Kapitel 21~

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Liam POV
Ich schaute immer wieder zu Runa. Sie sah nicht glücklich aus, aber das würde sich hoffentlich noch ändern. Sie schlief ruhig, das hatte sie auch nötig. Seufzend fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare und konzentrierte mich wieder auf die Straße. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir da und ich parkte in der Garage neben dem Haus. Ich stieg aus, ging um das Auto herum, öffnete die Beifahrertüre und hob Runa vorsichtig aus dem Auto. Sie murmelte irgendwas und drehte sich in meinen Armen, bis sie ihr Gesicht in meinem Oberteil vergraben konnte. Das brachte mich zum schmunzeln und ich trug sie ins Haus, wobei es nicht so einfach war, die Türe zu öffnen. Vorsichtig legte ich sie aufs Sofa und ging neben ihr in die Hocke. „Runa, wir sind da, wach auf“, weckte ich sie vorsichtig. Sie grummelte und drehte sich wieder, wobei sie fast vom Sofa fiel, aber ich hielt sie fest. Blinzelnd öffnete sie ihre Augen und sah mich müde an. „Bau bloß keinen Scheiß Liam“, hauchte sie und schlief wieder ein. Seufzend deckte ich sie zu. Dann würde Runa später essen, aber scheinbar war sie jetzt gerade sehr müde, da konnte ich sie einfach nicht wecken. Ich holte die Pizzen aus dem Kofferraum und setzte mich dann neben Runa.

Ihr Satz eben verwirrte mich mehr, als ich zugeben wollte. Was meinte sie damit, dass ich keinen Scheiß bauen sollte? Nachdenklich begann ich meine Pizza zu essen und beobachtete Runa dabei. Die Pizza war nicht mehr ganz warm, aber es war okay. Als ich meine halbe Pizza gegessen hatte wachte Runa auf und setzte sich auf. Sie gähnte und sah mich noch etwas verschlafen an. „Gut geschlafen?“, fragte ich sie und sie kuschelte sich an mich. Ich stellte den Pizzakarton auf dem Sofatisch ab und zog Runa an mich. „Ich meinte das vorhin ernst, Liam. Mach keinen Scheiß“, sagte sie und ich sah sie fragend an. „Was meinst du damit?“, wollte ich wissen. „Wenn das funktionieren soll, musst du Rücksicht nehmen. Du darfst nicht ausrasten…ich will das versuchen, Liam, ehrlich.“ „Ich werde Rücksicht nehmen, versprochen.“ Ein wenig skeptisch war Runa noch, aber sie rückte nicht von mir ab. „Hast du Hunger?“, fragte ich sie. „Ein wenig“, antwortete sie und ich reichte ihr den Pizza Karton. Sie öffnete ihn und fing an zu essen. Ich aß ebenfalls meine Pizza weiter. Während dem Essen schaute Runa auf die Flyer, die ich auf den Tisch gelegt hatte.

„Denkst du über Abtreibung nach?“, fragte ich sie und sie sah mich traurig an. „Das könnte ich nie. Ich würde damit einfach zwei Leben auslöschen…das kann ich einfach nicht…ich bin nicht glücklich, zumindest jetzt…aber die Würmchen deshalb umbringen?“ Verwirrt sah ich sie an. Würmchen? Wie kam sie denn jetzt auf Würmchen? „Was siehst du mich so an?“, fragte sie mich und legte den Kopf schräg. „Du hast gerade Würmchen gesagt, das verwirrt mich“, gab ich zu und sie lachte. Endlich lachte sie mal wieder, sie hatte in letzter Zeit zu viel geweint. „Ich habe entschieden, dass das unsere Würmchen sind. Sie sind ja auch noch klein“, meinte sie und aß weiter ihre Pizza. Kopfschüttelnd stellte ich meinen leeren Karton weg und Runa kicherte immer noch etwas. Sie aß ihre komplette Pizza und kuschelte sich dann wieder an mich. „Darf ich meinem Bruder schreiben?“, fragte sie nach einer Weile. „Nein“, antwortete ich entschlossen und sie rückte etwas von mir ab. „Bitte Liam. Ich werde keine Hinweise geben, wo wir sind. Du darfst den Brief sogar vorher lesen. Ich möchte doch nur, dass er weiß, dass es mir gut geht“, flehte sie und ich sah sie streng an. Ich hatte gewusst, dass diese Diskussion irgendwann kommen würde, aber ich hatte dennoch gehofft, dass es nicht so wäre. „Du bist bei mir, also geht es dir gut“, sagte ich lediglich und sie ballte die Hände zu Fäusten. „Du bist grausam Liam! Wieso darf ich keinen Kontakt mit meinem Bruder haben?“ „Weil du mir gehörst! Außerdem wirst du ihn nie wieder sehen, was bringt es dir dann, ihm Briefe zu schreiben? Du wirst ja auch nie welche zurückbekommen!“

Entsetzt sah sie mich an und ihr traten Tränen in die Augen. „Ich hab ihm versprochen zu schreiben…“, hauchte sie und ich seufzte. „Das hättest du nicht tun dürfen, kleiner Vogel“, meinte ich und zog sie an mich. Sie wehrte sich, aber ich war immer noch der Stärkere von uns Beiden. Schluchzend lag sie in meinen Armen und ich strich ihr über den Kopf. „Sobald unsere Würmchen da sind, hast du eh keine Zeit mehr um an ihn zu denken“, meinte ich und sie gab einen abwertenden Ton von sich. Auf einmal wehrte sie sich wieder heftiger, aber ich ließ sie nicht los. Ein Fehler, wie ich kurz darauf merkte, denn sie hatte sich gewehrt, weil sie aufs Klo wollte, da sie erbrechen musste und nicht, weil sie mir flüchten wollte. Ich fluchte, denn sie erbrach sich nun auf mich. Verängstigt sah Runa mich an, als sie nicht mehr erbrechen musste. Sie zitterte sogar. „Shh, keine Angst, Runa“, murmelte ich und stand auf. Ich zog sie mit mir ins Bad und zog sie zuerst aus, bevor ich sie in die Dusche schob. Dann zog ich mich aus und warf unsere Sachen ins Waschbecken. Noch immer zitterte Runa und sie versuchte sich zu bedecken, als ich zu ihr in die Dusche trat. Seufzend machte ich das Wasser an und stellte es auf eine angenehme Temperatur. „Wieso hast du jetzt solche Angst?“, fragte ich sie und zwang sie, mich anzusehen. „Du bist doch sauer auf mich, weil ich mich auf dich übergeben habe…“ murmelte sie und ich seufzte. „Ich hab mich geärgert, ja, aber das war allein meine Schuld, weil ich nicht bemerkt habe, dass dir schlecht ist. Ich bin nicht böse auf dich, wirklich nicht, Runa“, versicherte ich ihr und sie nickte. Sie ließ sich von mir waschen und wirkte sogar ein wenig so, als würde sie es genießen.

„Ich hoffe, dass es nicht so schlimm wird. Ich will nicht zu anstrengend für dich werden“, murmelte sie und lehnte sich an mich. Lächelnd legte ich meine Arme um sie und legte meinen Kopf auf ihrem ab. „Du wirst mir niemals zu anstrengend, kleiner Vogel“, versicherte ich ihr und löste mich von ihr. Zweifelnd sah sie mich an und verließ die Dusche. „Ich leg mich gleich ins Bett, okay?“, fragte sie und ich nickte. Ich duschte mich noch kurz selber ab und trat dann ebenfalls aus der Dusche. Ich trocknete mich ab und schlang dann das Handtuch um meine Hüfte, bevor ich unsere Klamotten auswusch. Als sie ausgewaschen waren hängte ich sie zum trocknen auf und ging ins Schlafzimmer. Runa trug eine Leggings und einen Pulli von mir, der ihr natürlich zu groß war. „Schlaf gut, ich bin noch ein wenig unten“, meinte ich und sie nickte. Sie kuschelte sich ins Bett und schlief fast sofort ein. Lächelnd zog ich mir einfach eine Boxershorts und ein T-Shirt an. Leise verließ ich dann das Zimmer, machte das Licht aus und schloss die Türe. Unten im Wohnzimmer machte ich erstmal die Terrassentüre auf, damit es nicht mehr nach Erbrochenem roch. Glücklicherweise war nichts auf dem Sofa oder sonst wo gelandet, deshalb musste ich nicht putzen. Ich setzte mich aufs Sofa und machte den Fernseher an. Zwar würde ich gerne neben Runa im Bett liegen, aber erstens war ich noch nicht müde und zweitens wollte ich ihr auch noch ein wenig Ruhe geben. Sie brauchte das. Ich machte einen Actionfilm an und setzte mich gemütlich hin. Sobald es nicht mehr nach Erbrochenem roch machte ich die Terrassentüre zu und setzte mich wieder hin. Es war wieder ziemlich kühl, weshalb ich mich zudeckte. Der Film war nicht sonderlich spannend, weshalb ich irgendwann ungewollt einschlief.

You are Mine, little Bird 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt