Runa POV
„Denkt ihr Liam wird irgendwann ausbrechen können?“, fragte ich auf einmal und Noah bremste heftig ab. Erschrocken sah ich nach vorne. Wuschel bellte erschrocken, beruhigte sich aber wieder, als ich ihn beruhigte. Noah fuhr wieder los und Milo sah mich erschrocken an. „Wie kommst du denn darauf?“, fragte er mich und ich seufzte. „Er hat es gesagt…ich hab ihn vor ein paar Monaten besucht“, antwortete ich ihm und er sah entsetzt aus. „Ich musste es tun, Milo. Ich musste damit abschließen und das habe ich jetzt. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass er wirklich ausbricht, aber er hat es gesagt und das macht mir doch mehr Angst, als ich dachte.“ Milo seufzte und drehte sich wieder nach vorne. „Runa, er ist in einem Hochsicherheitsgefängnis, das weißt du. Er kann nicht entkommen und auch sein Geld wird ihm nicht weiterhelfen.“ Noah sagte das so entschlossen, dass ich ihm glaubte, aber der Gedanke hatte mich doch irgendwie dauernd beschäftigt.„War es seltsam ihn wiederzusehen?“, fragte Noah mich und ich seufzte. „Irgendwie schon, aber ich musste es tun. Ich musste mich vergewissern, dass wirklich er im Gefängnis sitzt und nicht irgendein Doppelgänger.“ „Das verstehe ich und es scheint dir ja auch wirklich geholfen zu haben.“ Milo sah ihn kritisch an und ich seufzte. So gut es ging legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und er sah mich an. „Milo, es hat mir wirklich geholfen. Seit dem geht es mir besser“, versicherte ich ihm, verschwieg aber, dass ich kurz nach dem Besuch noch einen heftigen Zusammenbruch gehabt hatte. „Wenn du das sagst“, murmelte er und ich lächelte. Nur wenige Minuten später waren wir im Hotel und Milo ging mit mir auf mein Zimmer um meine Sachen zu packen. Mit meiner Reisetasche, die ich nicht tragen durfte, und meiner Handtasche, verließen wir das Zimmer wieder und ich gab den Schlüssel unten ab. Bezahlen tat ich natürlich auch noch und dann gingen wir wieder raus zu Noah. Wir fuhren zurück und wieder versank ich in Gedanken. Als wir da waren holte ich Wuschel aus dem Kofferraum und beschloss ein wenig spazieren zu gehen.
Ich gab Milo Bescheid und ging dann runter an den See. Wuschel tobte im Schnee und ich zog meine Handschuhe aus meiner Jackentasche. Der See war gefroren, aber ich ging dennoch nicht drauf, es war zu gefährlich. Auf einmal bellte Wuschel aufgeregt und stand schwanzwedelnd auf einer Stelle. Er vergrub seine Nase im Schnee und neugierig ging ich zu ihm. Jetzt sah ich auch, dass er etwas an stupste. Dieses etwas bewegte sich und eine kleine rosa Nase tauchte im weiß auf. „Das ist ja ein kleines Kätzchen!“, rief ich erschrocken und hob das Kätzchen hoch. Es miaute protestierend und zitterte etwas. „Wie kommst du denn hierher?“, fragte ich leise. Wuschel schnupperte auf dem Boden und grub dann etwas aus. Unter dem Schnee kam eine ausgewachsene Katze zum Vorschein, zusammen mit zwei weiteren kleinen Kätzchen. Alle tot. „Oh Gott…“, wisperte ich und Wuschel sah mich an. Das kleine Kätzchen in meinen Händen hatte als einziges überlebt. Behutsam wickelte ich meinen Schal um es und lief eilig zurück zum Haus. „Du bist ja schnell wieder da“, meinte Noah und ich nickte. Vorsichtig legte ich das Kätzchen im Schal auf meinen Schrank und schlüpfte hastig aus meinen Schuhen. Meine Jacke hängte ich auf, steckte meine Handschuhe in die Tasche und nahm dann wieder das Kätzchen auf. Es miaute und Noah zog eine Augenbraue nach oben. „Seit wann miaut dein Schal?“, fragte er mich und ich lächelte. „Seit ich ein kleines Kätzchen eingewickelt habe um es gegen die Kälte zu schützen“, antwortete ich und ging zum Kamin, in dem glücklicherweise bereits ein Feuer brannte. Ich setzte mich etwas Abstand davor hin und wickelte das Kätzchen aus dem Schal.
„Wo hast du das jetzt her?“, fragte Noah. „Wuschel hat es im Schnee gefunden. Etwas weiter weg war eine ausgewachsene Katze mit zwei weiteren Kätzchen…alle tot…ich konnte das kleine nicht dem gleichen Schicksal überlassen“, erklärte ich und streichelte das kleine Kätzchen. „Wo ist eigentlich Milo?“, fragte ich und Noah zuckte mit den Schultern. „Er bringt deinen Mietwagen weg und fährt dann mit einem Taxi zurück“, antwortete Noah und ich seufzte. „Das hätte ich doch auch machen können.“ „Hättest du, aber Milo wollte das nicht.“ Seufzend sah ich wieder auf das kleine Kätzchen. Es konnte noch nicht sehr alt sein, aber wie kamen sie dorthin? Nachdenklich streichelte ich das kleine vorsichtig. Wuschel lag neben mir und sah das kleine Kätzchen auch neugierig an. „Du hast es gerettet“, meinte ich und kraulte ihn. Irgendwann fing es ziemlich stark an zu schneien und ich machte mir Gedanken um Milo. Hoffentlich fuhr der Taxifahrer vorsichtig, ich könnte es nicht ertragen, wenn ihm etwas passierte. Deshalb war ich umso erleichterter, als Milo durch die Türe kam. Ich begrüßte ihn und er sah mich verwirrt an, als er das Kätzchen sah. „Ich konnte es nicht draußen im Schnee lassen“, rechtfertigte ich mich und er schmunzelte. „Alles gut. Ich war nur ein wenig verwundert, wo du plötzlich ein Katzenbaby herhast. Aber du hast einfach ein großes Herz“, meinte er und setzte sich neben mich. Ich lehnte mich an ihn und er legte einen Arm um mich.
Nach einer Weile regte das kleine Kätzchen sich und versuchte von meinem Schoß zu krabbeln. Vorsichtig setzte ich es ab, ließ es aber nicht aus den Augen. Wuschel beobachtete es auch genau und als es zu nah ans Feuer tapste hob er es vorsichtig mit den Maul hoch und trug es wieder zurück. Es miaute protestierend und lief wieder zum Feuer. Wieder trug Wuschel es zurück und ich musste lachen. Es sah wirklich zu putzig aus, wie Wuschel sich um das kleine kümmerte. Es war gut, dass Wuschel nicht aggressiv auf das kleine reagierte. „Hast du dir schon einen Namen überlegt?“, fragte Milo mich nach einer Weile. „Noch nicht, ich weiß ja auch gar nicht, was es für ein Geschlecht hat“, meinte ich. „Lass uns morgen zum Tierarzt fahren“, schlug er vor und ich nickte. „Haben wir eigentlich etwas da um es zu füttern?“, fragte ich und drehte mich halb zu Noah, der aus der Küche kam. „Wir haben Fisch, den ich heute machen wollte, aber ein wenig können wir auch dem Kätzchen geben“, antwortete er und ich sah ihn dankbar an. Das kleine Kätzchen miaute kläglich und lief suchend durch das Wohnzimmer. Traurig beobachtete ich es. Vermutlich fiel dem kleinen auf, dass die restliche Familie fehlte. Wuschel folgte dem Kätzchen. Ich wusste nicht ganz, ob er nicht verstand, dass es kein Hund war oder dass er es wusste, sich aber dennoch um es kümmern wollte.
Noah rief uns irgendwann zum Abendessen und Milo und ich gingen in die Küche. Wuschel trug das Kätzchen hinterher und legte sich dann an seinen Stammplatz. Das Kätzchen sah sich neugierig um, immer unter dem wachsamen Blick von Wuschel. Wir aßen zu dritt und danach räumten wir auf. Ein wenig Fisch hatte Noah vor dem Kochen in den Kühlschrank und ich entfernte nun alle Gräten, damit das kleine Kätzchen sich nicht verschlucken konnte. Bevor ich mich mit dem Fisch neben Wuschel und das Kätzchen setzte füllte ich noch Wuschels Napf. Das Kätzchen hob ich wieder auf meinen Schoß und fütterte es dann vorsichtig mit dem Fisch. Anfangs war es ein wenig misstrauisch, nahm den Fisch dann aber doch hungrig an. Als es satt war rollte es sich auf meinem Schoß zusammen und schmunzelnd legte ich es zu Wuschel.
„Ich geh kurz duschen“, teilte ich Milo und Noah mit und ging nach oben. Ich holte frische Sachen aus meiner Tasche und ging dann ins Bad. Während dem Duschen hatte ich auf einmal das Gefühl, beobachtet zu werden. Unsicher drehte ich mich zum Fenster, konnte aber niemand entdecken. Eilig duschte ich zu Ende und trocknete mich auch eilig ab bevor ich mich anzog. Erst als ich das Bad verlassen hatte, fühlte ich mich besser. Etwas verstört ging ich runter ins Wohnzimmer und kauerte mich neben Milo aufs Sofa. „Runa, du bist etwas blass. Alles ok?“, fragte er mich besorgt. „Keine Ahnung, ich hab mich irgendwie beobachtet gefühlt, aber ich kann es mir auch eingebildet haben“, erklärte ich und er legte einen Arm um mich. „Mach dich nicht verrückt, Runa. Wenn es nochmal vorkommt werden wir nachsehen und etwas tun, damit das nicht nochmal vorkommt“, versprach er mir und ich lächelte etwas. Wuschel kam ins Wohnzimmer, das Kätzchen im Mund. Es miaute protestierend, aber Wuschel ließ es nicht los. Er trug es noch oben und kurz darauf hörte ich ein Kratzen an der Türe. „Ich glaube da will jemand ins Bett“, meinte Noah amüsiert und ich stand lächelnd auf. „Ich geh dann auch ins Bett. Bis morgen.“ Ich folgte Wuschel und öffnete dann die Türe. Er legte sich zusammen mit dem Kätzchen in sein Körbchen und ich schloss die Türe wieder hinter mir, bevor ich mich ins Bett legte. Ziemlich schnell schlief ich ein, bildete mir aber kurz ein, einen Schatten vor dem Fenster zu sehen.
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You are Mine, little Bird 2
Mystery / Thriller~Fortsetzung zu You are Mine, little Bird~ Vor 1 1/2 Jahren ist Runa zusammen mit Wuschel aus dem Haus ihres Bruders und seines Freundes abgehauen. Seitdem hat sich einiges getan. Sie hat eine Therapie gemacht, die Ehe mit Liam annulliert und sich v...