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Lia

Laut knurrend meldete sich mein Magen zu Wort und weckte mich endgültig auf. Genervt öffnete ich die Augen. Die Sonne schien bereits und ich musste wegen dem hellen Licht, das durch das Fenster hereinfiel, blinzeln.
„Mmh", machte ich und drehte mich vom Fenster weg. Ich wollte schlafen, am liebsten das ganze Wochenende lang und die Woche darauf auch noch.
Wieder knurrte mein Magen und es meldete sich die Stimme meines inneren Wolfes zu Wort.

„Aufstehen! Ich habe Hunger!"
„Ruby, nein!", gab ich in Gedanken zurück und kniff die Augen noch ein wenig fester zu. Ich versuchte das Knurren meines Magens und die Stimme der Wölfin auszublenden, doch ich war schon zu wach, um noch einmal einschlafen zu können. Ich drehte mich auf den Rücken und strampelte die Decke zum Fußende, wo sie hinunterfiel.

„Stehst du jetzt auf?", hakte Ruby nach. Kurz überlegte ich, sie einfach zu ignorieren.
„Ja, leider", schnaufte ich leise und schwang die Beine über die Bettkante. Ich stieß mich von der Bettkante ab und landete elegant auf den Boden. Das untere Bett des Hochbettes war schon leer. Die Decke lag ordentlich zusammengelegt am Fußende und das Kopfkissen war kein bisschen zerknittert. Zoe war schon längst weg und bei der Arbeit oder wo auch immer. Es interessierte mich gerade nicht.
Auf nackten Sohlen machte ich mich auf zum Bad, das mit einer Verbindungstüre direkt neben dem Zimmer meiner Zwillingsschwester und mir lag. Die Türe quietschte leise, als ich sie aufstieß und schnell wieder hinter mir verschloss.
Vom Hunger angetrieben sprang ich unter die Dusche und war in weniger als einer halben Stunde fertig angezogen und geschminkt. Meine Haare hingen unbeteiligt von meinem Kopf und wieder einmal regte ich mich über sie auf. Mit einer energischen Bewegung strich ich mir eine nervige Strähne aus dem Gesicht und lief in ein Handtuch gewickelt zurück in mein Zimmer, um mich anzuziehen.

Wenig später schon stand ich in der Küche und machte mir ein Marmeladebrötchen. Der Radio lief leise im Hintergrund, da ich meine Eltern nicht wecken wollte. Mein Blick war auf das Fenster gerichtet, während ich in das Brötchen biss. Mit den Augen folgte ich den Frühaufstehern, die schon von A nach B eilten und dabei keinen Moment Zeit für ihre Umgebung hatten.
Ein Junge, der etwa in meinem Alter war, schlenderte durch die Straßen und stach geradezu heraus, weil er, im Vergleich zu all den anderen Menschen, sich kaum zu bewegen schien. Er näherte sich meinem Haus. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen und hob die Nase leicht an.

Werwolf, schoss es mir durch den Kopf. Der Junge hatte mein Interesse geweckt und ich musterte ihn nun genauer. Seine schwarzen Haare standen wild von seinem Kopf ab und er wirkte so, als wäre er aus dem Bett gescheucht worden. Selbst von hier aus konnte ich erkennen, dass er strahlende grüne Augen hatte, die von dichten Wimpern eingekreist waren.
Der Junge setzte sich wieder in Bewegung und lief zielstrebig auf mein Haus zu. Erschrocken trat ich einen Schritt zurück, damit er mich nicht sehen konnte, was natürlich Blödsinn war, wenn der Junge wirklich ein Werwolf sein sollte.
Schnell aß ich mein Marmeladenbrötchen auf und eilte zur Haustüre. In der Mitte von oben nach unten befand sich ein Milchglasfenster. Ich versuchte hindurch zu spähen, sah jedoch nichts. Also schnappte ich mir meine Sportschuhe. Auf einem Bein hüpfend zog ich mir zuerst den einen Schuh an. Doch als ich gerade beim zweiten Schuh war, wurde plötzlich die Türe aufgerissen. Sie knallte gegen meinen Kopf und ich fiel wie ein gefällter Baum zur Seite. Mit einer Hand stützte ich mich gerade noch rechtzeitig ab, bevor mein Kopf auf den Boden knallen konnte. Ein Stich fuhr durch mein Handgelenk, doch ich ignorierte den Schmerz und sah zu dem Eindringling. Es war der Junge mit den schwarzen Haaren. Er ragte hoch über mir auf und war viel größer, als ich angenommen hatte, doch bei seinen Augen hatte ich mich nicht getäuscht, sie waren tatsächlich grün.
In Gedanken verfluchte ich noch Zoe, dass sie wieder einmal vergessen hatte die Tür abzuschließen.

Dann stand ich auf und sah den Typen in meinem Haus mit einem tödlichen Blick an. Ich fuhr mir mit der linke Hand durch die Haare. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass er dasselbe tat.
Unsere Blicke kreuzten sich und bevor ich mich beschweren konnte, dass er mir die Türe gegen den Kopf geknallt hatte und außerdem auch noch in mein Haus eingedrungen war, stieg mir ein Geruch in die Nase. Es war ein angenehmer, unvergesslicher Geruch, leicht nach Zedern und noch etwas, das ich nicht einordnen konnte. 
Auf Einmal roch ich noch etwas.
Mate! Mein Mate!
Mate, echote mir Ruby begeistert nach. Mein Mund klappte auf und ich starrte den Jungen einfach an. Er starrte mich ebenfalls an. 

Voten bitte nicht vergessen!

The Shadows Mate // AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt