Kapitel 4~

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Runa POV
Milo stand auf, als ich das Wohnzimmer betrat. Er kam erst auf mich zu, blieb dann aber stehen. Etwas unbeholfen sahen wir uns an. „Das mit gestern tut mir wirklich leid, Runa“, entschuldigte Milo sich und ich schüttelte den Kopf. „Schon okay, ich hätte mich ankündigen sollen.“ Noah seufzte. Milo schmunzelte einfach nur und nahm mich dann in den Arm. All meine Anspannung fiel von mir ab und ich erwiderte die Umarmung. „Ich hab dich so vermisst“, murmelte Milo. „Ich dich auch.“ Erleichtert sah Milo mich an. „Ich hatte gestern wirklich Angst, dass du mich jetzt hasst…“, murmelte er und ich schüttelte den Kopf. „Ich kann dich gar nicht hassen Milo. Ich war nur sehr verschreckt und selber ängstlich, dass du mich hasst.“ Milo schüttelte lächelnd den Kopf und wir setzten uns aufs Sofa.

„Wie geht’s dir, Runa?“, fragte Milo mich. „Wesentlich besser. Anfangs war es wirklich nicht einfach…aber…ich hab mir eine neue Therapeutin gesucht und das hat mir dann nach und nach geholfen. Es hat aber lange gedauert, bis ich mich wieder richtig unter Menschen getraut habe“, erzählte ich und kraulte Wuschel. „Aber dann ist es schön, dass es dir jetzt besser geht“, meinte Noah und ich lächelte ihn an. „Du bist erwachsen geworden…“, murmelte Milo nachdenklich. „Dabei warst du gestern noch so klein.“ Ich lachte, weil Milo wirklich eine kleine Größe mit seinen Händen zeigte. „So klein bin ich schon lange nicht mehr“, meinte ich und er grinste mich schelmisch an. „Aber so arg viel größer bist du auch nicht“, erwiderte er und ungläubig sah ich ihn an. „Das ist nicht fair“, murrte ich und er grinste. „Was habt ihr in letzter Zeit so getrieben?“, fragte ich die Beiden und machte es mir im Schneidersitz bequem. „Getrieben haben wir es viel“, meinte Noah und Milo sah ihn fassungslos an. Bei mir dauerte es etwas, bis ich kapierte, was Noah meinte und vergrub mein Gesicht in den Händen. „Gott Noah, sowas muss ich wirklich nicht wissen“, stöhnte ich und er lachte. „Sorry, das musste sein. Aber Spaß beiseite. Nachdem ich Milo wieder seelisch aufgebaut hatte, haben wir nicht sehr viel gemacht.“ Seufzend schüttelte ich den Kopf. Ich war zwar froh, dass es zwischen den Beiden gut lief, aber über das Sexleben meines Bruders musste ich nun wirklich nicht Bescheid wissen.

„Und wie geht es deiner Schusswunde Milo?“, fragte ich und Milo zog einfach sein Oberteil aus. Es war eine Narbe zu sehen und Schuldgefühle überrannten mich. „Oh nein Runa! Ich kenne diesen Blick, hör sofort damit auf!“, meinte er streng und ertappt sah ich auf den Boden. „Aber es ist doch meine Schuld…hätte ich damals einfach sofort Liam gehorcht, dann hätte er nicht auf dich geschossen…“ Milo kam zu mir, ging vor mir in die Hocke und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. „Es. Ist. Nicht. Deine. Schuld!“ Seine dunkelblauen Augen waren voller Ernst und ich glaubte ihm. „Du zweifelst immer so schnell an dir selbst“, murmelte er und ich zuckte mit den Schulter. „Du auch“, erwiderte ich und er grinste. Milo setzte sich neben mich und zog mich in seine Arme. Dabei rutschte mein Oberteil an der rechten Schulter ein wenig nach unten und mein Tattoo kam zum Vorschein. Überrascht sahen Milo und Noah mich an, wobei Milo eher ein wenig entsetzt wirkte. „Du hast dich tätowieren lassen?“, fragte er mich und ich nickte. „Ich…ich hatte dort eine Narbe, die mich zu sehr an Liam erinnert hat…deshalb…hab ich mich tätowieren lassen“, erzählte ich und Milo fuhr mit einem Finger das Tattoo nach. Es war eine Feder, die direkt über Liams Namen war und mit hellen blau und lila Tönen umrandet wurde. Von der Spitze der Feder flogen noch ein paar kleine Vögel weg. „Hat das nicht wehgetan?“, fragte Noah mich. „Doch, aber es ging. Außerdem habe ich lieber den Schmerz ausgehalten, als ständig im Spiegel seinen Namen auf meinem Körper zu sehen“, antwortete ich ihm und sah Milo an. „Es ist wirklich schön“, murmelte er und sah mich nun auch an.

„Die ganzen Männer müssen doch verrückt nach dir sein, Runa. Hast du keinen Freund?“, fragte er mich und traurig lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Es klappt nicht so. Ich hatte zwar ein paar Dates, aber scheinbar bin ich zu unfähig eine Beziehung aufzubauen“, murmelte ich und zuckte mit den Schultern. „Aber ich hab ja euch und Wuschel, also mach dir nicht zu viele Gedanken, Milo“, meinte ich und sah ihn an. Zweifelnd sah er mich an und ich seufzte. „Das ist mein Ernst, Milo. Ich komme klar. Vielleicht klappt es irgendwann ja doch und wenn nicht, dann ist es so.“ Milo glaubte mir noch immer nicht ganz, ließ es aber ruhen. Wir redeten noch ein wenig über Gott und die Welt und machten abends zusammen Abendessen. „Wann fliegst du eigentlich zurück?“, fragte Noah mich während dem Essen und ich schluckte. „Morgen…“, antwortete ich zögerlich. Noah seufzte und ich sah die Beiden entschuldigend an. „Magst du nicht noch etwas bleiben?“, fragte er mich. „Das geht nicht. Ich kann weder mein Hotelzimmer noch den Mietwagen verlängern.“ „Du kannst doch bei uns wohnen. Dein Zimmer ist noch immer da.“ Unsicher sah ich Milo an. War es für ihn auch okay? Wir hatten zwar wieder ein gutes Verhältnis, aber es konnte ja dennoch sein, dass er ein Problem damit hatte. „Ich würde mich auch freuen, wenn du noch bleibst, Runa“, meinte Milo und ich stimmte zu. „Gut, dann holen wir morgen deine Sachen, okay?“, schlug Noah vor. „Wollt ihr, dass ich heute schon hierbleibe?“, fragte ich verwundert. „Du hast getrunken Runa, so lasse ich dich bestimmt nicht Auto fahren“, stellte Milo klar und ich seufzte. „Na gut“, gab ich nach.

Wir saßen zusammen auf dem Sofa, redeten und tranken Glühwein, viel Glühwein. Irgendwann waren wir alle aber müde und ich war sehr betrunken. „Oh je, du verträgst scheinbar nicht viel“, meinte Milo und hob mich hoch. „Ich kann laufen…“, murmelte ich und kuschelte mich an ihn. „Ja, aber nicht geradeaus“, erwiderte er schmunzelnd. „Das ist unfair…ihr habt genau so viel getrunken…“, lallte ich und schloss die Augen. „Aber du bist es nicht gewohnt und du bist wesentlich kleiner und leichter als wir.“ Murrend vergrub ich mein Gesicht in seinem Oberteil. Lachend trug Milo mich nach oben und setzte mich auf dem Bett ab. „Es ist mir damals nicht leichtgefallen, zu gehen…aber ich musste…“ „Ich weiß und ich bin dir auch wirklich nicht böse, Runa.“ Schniefend sah ich Milo an. Er wurde nur durch das Licht des Mondes, der durch das Fenster schien beleuchtet, denn er hatte das Licht an der Decke nicht angemacht. „Ich hab deine Nummer oft eingetippt, aber dann doch nie angerufen…“ „Runa, du musst dich für nichts rechtfertigen. Ich habe dich bedrängt, habe nicht bemerkt, dass du dich am liebsten zurückziehen möchtest. Es ist okay, dass du das gemacht hast, was du brauchtest, auch wenn ich am Anfang natürlich verletzt und besorgt war. Inzwischen habe ich gemerkt, dass du verdammt stark bist und auch manchmal deinen eigenen Weg gehen musst.“

Liebevoll sah Milo mich an und das war zu viel für mich, ich fing an zu schluchzen. Erschrocken sah er mich an. „Hey, hey, was ist denn los? Wieso weinst du jetzt?“, fragte er besorgt und setzte sich neben mich. „Du bist so lieb zu mir“, schniefte ich und schmunzelnd nahm er mich in den Arm. „Da wird wohl jemand sehr emotional, wenn sie getrunken hat“, neckte er mich, aber das war mir egal. Ich hatte Milo mehr vermisst, als ich mir selbst eingestehe wollte. „Ist ja gut, Runa. Hör bitte auf zu weinen, ich ertrage es nicht, dich so zu sehen.“ Weinend sah ich ihn an. „Tut mir leid…aber…aber ich kann nicht aufhören.“ Kopfschüttelnd drückte Milo mich wieder an sich. „Du bekommst nie wieder so viel Alkohol“, stellte er klar. Auch wenn er dabei streng war, hatte seine Aussage einen liebevollen Unterton. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließen meine Tränen nach und ich wurde sehr müde. Milo legte mich ordentlich ins Bett und deckte mich zu. „Schlaf gut Runa“, flüsterte er. „Du auch“, nuschelte ich und er hatte nicht einmal das Zimmer verlassen, da schlief ich schon ein.

You are Mine, little Bird 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt