kann.. Es war so grausam, gar nichts von dir zu hören..", seufze ich leise in den Hörer, freue mich aber dennoch, dass es gerade nicht ganz so schlimm zu sein scheint, wie es in der letzten Zeit der Fall gewesen war.

"Ging mir nicht viel anders.. Es ist so beschissen, dass ich nicht mal regelmäßig Kontakt zu dir haben darf. Das hier ist gerade nur eine Art Belohnung, weil in den letzten Tagen alles in Ordnung war, aber lange Zeit hab ich trotzdem nicht..", Jungkook seufzt nun ebenfalls, aber ich kann ihn verstehen. Es wäre bestimmt von Vorteil, wenn wir öfter miteinander sprechen könnten. "Und was ist mit dir, Tae? Wie geht's dir?"

"Ich denke allgemein ganz gut. Ich bin jetzt wieder in der Schule und das ist auch ganz Ordnung, aber ich vermisse dich einfach zu sehr, als dass es mit richtig gut gehen könnte", murmle ich und mir ist egal, wie kitschig ich in diesem Moment vielleicht klinge.

Noch ein paar Minuten können wir weiter reden, dann muss Jungkook das Telefonat aber auch schon wieder beenden. Wow, ganze zehn Minuten hat man uns gegönnt. Von mir aus hätten die ruhig mal etwas großzügiger sein können, aber daraus wird wohl nichts.

Dennoch aber bin ich froh, wenigstens mit dem Jüngeren gesprochen zu haben. Das beruhigt mich zumindest ein klein wenig und hoffentlich kann ich ihn einfach bald wieder in meine Arme schließen.

pain - taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt