Kapitel 27
Vergangenheit und Zukunft Teil I
· • ✤ • ·Interessiert blättere ich durch Ilarias Jahrbuch. Ich möchte ohne ihre Hilfe herausfinden, welchen der Jungs sie wohl gedatet hat. Da sie sich selbst als ‚unscheinbar' betitelt hat, schließe ich die Sportler aus und konzentriere mich eher auf ‚normal' aussehende Typen und Jungs, die Außenseiter gewesen sein könnten. Auf der Highschool steht dieser ganze Quatsch leider immer noch sehr im Fokus. Überrascht ziehe ich die Brauen hoch, als ich Ilarias Namen unter einem der Fotos lese. Natürlich habe ich nicht angenommen, dass sie sich schon auf der Highschool ihre Haare blau gefärbt hat, doch ich bin überrascht, als ich sie so jung und mit ihren naturblonden Haaren sehe. Sie hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert.
„Okay, das hat mich eiskalt erwischt", stelle ich fest, ehe ich lache.
„Tz, so hässlich war ich nun auch wieder nicht", antwortet Ilaria, ehe sie mich mit ihrer Schulter anstupst. Mit meinem Ellbogen stupse ich zurück.
„Nein, nein, das meinte ich gar nicht. Gott bewahre." Ich lege meine Hand an ihren Schenkel und streichle sie, um sie wieder zu besänftigen. „Ohne dem Namen hätte ich wohl zweimal hinsehen müssen, um dich zu erkennen."
„Gefalle ich dir?"
Ich zucke mit den Schultern. „Ja, du warst ein süßes Mädchen. Große Augen, schönes Lächeln. Eigentlich fast unglaubwürdig, dass du nicht zu den beliebten Kids gehört hast." Ich überfliege die anderen Portraits. „Weißt du, die Highschool fehlt mir überhaupt nicht. Ich bin froh, dass ich dieses Kapitel schon lange hinter mir habe. Dieser ewige Beliebtheitswettbewerb war grausam."
„Ja, an der Uni war das dann glücklicherweise vollkommen egal. Und jetzt im richtigen Leben fällt es mir eigentlich ganz leicht, jemanden zu finden, mit dem ich mich anfreunden kann. All die dummen Klischees, mit denen man zu kämpfen hatte, sind verschwunden, das macht es um so vieles einfacher. Leider kommen nach der Highschool andere Faktoren dazu, aber ich will mich nicht beschweren."
„Ach, dein Lächeln verschafft dir bestimmt Pluspunkte, wenn es um den Umgang mit Menschen geht. Mich hast du jedenfalls sofort mit deinem Lächeln verzaubert", meine ich, ehe ich wieder auf das alte Foto von Ilaria sehe. Man merkt, dass sie in den letzten Jahren erwachsener geworden ist. Mit 17 hatte sie doch noch recht kindliche Gesichtszüge. Einige Mädchen in ihrem Jahrgang sehen dagegen deutlich reifer aus. Vielleicht liegt das aber auch am Makeup?
„Danke, das ist lieb von dir." Ilaria lehnt sich an mich und sieht ebenfalls in das Buch. „Sei ehrlich. Wenn du mich so kennengelernt hättest, hättest du dann Interesse an mir gehabt?" Sie tippt mit ihrem Zeigefinger auf ihr Portrait.
„Gott, nein", antworte ich schnell, worauf Ilaria wieder von mir ablässt.
„Wow. Mit so einer harschen Antwort hätte ich nicht gerechnet. Darf ich fragen warum nicht?" Ihr Gesicht verrät mir, dass ihr die Antwort nicht gefällt. Sie wirkt beinahe beleidigt, dabei habe ich das keinesfalls so gemeint.
Überlegend ziehe ich die Brauen zusammen. „Weil das unpassend gewesen wäre. Wie alt warst du? 17? 18? Du warst quasi noch ein Kind und ich 23 oder 24. Das wäre nicht okay gewesen. Außerdem waren wir an ganz anderen Punkten in unserem Leben. Du kurz vor deinem Studium und ich habe zu viel gearbeitet und war in jeder freien Minute in irgendwelchen Clubs oder Bars, um zu saufen und Musik zu machen." Ich mache eine ausladende Handgeste. „Das hätte dir auch gar nicht gutgetan, zu der Zeit war ich ein ziemlicher Vollidiot. Ich war teilweise ungenießbar, sobald ich getrunken hatte, von den Drogen ganz zu schweigen. Es ist ganz gut, dass wir uns erst jetzt über den Weg gelaufen sind."
Ilaria hebt ihre Schultern. Sie wirkt etwas enttäuscht, als sie mir antwortet: „Du hast schon recht, aber es ist trotzdem irgendwie schade. Ich dachte, dass du jetzt irgendetwas Romantisches sagst."
Ich lege meinen Arm um Ilaria, ziehe sie zu mir und küsse ihre Schläfe. „Entschuldige, Prinzessin. Die Realität ist leider nicht immer romantisch. Aber wir haben uns ja trotzdem gefunden, hm?"
Sie nickt. „Ja, das haben wir. Und ich denke, dass ich dich noch eine Weile behalte." Ich bekomme einen liebevollen Kuss auf die Wange. „Jetzt musst du mir aber von deiner Highschoolzeit erzählen!"
„Ich muss?", frage ich nach.
„Ja, bitte. Bitte, bitte." Um mich zu überzeugen, küsst sie meine Wange einige weitere Male. „Bitte?"
Ich kneife mein Auge zu und drücke Ilaria sanft von mir. Dieser Überfall macht mir das Denken nicht gerade leicht. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich war ein durchschnittlicher, eher ruhiger Schüler. Im Unterricht habe ich halbwegs gut aufgepasst, aber auch viel Zeit damit verbracht, in irgendwelche Bücher zu kritzeln." Ich grinse. „Mein Physiklehrer meinte, dass mich meine Zeichnungen nie weiterbringen werden, aber Dank meinem Talent hatte ich einen guten Job im Silicon Valley, also hatte er Unrecht."
„Und was hast du sonst gemacht?"
„Gezeichnet, Gitarre gespielt, Songs geschrieben, außerdem habe ich mir den einen oder anderen Job gesucht, um meine Mum zu unterstützen. So aufregend war die Zeit nicht." Ich wiege den Kopf hin und her. „Gut, ich war dumm und habe mich ab und zu geprügelt, wenn mir jemand zu sehr auf die Nerven gegangen ist. Irgendwann ist auch der ruhige Nerd am Ende seiner Geduld. Dass ich recht viel Kraft hatte und mir nichts gefallen lassen habe, hat mir irgendwie Respekt eingebracht, schätze ich. Die Schlägereien in der Schule sind recht schnell wieder weniger geworden. Wahrscheinlich auch, weil ich Mum keinen Ärger machen wollte."
„Hast du dich schlimm verletzt, wenn du dich geprügelt hast?", fragt Ilaria nach, wobei sie über meinen Arm streicht.
„Mal ein blaues Auge, eine blutige Lippe, aufgeschlagene Knöchel oder Knie, ein paar blaue Flecken. Sah meistens schlimmer aus, als es war. Ich bin doch recht zäh würde ich sagen." Ich ziehe einen Mundwinkel hoch und ziehe Ilaria zu mir, um ihre Stirn zu küssen. „Mittlerweile bin ich aber ruhig und brav, also mach dir keine Gedanken, ja?"
„Ich weiß. Du bist ein großer, kuscheliger Teddybär", spricht sie zufrieden und schlingt ihre Arme um meinen Hals. Ich drehe meinen Kopf in ihre Richtung und wir küssen uns.
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Apple Pie
Romance[abgeschlossen] Nach einer langen Nacht im Club beschließt der übernächtigte Musiker Killian, sich einen Kaffee und ein Stück Apple Pie aus seinem liebsten Coffee Shop zu holen. Sein Plan, nach Hause zu gehen, eine Dusche zu nehmen und anschließend...